Satyricon - Satyricon & Munch

Review

Das Album „Satyricon & Munch“ ist der musikalische Rahmen einer Sonderausstellung des im letzten Jahr neueröffneten Munch-Museums in der norwegischen Hauptstadt Oslo zu genau diesem Thema: Eine ungewöhnliche Begegnung zwischen der Musik der norwegischen Black-Metal-Institution SATYRICON und ausgewählten Bildern des norwegischen Malers Edvard Munch.

„Satyricon & Munch“ und ein offener Ansatz

Das klingt erst einmal wie das Aufeinandertreffen von schroffen Kontrasten: Black Metal auf der einen Seite, expressionistische Bilder des Malers, der den meisten durch sein Bild „Der Schrei“ geläufig sein dürfte, auf der anderen Seite. Ganz so ist es allerdings nicht, denn der musikalische Ansatz von SATYRICON ist deutlich offener als gewohnt. Bandleader Satyr führt aus, wie er vorgegangen ist und sich von Munch hat inspirieren lassen:

„Ich male nicht, was ich sehe, sondern was ich gesehen habe“, erklärte Munch seinen eigenen künstlerischen Ansatz. Während der Arbeit an dieser Musik bin ich diese Reihe von Munchs Werken auf die gleiche Weise angegangen. „Das Gefühl, das sie in mir hinterlassen haben“, wie er es ausdrückte, ist das, was ich zu erwecken versucht habe, und darum geht es mir in der Satyricon & Munch-Ausstellung.

Für „Satyricon & Munch“ bedeutet das im Endeffekt: Black Metal ist das nicht notwendigerweise. Sicherlich klingt der eine lange Track immer wieder nach SATYRICON, und auch verzerrte Gitarren und schleppende Rhythmen kommen darin vor. Allerdings würde man das Album eher unter Post-Rock subsumieren, teilweise unter Ambient: Es geht nicht primär um Black Metal.

Nicht primär Black Metal

Oberstes Ziel ist der gewünschte Ausdruck, der auch durch dräuende Synthesizer erzeugt wird, durch Klänge, die mal einer Oboe, mal einem Didgeridoo ähneln. Immer wieder gehen einzelne Melodien oder Motive ineinander über oder lösen sich ab, ohne dass traditionelle Songstrukturen auftauchen. Übrigens auch kein Gesang. Dadurch gleicht das Album einem Soundtrack – und ist ja streng genommen auch einer.

Stimmungsvoll ist „Satyricon & Munch“ aber allemal: Der Track wirkt immer wieder wie die Untermalung eines frühen Stummfilms, in dem die Darsteller ja besonders übertrieben schauspielern mussten, die Gesichter weiß geschminkt, um den Kontrast und damit auch den Ausdruck zu erhöhen, die Musik aber ebenso deutlich die Handlung aufgreifen musste. Und der Track erzeugt Bilder im Kopf, dunkel dräuend, Bilder eines Geistes in Aufruhr und in Verwirrung. Also ganz so wie die Bilder von Edvard Munch.

Man könnte „Satyricon & Munch“ auch mit einem Fiebertraum vergleichen, bei dem Realität und Einbildung miteinander verschwimmen, ja gar nicht mehr voneinander zu lösen sind. Da sind wir wieder bei der oben beschriebenen Wirkung auf den Betrachter. In diesem Punkt ist das Album äußerst wirkungsvoll. Gleichzeitig dürfte es spannend sein, SATYRICONs Musik und Munchs Bilder in der Ausstellung zu erleben – etwas, das bei dieser Rezension und beim Erlebnis zu Hause leider ausbleiben (oder sich auf die Google-Bildersuche beschränken) muss.

Trotzdem stimmungsvoll

Bleibt als Fazit, dass „Satyricon & Munch“ sehr lohnend sein kann, wenn man kein reguläres SATYRICON-Album erwartet. Es ist ein Album, das die schwarzmetallische Essenz nur als Ausgangspunkt nimmt und sich die Aufmerksamkeit mit dem Werk Munchs teilt.

14.08.2022

- Dreaming in Red -

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