Shining (NO) - Blackjazz

Review

Nein, das ist nicht „VII – Blackjazz“ der suizidalen Schweden um Niklas Kvarforth, sondern das neue und – wenn ich richtig gezählt habe – fünfte Werk der norwegischen Jazz-Formation gleichen Namens. Sänger, Gitarrist und Saxophonist Jørgen Munkeby ist kein Unbekannter, veredelte er doch IHSAHNs drittes Album „After“ mit seinem Saxophon.

„Blackjazz“ ist einerseits ein Album, das am besten durch ein „Hier! Hör’s dir an!“ beschrieben wird, andererseits hätten Munkeby und seine drei Mitstreiter kaum einen passenderen Albumtitel wählen können: Ausgangspunkt der neun Stücke sind zwar Jazz-Elemente, von hier aus machen sich SHINING aber auf den Weg in pechschwarze Gefilde, die nicht mehr mit einfachen Begriffen wie „Metal“ oder „Jazz“ beschrieben werden können. Und sie reißen den Hörer mit sich – ich habe schon länger kein derart erschöpfendes und fieses Album erlebt.

Wie kann man nun eine ungefähre Vorstellung davon vermitteln, was es auf „Blackjazz“ zu hören gibt? Sollten sich irgendwann mal FREDRIK THORDENDAL, MINISTRY und ATARI TEENAGE RIOT zu einer Jam-Session treffen – so könnte das Resultat klingen: Vertrackte Rhythmen, Blastbeats, richtig bratzige fette Gitarren und Bässe, herrlich nostalgische (Moog) Synthesizer, verzerrte Vocals. Es fiept, es kreischt, es dröhnt, es ist eine wahre Freude! Oder eben gerade nicht – so etwas wie „Freude“ findet man in SHININGs Musik nämlich vergebens.

Und auch das reine Anhören dieses übel riechenden Brockens dunkelster Emotionen macht nur bedingt Freude – das ist nämlich verdammt anstrengend und erfordert höchste Konzentration, sonst verpasst man nämlich die vielen interessanten Details, die „Blackjazz“ versteckt hält. So habe ich mich bei einem ersten oberflächlichen Hördurchgang des Openers „The Madness And The Damage Done“ gefragt, ob SHINING diesen entsetzlich schrillen Abschnitt absichtlich loopen – bei näherem Hinhören entdeckte ich dann den modulierenden Bass, der diesem Teil des Songs eine feine Dynamik verleiht.

Das gilt für das gesamte Album: Der zweite Song „Fisheye“, der gleichzeitig Single-Auskopplung ist, kommt halbwegs zahm daher, entbehrt aber auch nicht dem Wahnsinn, den die vier Musiker in das Album gelegt haben. Den Höhepunkt stellt hier wohl der Song „Blackjazz Deathtrance“ dar, der in fast elf Minuten eine musikalische Achterbahn zwischen Black Metal, Industrial, technoidem Trance und – natürlich – Jazz bietet. Erst mit „Omen“ wird dem Hörer eine kurze Verschnaufpause gegönnt.

„Blackjazz“ ist, abschließend betrachtet, ein Album, das sauanstrengend ist, den geduldigen Hörer aber mit einer neuen und reichlichen Erfahrung „schwarz“ belohnt. In den Genuss dieser Belohnung werden indes nur wenige kommen – zu sperrig und widerspenstig ist dieses Monster namens „Blackjazz“.

29.01.2010
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