Sanity - Nocturnal Poems

Review

Mit der CD von den Berlinern Sanity liegt mir mal wieder ein wahrer Longplayer vor. Bei einer Spielzeit von über 70 Minuten begibt man sich leicht in die Gefahr, ein Werk abzuliefern, welches sich durch Uniformität und/oder schwankendes Qualitätslevel in die Langeweile katapultiert. Ich will nicht sagen, daß es bei „Nocturnal Poems“ so ist, aber man bewegt sich hier haarscharf an der Grenze. Gerade bei dem Stil – melodischer Black Metal übrigens – ist es nicht einfach, die Aufmerksamkeit des Hörers über eine solch lange Spielzeit zu behalten. Sanity versuchen durch bodenständigen Black Metal mit deutschsprachigen Vocals den Hörer zu erreichen, wobei es durch den etwas übertriebenen Einsatz von Keyboardparts ganz klar nicht in Richtung Dunkelgrafen oder Bluttaufe geht. Überhaupt ist das Album nicht in eine Schublade einzuordnen. Trotzdem sollte man sich hier nicht über die eventuelle Eigenständigkeit freuen, da viele Songs durch die Keyboard- und Schlagzeugparts irgendwie kein Aha-Erlebnis aufkommen lassen, sondern an etliche andere Songs erinnern. An manchen Stellen in den Songs fließen seltsam anmutende Stilmittel ein (z.B. der Männerchor in einer unmöglichen Stimmlage bei „Der Knabe im Moor“), die zumindest für mein Ohr unpassend klingen. Der Gesang hingegen weiß fast in jedem Lied zu gefallen. Die deutschen Vocals werden durch die Artikulierung und die Stimmlage hervorragend rübergebracht, wobei der manchmal leicht hysterische Ansatz nicht immer passend ist und wohl auch nicht jedem gefallen dürfte. Um bei den Vocals zu bleiben – während des Hörens gewinne ich immer mehr den Eindruck, daß hier eine Geschichte erzählt wird. Hier und da scheint es durch die beinahe erzählenden Vocals so, als würde sich das Material für eine Aufführung eignen. Doch durch das schwankende Qualitätslevel kommt „Nocturnal Poems“ nicht an das – meiner Meinung nach – in diesem Zusammenhang Vorzeigealbum „Sightveiler“ von Necromicon heran. Die CD hat ohne Zweifel ihre Höhepunkte, bedarf aber an vielen Stellen der Verbesserung. Ich bin sicher, daß Nocturnal Poems die Schwachstellen längst lokalisiert hat und das näxte Album nicht nur songweise einen guten Eindruck hinterlässt, sondern auch vom Gesamteindruck her zu überzeugen weiß. Zum Gesamtbild wäre noch das angenehme Cover zu erwähnen, das, wenn es auch ein wenig nach der Dawn „Slaugthersun“ aussieht, von Geschmack zeugt.

28.12.1999
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