The Hirsch Effekt - Holon : Hiberno

Review

Die Hannover THE HIRSCH EFFEKT sind mit einer einzigen Stilbezeichnung schwer zu greifen. Dazu ist der Mix den uns das Trio auf ihrem ersten Longplayer „Holon:Hiberno“ präsentiert zu eigenwillig. Viel zu willkürlich scheint die Band Bruchstücke aus Hardcore, Noise, Indie, Progressive, Fusion, Punk und sogar Pop mit Bläsern, Chören, Streichern und elektrischen Spielerreien zu kreuzen. Man will sich eben ums Verrecken nicht festlegen und auch die selbstgewählte Bezeichnung Art-Core wird irgendwie gesprengt.

Von normal strukturierten Stücken kann hier in keinster Weise die Rede sein. Viel mehr spielt die Band mit verschiedenen Stimmungen, Rhythmen und Tempowechseln, die sich oft über mehrere Songs erstecken. Der zweigeteilte Opener „Epistel“ zum Beispiel führt den Hörer zu Beginn melancholisch sanft in die Platte ein, bricht im Mittelteil ein wenig in härter Gefilde aus, bevor er sich in klagenden Streichern ergießt („Calmo“) und dann im zweiten Teil ausholt um in derbem Gekreische und Geknüppel („Vigoroso“) zu Enden. Dass alle beteiligten Instrumentalisten sehr filigran und virtuos zu Werke gehen, sollte in diesem musikalischen Spektrum ohnehin klar sein. Es ist schon erstaunlich mit welcher Selbstverständlichkeit auch in der Folge atmosphärisch dichte Parts durchbrochen werden von wüsten Noise-Eruptionen und hecktischen Rifffolgen, die ihrerseits wieder plötzlich von Chören und Bläsersätzen durchsetzt werden und jedes Mal aufs Neue die Aufmerksamkeit des Hörers einfordern. Das alles heißt aber nicht, dass wir es hier mit zusammenhanglos aneinandergerieten Fetzen zu tun haben. „Holon:Hiberno“ sollte mehr als Gesamtkunstwerk wahrgenommen werden, welches durch viele kleine Interludes in einen schlüssigen Fluss gebracht wird.

Trotzdem werden es selbst Freunde von THE FALL OF TROY und THE MARS VOLTA mit THE HIRSCH EFFEKT nicht leicht haben, denn die extreme Art und Weise wie die einzelnen Versatzstücke kombiniert werden, ist durchaus anstrengend und auch das aufgeregte Gekreische zehrt mitunter an den Nerven.

Deshalb ist „Holon:Hiberno“ sicherlich kein Album für die breite Masse oder ein Album das nebenbei gehört werden kann. Dazu ist es viel zu unkonventionell, viel zu kompromisslos, viel zu unbequem, doch im gleichen Atemzug eben auch spannend, herausfordernd, interessant anders und bei allem Chaos als Ganzes doch homogen und irgendwie nachvollziehbar.

18.03.2010
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