Spiegelkeller - Zauber

Review

Manche Alben brauchen viele Hördurchgänge, bis man sich darüber ein fundiertes Urteil erlauben kann – ein Alptraum für jeden von chronischer Zeitnot geplagten Rezensenten. Insofern kann man SPIEGELKELLER ehrlich dankbar sein: Hier ist bereits nach fünf Minuten zweifelsfrei klar, dass es sich bei deren Debütalbum „Zauber“ um einen großen Haufen in silberne Scheibenform gepressten Mist handelt. Und doch quält man sich durch die folgende halbe Stunde, will der Band eine zweite Chance geben, sie nicht ungestraft mit Tiefstnoten aburteilen. Doch Ehre wem Ehre gebürt, bei diesem Album gibt es wirklich nichts, was man noch in irgendeiner Form schön reden könnte.

Die Melodien klingen so dermaßen uninspiriert und werden dazu noch höchstgradig stümperhaft auf die Instrumente geschludert, dass einem ganz schlecht werden kann. Irgendwie bekommt man den Eindruck, dass hier versucht wird, die Refrains bekannter Stücke von IN EXTREMO oder SCHANDMAUL nachzuspielen, wobei es beim Versuch bleibt und die instrumentale Darbietung zur reinen Karikatur verkommt. Dabei fehlt es SPIEGELKELLER für eine anständige Verortung in der Mittelalter-Schublade an präsenteren Dudelsack-, Schalmeien- oder Drehleier-Klängen, lediglich Geige und Flöte erweitern das konventionelle Rock-Instrumentarium. „Gottseidank!“ will man sagen, wenn man sich vor Augen führt, wieviel akustischen Schaden man mit so einem Dudelsack erst anrichten könnte…

Mit ausgiebigem Keyboard-Einsatz und dem rifflastigen Grundsound findet sich die Band eher im Gothic-Metal wieder. Doch egal in welches Genre man sie auch stecken möchte, eine Bereicherung stellen SPIEGELTANZ in keinem Falle dar. Bereits der Opener „Bärentanz“ erweckt nicht den Eindruck, dass die Band überhaupt in der Lage wäre, ihre Instrumente richtig zu stimmen. Später kann man noch an vielen Stellen rhythmische Schwächen bemerken. Das größte Schaudern erzeugt aber die Stimme von Sängerin Karina K., deren starken osteuropäischen Akzent man ihr gerne verzeihen würde, wenn nicht die völlig überzogenen pseudo-theatralischen Betonungen hinzukommen würden.

Man ist regelrecht froh über jede Stelle, wo man ohne größere Anstrengung gar nicht verstehen kann, was die Dame da überhaupt von sich gibt. Und das liegt insbesondere auch an den Texten, denn diese strotzen nur vor Banalitäten und Albernheiten, wie sie selbst im Mittelalter-Sektor ihresgleichen suchen. Zwischen Saufgesang, Kinderlied und grotesken „Reim dich oder ich fress dich!“-Momenten finden sich dabei Tiefschläge wie der hier beispielhaft zitierte Refrain von „Kleine Hexe“: „Ich bin die kleine Hexe, ich lebe tief im Wald / ich esse kleine Kinder zum Frühstück und Abend / ich bin die kleine Hexe, ich lebe tief im Wald / ich breche alle Gesetze, sie lassen mich ganz kalt“ Man mag mich für altmodisch halten, aber irgendwie fühle ich mich angesichts solcher lyrischer Ergüsse stets zum massiven Fremdschämen genötigt.

Von „Spiel Mit Mir“ hat die Band zusätzlich eine Electro-Version gemacht und als eine Art Bonus-Track ans Ende der Scheibe gepackt. Dadurch wird das Stück zwar nicht weniger nervtötend als im Original, dafür schafft es der programmierte Electro-Beat im Gegensatz zu den menschlichen Musikanten wenigstens über die gesamte Spielzeit hinweg einen einheitlichen Takt zu halten. „Das ist ein böser Traum“ tönt es nach rund der Hälfte der Spielzeit aus den Boxen. Wenn es doch nur so wäre! Wenig später wirft mir die Band ein „Ich hasse dich für immer!“ an den Kopf, wofür ich angesichts dieses Reviews auch vollstes Verständnis habe. Allerdings beruht der Hass auf Gegenseitigkeit, wenn ich wehmütig an jede einzelne Sekunde Lebenszeit zurückdenke, die ich auf dieses Machwerk verschwendet habe. Dabei war mir bereits nach den ersten fünf Minuten völlig klar, was ich hier vor mir habe und dementsprechend kurz hätte auch dieses Review ausfallen können: Dieses Album ist Mist.

04.06.2011
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