The Amity Affliction - Chasing Ghosts

Review

Nun, Platz eins in den australischen Albumcharts, einen Haufen von Fans, die im Internet lautstark ihre „Liebe“ zur Band kundtun und jetzt der Versuch, auch im Rest der Welt Aufmerksamkeit zu erregen. Alles Punkte, die mich eher abschrecken, als mich beeindrucken. So richtig schlau werde ich auch auf Anhieb nicht aus THE AMITY AFFLICTION.

Denn betrachtet man „Chasing Ghosts“ ein erstes Mal, noch vorsichtig und oberflächlich, wirkt es wie ein Album, das sich allen aktuellen (okay, den ganzen Elektro-Quatsch ausgeklammert) Trends anbiedert. Irgendwie konzipiert, mit seiner Mischung aus Härte und Melodie, aus Shouts und Clean Vocals. Breakdowns, klebrig süße Melodien, eine Prise Alternative Rock und ein bisschen Testosteron zu den weinerlichen Clean-Vocals, die vermutlich auf Mädels der Zielgruppe 14 abzielen.

CUT!

Das ist nur der oberflächliche Eindruck, der negative, der eines Pessimisten, der von diesen unzähligen gesichtslosen Bands ohne Charakter, dafür aber mit einem konzipierten Marketingplan die Schnauze voll hat. Denn spätestens beim zweite Mal überzeugen THE AMITY AFFLICTION mit ganz anderen Charakteristiken. Da ist Leidenschaft spürbar, ehrliche Aggression, eine mitreißende Energie und durchaus eine eigene Mischung altbekannter Zutaten. Post-Hardcore, Alternative Metal und Metalcore sind die Eckpfeiler für eine Reihe von Songs mit eindeutigem Hitpotenzial. Schon der Opener, der gleichzeitig Titelstück ist, zeigt die Stärken, aber leider auch die Schwächen der Band auf. Während THE AMITY AFFLICTION gerade in den härteren Parts eine unbändige Wucht entfalten, wollen die klar gesungenen (leider durchgehend auftretenden Passagen) meist nicht zünden, zu oft gehört und zu beliebig, als das sie mich bewegen könnten (siehe Zielgruppe aus dem obenstehenden Abschnitt). Aber, darüber kann man tatsächlich hinweg sehen. Denn der Rest ist nahe daran, ein wirklicher Kracher in Sachen Metalcore/Post-Hardcore zu werden. „Life Underground“ „Greens Avenue“, „Flowerbomb“ und der abschließende Brecher „Bondi St. Blues“ machen unfassbar viel Spaß. Dank der vielen verschiedenen Einflüsse, einnehmenden Melodien, kraftvollen Breakdowns und unterwarteten Breaks geht das mächtig steil. Ein richtiger Übersong hat es dann auch noch auf „Chasing Ghosts“ geschafft: „Open Letter“ ist mit seiner deutlich härteren Ausrichtung, der trotzdem vorhanden Pop-Appeal und einem richtig gut gesungenen Ohrwurm-Refrain das Aushängeschild des Albums ist – ganz, ganz stark!

So bleibt der pessimistische Abschnitt keineswegs ungehört, denn in Sachen Clean Vocals haben THE AMITY AFFLICTION noch mächtig Luft nach oben und das, obwohl sie ja scheinbar wissen wie es geht. Sieht man allerdings von diesem, leider, Schwachpunkt ab, gibt es hier kaum was zu meckern. Die Referenzen-Liste ist zwar lang, aber unendlich namhaft, denn sowohl ALEXIS ON FIRE, POISON THE WELL, ATREYU oder auch THE GHOST INSIDE kann man irgendwo im Klangbild ausmachen, aber das ist eh egal. THE AMITY AFFLICTION treffen genau den Geschmack der Zeit, haben das Potenzial, ganz groß zu werden und sind dabei, das ist am bemerkenswertesten, noch spontan, vielseitig und tatsächlich gut!

15.10.2012

Chefredakteur

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