Satyricon - The Age Of Nero

Review

Ein Adler breitet seine mächtigen Schwingen aus, derweil am Horizont dunkle Wolken aufziehen und ein schwarzes Zeitalter einläuten. The age of blackness has come, „The Age Of Nero“. Was SATYRICON auf dem Cover ihres neuen Albums evozieren und im Albumtitel aufgreifen, deutete sich bereits auf der im Frühsommer veröffentlichten EP „My Skin Is Cold“ an, auf dessen Coverabbildung sich schwarze Krähen am Himmel sammelten, um als Unheilbringer vom nahenden Untergang zu künden.

So stimmig und dramatisch die Bildsprache auch ist: Böse Zungen meinen, dass sich die Herren Satyr und Frost schon seit einiger Zeit mit ihrer Musik weit weniger dramatisch zeigen; dass die Musik kaum noch weh tut, ohne Ecken und Kanten auskommt und verdächtig stark im Viervierteltakt verortet ist. Darf aber Musik generell und die von SATYRICON im Speziellen auf solche vordergründigen Merkmale heruntergerechnet werden? Denn: „Now, Diabolical“ war eine Entledigung aller störender Details, bis, wie Thomas in der Review zum Vorgängeralbum pointiert formuliert, „schließlich nur ein einziger nackter, pechschwarzer Kern übrig geblieben ist“. Ein Kern „von perfekter Reinheit, nicht weiter reduzierbar, aber voll gefährlicher Energie“. Kann das Nachfolgewerk unter diesen Voraussetzungen einerseits einen eigenen Charakter entwickeln und andererseits noch einmal solch eine Wirkung entfalten?

Nun, „The Age Of Nero“ ist die konsequente Fortführung von „Now, Diabolical“, keineswegs aber eine Entfernung von seinem musikalischen Ansatz. Beginnen wir beim Opener „Commando“, das vom Klang mehrerer Peitschenhieben eingeleitet, dann durch einen stampfenden Rhythmus über Frosts hyperschnellem Geblaste fortgetragen wird. Die Akkordfolge ist zunächst träge, wird schließlich aber abgelöst durch offene Akkorde, die Erinnerungen an die letzten Werke von SATYRICON weckt – ein gelungener Einstieg. Das folgende, im gemächlichen Tempo treibende „The Wolfpack“ wird im Grunde von zwei Gitarrenriffs zusammengehalten und ist dadurch äußerst eingängig. „Black Crow On A Tombstone“ hingegen prescht flott davon und ist nicht nur vielseitiger, sondern insgesamt der beste Song auf „The Age Of Nero“. Das anschließende „Die By My Hand“ startet im Überschallbereich, während zwischendurch das Tempo gedrosselt wird und die Gitarren durch dezente Männerchöre ergänzt werden. Dabei haben die Chöre aber keine tragende Rolle und greifen im Wesentlichen die Harmonien des Gitarrenriffs auf.

Danach läutet mit „My Skin Is Cold“ ein Track die zweite Hälfte des Albums ein, der bereits in anderer Version auf der gleichnamigen EP erschienen war. Etwas vorhersehbar vielleicht und einem Song wie „The Pentagram Burns“ nicht ganz unähnlich, aber dafür mit feinen Harmonien und Akkordfolgen. „The Sign Of The Trident“ evoziert durch ein offenes Riff noch einmal so etwas wie Magie, bevor im Chorus merkwürdige Brummgeräusche einsetzen. Auf solche Soundspielereien wird in „Last Man Standing“ zum Glück verzichtet und statt dessen auch mal eine flottere Passage eingestreut. Doch der Elan ist beim finalen Track „Den Siste“ dahin: Zwar werden die schweren Gitarrenläufe durch Blechbläser ergänzt, doch bleibt die ganz große Wirkung aus.

Eine weitere Reduzierung des Soundgerüsts, des Kerns, eine weitere Freilegung der Essenz haben Satyr und Frost diesmal nicht vorgenommen. Das kann auch kein Vorwurf sein, denn „The Age Of Nero“ klingt zu einhundert Prozent nach SATYRICON und die Scheibe hat einen eigenen Charakter. Allerdings versprüht das Album auch keine pechschwarze Bösartigkeit, denn dafür ist der Sound viel zu organisch und nett. Der größte Vorwurf, den man „The Age Of Nero“ indes machen kann, ist der, dass bei allem starken Zusammenhalt der einzelnen Songs untereinander, die Spannung in der zweiten Albumhälfte etwas nachlässt. Die Magie, die phasenweise aufkommt, verebbt wieder und die bedrohliche Nähe, die bisweilen spürbar ist, verflüchtigt sich zum Ende. Bei aller Reduzierung auf das Wesentliche – was auf einem Album wie „Now, Diabolical“ perfekt funktioniert hat, zündet auf „The Age Of Nero“ nicht mehr über die gesamte Länge.

06.11.2008

- Dreaming in Red -

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