The Agonist - Orphans

Review

THE AGONIST waren noch nie eine leichte Band. Ihr Sound immer massiv, die Songs vielfältig und komplex. Davon rückt auch das neue Album „Orphans“ kein Stück ab. Stattdessen scheinen sie sogar noch mehr Gefallen daran gefunden zu haben, den Hörer zu (über-)fordern.

THE AGONIST stecken voller Ideeen

Das inzwischen sechste Studioalbum zeigt zumindest, dass die Kanadier noch immer voller Ideen stecken. Doch wie schon früher führen dabei nicht alle Wege zum gewünschten Ziel. Die kritischen Punkte bei THE AGONIST sind eben manchmal dieses „Zuviel“, auch wenn so definitiv Abwechslung geboten ist. Denn einzig auf die gern angeführte „Metalcore/Melodic Death“-Schublade lässt sich die Truppe längst nicht reduzieren. Klar, ein leicht progressiver Touch mag ihnen anhaften, doch „Orphans“ bietet alles, was quasi als „Modern Metal“ durchgeht – und mehr.

Da mag der Opener „As One We Survice“ in seiner Kombination aus Attacke und gefühlvollem bis eingängigem Refrain noch trügerisch erscheinen. Doch der Song peitscht zwischendurch ziemlich ordentlich und besitzt klare Metalcore-Referenzen. Diese werden aber spätestens in „Blood As My Guide“ überholt. Der Song bietet quasi im Sekundentakt stilistische Wechsel, die irgendwo zwischen einem modernen Sound, Heavy-Metal-Referenzen und gar symphonischem Dark Metal à la CRADLE OF FILTH liegen. Da kommen bei THE AGONIST spannende Seiten zum Vorschein, und insbesondere Frontfrau Vicky Psarakis darf ihre ganze stimmliche Vielfalt ausleben – übrigens auf dem gesamten Album. Klargesang, Growls, Schreie – die Frau hat alles drauf.

„Orphans“ ist sogar „zu“ vielseitig

Die Vielseitigkeit hält einen im positiven Sinne stets auf Trab, wirkt aufgrund der Fülle an Ideen mitunter aber überfordernd. Grenzen wollen THE AGONIST nämlich partout nicht ziehen, und so wildern sie auch noch munter in Rock-Gefilden („Dust To Dust“) und verzetteln sich gekonnt. Für sich genommen alles vermutlich keine schlechten Nummern, im Gesamtkontext will der Funke aber eben nur an bestimmten Stellen überspringen. Das Sprichwort „Schuster bleib bei deinen Leisten“ könnte zutreffen, wenn man den Kanadiern dabei nicht sogar ein zu großes Limit auferlegen würde. Doch etwas mehr Konzentration auf das Wesentliche hätte „Orphans“ ganz gut gestanden – denn die ausgewogene Mitte fehlt, und nicht immer harmonieren extremere Metal-Momente gut mit staubigem Rock oder hoch gesungenen Refrains.

29.09.2019

Chefredakteur

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