Sólstafir - Köld

Review

Fans von SÓLSTAFIR sind es ja schon gewohnt, auf neue Alben der Isländer zu warten: So erschien das Debüt „Í Blóði Og Anda“ erst mit dreijähriger Verspätung, und fast sah es gar nicht mehr danach aus, dass das Nachfolgealbum „Masterpiece Of Bitterness“ überhaupt das Licht der Welt erblickt. Umso erstaunlicher war, dass der Vierer schon Ende 2007, und damit nur zwei Jahre nach Veröffentlichung ihres Meisterwerks der Bitterkeit das Studio enterten, um ein neues Album einzuspielen. Doch auch diesmal mussten die Fans wieder geduldig warten, denn SÓLSTAFIR ließen sich in der Folge ziemlich viel Zeit, um „Köld“ – so der Name des neuen Werks – fertigzustellen. Der Mix verschob sich in den Spätsommer 2008 und letztlich dauerte es noch einmal mehrere Monate, bis „Köld“ nun endlich in den Läden steht.

Doch alle Ungeduld dürfte sich nun in Freude wandeln, denn die Isländer legen ein weiteres Meisterwerk vor. Wie das Album zuvor, ist „Köld“ ein siebzigminütiges Epos mit überlangen Songs, aber ohne überbordende Songstrukturen. Und „Köld“ ist das erste Album seit einer langen Zeit, bei dem ich denke, dass ich dafür jegliches analytische Denken abschalten muss. Die einzige Forderung, welche die Musik an den Hörer zu stellen scheint, ist, sie laut zu hören. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass „Köld“ enorm groß ist und Horizonte öffnet, sofern man sich den Klängen hingibt, in die Musik eintaucht und sich forttragen lässt. Das Album ist wie eine Abfolge von Klanglandschaften, weite und karge Landschaften, die aber in ihrer Natürlichkeit nicht nur Kälte ausstrahlen, sondern bisweilen heimelig wirken. Klanglandschaften jedoch, die jeder für sich selbst definieren und mit Bildern verknüpfen muss.

Während der Opener, das instrumentale „78 Days In The Desert“ sowie „Pale Rider“ noch die Freiheit und Weite eines Gebirges wiederspiegeln, verdichten sich beim schwermütigen Titeltrack oder dem depressiven „Necrologue“ die Wolken, und es scheint kaum Hoffnung zu bestehen. „World Void Of Souls“ entführt den Hörer schließlich in eine karge, unwirtliche Leere: Nur selten fällt etwas Licht in dieses verdichtete Nichts. Dem gegenüber stehen zupackende Stücke wie „She Destroys Again“ und das fast schon positive „Love Is The Devil (And I’m In Love)“. Ein letzter Höhepunkt ist das finale „Goddess Of The Ages“, das mit verschiedenen Instrumenten aufwartet und unterschiedliche Stimmungen reflektiert.

Manchmal erinnert mich das an die experimentellen Passagen bei …IN THE WOODS, manchmal an den Spirit der alten U2. Doch das sind vage Anhaltspunkte, die dem Charakter der Musik nicht gerecht werden können: Denn jeder wird diese Klanglandschaften mit anderen Bildern verbinden. „Köld“ ist ein Stück Musik, das über die Sinne aufgenommen wird, dann aber sofort das Unterbewusstsein anspricht und dort Energien freisetzt, die man nicht mehr kontrollieren kann: „It’s like a natural high“, nennt das Sänger und Gitarrist Aðalbjörn. Recht hat er.

20.02.2009

- Dreaming in Red -

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