The Hirsch Effekt - Urian

Review

Wenn man jemals versuchen sollte, voraus zusagen, was bei einem neuen Release von THE HIRSCH EFFEKT geplant ist, was die neue oder aktuelle Wegrichtung ist, die die Band beschreiben wird, sein wird, dem sei gesagt, dass dieses schlichtweg keine einfache Voraussage ist. Denn es ist THE HIRSCH EFFEKT und hier ist vieles anders und einiges aber auch nicht. Die Band aus Hannover schließt mit „Urian“ an ihren Vorgänger „Kollaps“ an und bringt in einer konzeptionell, verwobenen Einheit alltägliches auf den Tisch ohne dieses ansprechen zu müssen. Unter dem Deckmantel des progressiven Metals, ist dies längst nicht mehr der Radius in denen sich die Band vorzugsweise aufhält. Es ist mehr, war immer schon mehr und lässt auch eine Scheibe wie „Urian“ mit einem Gefühl des komplexen Zuganges aber auch gleichzeitig eines eingängigen, atmosphärischen Mitreißens, darstehen.

„Urian“- Die Geschichte zwischen atmosphärischen Mitreißens und eines komplexen Zuganges

Es gilt einzutauchen in ein Alltagsgefühl, welches wir alle kennen. Die wilde Achterbahn des Lebens, zwischen Aufschreien und wütender Raserei. Zwischen Zurücklehnen, Durchatmen und Neu-Kalibrieren. „Urian“ geht damit einen sehr persönlichen Weg, lässt tief blicken und in Untiefen wandern zwischen Dunklen aber auch taghellen Momenten. „Agora“ bringt die Stimmung auf den sprichwörtlichen Punkt. Zerbrechlich und fragil wie ein Spinnennetz webt sich das Gitarrenspiel voran, stellt das Hier und Jetzt textlich in Frage, bricht um sich dann wieder wie aus Puzzleteilen zusammen zusetzen. „Urian“ ist mitnichten ein einfaches Album. THE HIRSCH EFFEKT sind aber auch noch nie eine einfach gestrickte Band gewesen.

THE HIRSCH EFFEKT und die wilde Achterbahn des Lebens

Die Scheibe ist ein pures Auf und Ab. Das verträumte „Granica“, welches im Mittelteil immer mehr an epischer Größe, Macht und Gewalt aufbaut steht neben einem brutal-bitter-bösem „Urian“. Der Titeltrack ist vertonte Wut im Bauch, die wild um sich schlägt und pure Verzweiflung durchblicken lässt. THE HIRSCH EFFEKT lassen manisch, wild und brüllend ihren Gefühlen freien Lauf. Das macht „Urian“ zu gleichen Teilen verwirrend als auch faszinierend. Die Songs erzählen alle ihre eigenen Geschichten. So ist das erwähnte „Granica“ (polnisch: Grenze“) die vertonte Erzählung/Empfindung einer Reise an die polnisch-ukrainische Grenze kurz nach Kriegsbeginn, um den Menschen dort vor Ort mit Hilfsgütern auszuhelfen.

„Urian“- Ehrliche Planlosigkeit

Ist die neue Veröffentlichung „Urian“ gewollt planlos, gewollt konfus um am Ende genau das zu sein, was wir alle aus dem Gefühlsbad des Alltages kennen? Vielleicht. THE HIRSCH EFFEKT gehen hier sehr ehrlich zu Werke, schaffen aber erneut ein Album, welches sehr komplex, sehr facettenreich mit den Emotionen spielt. Das benötigt zum einen mehr als nur einen Anlauf und auch sehr viel Zeit und das richtige Stimmungsbild. THE HIRSCH EFFEKT erzählen ihre Geschichten und diese sind bewusst keine einfache Kost.  Die neue Veröffentlichung ist speziell. „Urian“ lässt sehr viel Tiefgang spüren, um diesen aber auch vollends auskosten zu können, braucht es etwas. Etwas Zeit, um all dies zu erkennen und nachzufühlen.

 

22.09.2023

It`s all about the he said, she said bullshit.

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