The Amity Affliction - Misery

Review

Ziemlich genau zehn Jahre liegt das Debüt „Severed Ties“ von THE AMITY AFFLICTION nun schon zurück. Seitdem hat sich einiges geändert: Die Australier haben sich einen Namen gemacht, mehrere Nummer-eins-Alben in ihrer Heimat veröffentlicht und auch in den USA und Europa ihren eindrucksvollen Siegeszug fortgesetzt. Allerdings profitierten Joel Birch und seine Kollegen natürlich auch davon, dass Post-Hardcore, Metalcore & Co. um 2010 herum ihre zweite Hochphase erlebten. Neben etablierten Szenegrößen wie PARKWAY DRIVE oder ARCHITECTS spülte die Core-Welle auch einen Haufen mittelmäßiger Bands ohne eigenen Sound in die Musikwelt. Mit „Misery“ wollen THE AMITY AFFLICTION endgültig beweisen, dass sie keine dieser Modeerscheinungen, sondern ernstzunehmende Künstler sind.

THE AMITY AFFLICTION – Zu glatt, zu erwartbar, zu simpel

Wow! Wer gedacht hatte, THE AMITY AFFLICTION könnten nach „This Could Be Heartbreak“ nicht noch eine Schippe schmalzigen Herzschmerz draufpacken, hat sich geirrt. „Misery“ ist eine überproduzierte Jammerorgie, die mit ihrem weichgespülten Sound und den pseudo-tiefsinnigen Texten bestenfalls eingefleischte Fans überzeugen kann. Doch alles der Reihe nach.

Der Opener „Ivy (Doomsday)“ ist grundsätzlich nämlich gar kein schlechter Song, weist jedoch bereits erste Symptome auf, die dem Album später zum Verhängnis werden. Denn neben ihrem Hang zur Dramatik setzen THE AMITY AFFLICTION auf „Misery“ vor allem auf elektronische Elemente und ganz viel Pop – eine Mischung, die gut gehen kann, wenn man diese Einflüsse subtil und gut dosiert einfließen lässt.

Die etwas überambitionierten Australier halten davon wohl herzlich wenig. Auf „Feels Like I’m Dying“ vermischen sie sonderbare Elektro-Synth-Sounds und nervige Vocals, die von einem absolut unnatürlichen Effekt überlagert werden. Das Endergebnis klingt dementsprechend: Joel Birchs Stimme besitzt den ganzen Song über einen lästig-künstlichen Klang, während die poppige Keyboardmelodie munter vor sich hindudelt – der perfekte Soundtrack also, um pubertierende Fans einzulullen und gleichzeitig gestandene Metalheads in den Wahnsinn zu treiben.

Auch sonst gibt es auf „Misery“ recht wenig Argumente dafür, sich die Platte zuzulegen. So liefern die Jungs mit „D.I.E“ eine durchschnittliche Post-Hardcore-Nummer, die sich irgendwo zwischen triefendem Clean-Gesang und dem genretypischen Geschrei abspielt. Dass Frontmann Joel Birch stellenweise tatsächlich einzelne Buchstaben vor sich hersingt, ist zu belustigend, als dass man das ernsthaft kritisieren könnte.

„Misery“ – Der Titel ist Programm

Insgesamt lassen sich alle zwölf Songs auf „Misery“ einzeln auseinandernehmen, doch bereits ein paar Hörproben reichen eigentlich, um festzustellen, dass die Platte nicht wirklich gelungen ist. Auch der letzte Platz im metal.de-Soundcheck spricht eine deutliche Sprache: Der Albumtitel ist Programm. THE AMITY AFFLICTION haben mit ihrem neusten Album ein mittelmäßiges Machwerk zusammengeschustert, das nach außen hin innovativ wirken soll, in Wirklichkeit jedoch alle Post-Hardcore-Klischees auf einmal bedient. Mit 5/10 sind die Australier noch gut dabei.

23.11.2018
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