The Dance Inc. - Legs And Arms

Review

Es gab eine Zeit, da trugen bestimmte Menschen der gehobenen bürgerlichen Schicht (sowas gabs mal, wirklich!) weiße Bundfaltenhosen, Slipper mit Kordel, V-Pullover (am besten Kaschmir, rosa oder hellblau), Lacoste war „In“, ebenso das Rauchen von Dunhill oder John Player. VHS-Recorder und Tapes boomten noch, Sascha Hehn wurde als idaler Mann, Farah Fawcett-Majors als ideale Frau angesehen, MICHAEL JACKSON war der gemeinsame musikalische Nenner, Frisuren mussten unbedingt in die Breite gehen, Locken waren unvermeidlich. Wann das war? Nach den Dinosauriern, genauer gesagt zur gleichen Zeit wie die NWOBHM, die bzw. deren Anhänger kollektiv von den wie VIP’s der Edel-Lounge der French Open gekleideten ausschliesslich auf affektierte Außenwirkung abzielenden Teen/Twen-Klientel der sogenannten „Popper-„Generation naturgemäß zutiefst verachtet werden musste(n); der Punk-Sektion erging es nicht anders, totale Segregation war das Zauberwort der Zeit.

Nun, genau dieses Segment von luxus-gelangweilten Pop-Konsumenten möchten THE DANCE INC. offensichtlich ansprechen. Denn HEAVEN 17, SOFT CELL und ähnlich tanzbares Zeugs sind die Vorbilder, will sagen Blaupause für diese Band aus Hamburg. Und ich dachte schon, vom Hafen kämen nur hoffnungsvolle Black Metal-Combos… Weit gefehlt, Tobias Levin, seineszeichens Produzent von TOCOTRONIC, nahm sich der „morphenden“ (laut Beipackzettel, was soll es nur bedeuten?) Band an und war begeistert, wie alle anderen auch. Das lässt hoffen, klar, Spielverderber sind wir nicht, werfen wir also die Scheibe „Legs And Arms“ (einfallsreicher Titel, wie ich finde) in den erwartungsbereiten CD-Schacht.

Und werden mit dem Opener „Looking Like That“ mitten in die Glaskugeldiskotheken der Achtziger katapultiert. Ein wenig „Maniac, Maniac“, „Teinted Love“, billige Loops und Samples der Marke „Living On Video“, tanzbar alles, so, als hätte jemand einfach Texte über vorgegebene Computerrhythmen gelegt. Häufig wiederholte Refrainworte waren damals das Maß aller Dinge; daran halten sich THE DANCE INC. eisern, klar. „Anarchist Artist“ schwächelt schon, immer die gleiche Tonlage, wieder endlose Schleifen von elektronischen Belanglosigkeiten, ein etwas tuntig tönendes „Ha Ha“-sonstwas wird intoniert. Damals der letzte Schrei, sicher. „Catpurr“ klingt noch künstlicher, da wurde gar nichts mehr verändert, man hat es einfach dem Programm überlassen, den Song zu gestalten. Der DAVID BOWIE-hafte Gesang misslingt; der Meister spielt in einer unerreichbaren Liga, was zu erwarten war. „You Can Help“ (monoton), „Some Angel“ (wird da ein Radiosender gesucht? Und dazu geklatscht?) und der Rest des Albums fahren die gleiche Schiene. Reissbrett trifft permanent gelangweiltes Dasein. Der letzte Song „The Slide“ ist besonders schlecht, berührt nicht, künstlich, kalt, steril. Obwohl, eigentlich trifft das mehr oder weniger auf alle anderen Tracks ebenso zu.

Die „distinguierte Eleganz des Edelpops der Achtziger“ wiederzubeleben, das ist das Anliegen von THE DANCE INC. Es darf herzlich gelacht werden. Größen wie TEARS FOR FEARS oder DEPECHE MODE werden nicht anflugweise erreicht. Stattdessen klingt alles nach Lederbinder mit Benetton-Pullunder und Jean Pascal-Poloshirt, billig, langweilig, unsexy. Für sowas haben sich schon damals nur die allerjüngsten interessiert. Für metal.de ist diese Art Musik nicht relevant, auch nicht für die Tänzer unter uns. Es gibt soviel Besseres. DEAD GUITARS, von der gleichen Plattenfirma vertrieben und in Kürze von mir besprochen, sind da ein ganz anderes Kaliber, aber die machen auch Wave… Ach ja, meine kleine Nachbarin schaut gerade vorbei, die Musik gefällt? Wirklich? Okay, kannst die Scheibe haben, klar. Sie ist vierzehn, gerade noch Zielgruppe. Nein, Leute, das kann nur drei geben, wirklich.

26.04.2007
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