Saturnian - Dimensions

Review

Ich liebe ambitionierte Bands. SATURNIAN sind aber noch mehr als das. Sie wollen alles, aber buchstäblich alles. Mehr Epik, mehr Dramatik, mehr Orchester, mehr Chöre, mehr Bangkompatibilität, mehr fetter Sound, mehr Dark Metal, mehr Black Metal. Und selbst dann haben sie den Hals noch nicht voll, dann geht immer noch ein noch geileres Solo, noch variablerer Gesang, ein noch ausgefeilteres Arrangement.

Und was ja das Geilste ist: SATURNIAN können das auch alles. Auf einem schwindelerregend hohen Niveau, wenn man bedenkt, dass „Dimensions“ das erste Album der erst 2010 gegründeten Kapelle von der Insel ist. Das erste. Was bitte soll denn noch kommen, wenn man mit den ersten 60 Minuten, mit denen man an die Öffentlichkeit geht, die gesamte (g-e-s-a-m-t-e!) Symphonic-Black Metal-Szene aus den Angeln hebt?

Aber fangen wir vielleicht emotional etwas heruntergefahren mal ganz vorne an. „Dimensions“ fußt mit seinen zehn Tracks stilistisch im Melodic oder Symphonic Black Metal. Das ist grundsätzlich ein von DIMMU BORGIR geprägtes und (bis jetzt zumindest) auch qualitativ dominiertes Genre, aber auch eines, das spätestens 2012 auch an seine Grenzen gelangt ist. Natürlich hört man auch hier heraus, woher der Wind ursprünglich weht. Doch SATURNIAN schaffen es mit einer gnadenlosen, unbändigen Energie und vor allem mit wirklich fantastischen Songs, diese Grenzen noch ein ganzes Stück zu erweitern. Da wirbeln klassisch skandinavisch-windige Riffs und brutale Stakkato-Gitarren, stumpfe Blastbeats und technisch höchst anspruchsvolle Drumpatterns, Gekreische in jeder denkbaren Form, saufette Chöre und wunderbar kontrastierender weiblicher Klargesang wild durcheinander. Da geben sich exzellent in Szene gesetzte Orchesterparts (mit das Professionellste, was ich in dieser Hinsicht überhaupt je gehört habe) und geradezu unheimlich catchy angelegte Metalparts die Klinke in die Hand, und das, ohne dass man davon besonders viel mitbekommen würde. Die Arrangements sind so meisterhaft durchdacht und so flüssig, dass man nur erahnen kann, wieviel Detailarbeit in „Dimensions“ stecken wird. Und da habe ich die tollen Cleangesangsparts, die so songdienlichen wie technisch anspruchsvollen Soli, das sich wie ein roter Faden durch das Album ziehende „Amor Fati“-Motiv und die vielen anderen in diesem unglaublichen Bombastwust verborgenen Kleinigkeiten noch gar nicht erwähnt. Oder die Produktion von Russ Russell, deren Mix alleine schon ein Meisterwerk ist. Und dieses Niveau halten SATURNIAN, das muss man sich klarmachen, über die gesamte Spielzeit.

Zugegeben, die ersten Hördurchgänge hindurch überfordert „Dimensions“ maximal und wirkt vollkommen überfrachtet. Dieser Eindruck relativiert sich, wenn man der schieren Übermacht an Eindrücken Stück für Stück gewahr wird. Dann lohnt sich „Dimensions“ so viel mehr als alles, was in diesem Genre in den letzten zehn, zwölf Jahren erschienen ist. Keiner wird dann noch freiwillig DIMMU, CRADLE, RHAPSODY oder KEEP OF KALESSIN hören. Wenn SATURNIAN jetzt nicht alles falsch machen, vielleicht noch ein Stück eigenständiger werden und sich vor allem einen geschmackvollen Coverdesigner zulegen, müssen sie einfach die Zukunft dieses Genres sein.

29.09.2012
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