The Ocean / Mono - Transcendental EP

Review

Dass es ihnen nicht „einfach um das nächste Album“ geht, haben THE OCEAN in der Vergangenheit hinlänglich bewiesen. Sowohl stilistisch, inhaltlich und auch in physischer Hinsicht bargen die jüngsten Veröffentlichungen der mittlerweile wieder zu großen Teilen in Berlin beheimateten Band stets neue und spannende Experimente. So sicher wie das Amen in der Kirche ist dabei die Tatsache, dass sich Bandkopf Robin Staps seit jeher nur sehr ungern in die kreativen Masterpläne reinreden lässt. Umso überraschender, dass die Post-Metaller nun mit „Transcendental“ eine EP veröffentlichen, deren Material nur zur Hälfte unter der musikalischen Kontrolle des Bandgründers entstand. Die letzte und bislang einzige Split der Bandgeschichte mit BURST liegt nun immerhin auch schon zehn Jahre zurück.

Andererseits: An den Japanern MONO hat Staps schon seit Jahren einen Narren gefressen und die Truppe mittlerweile auch auf dem hauseigenen Label unter Vertrag genommen. In diesem Licht scheint das Unterfangen, die tiefgründigen Klangwelten der Berliner und den epischen Post-Rock des Tokyoter Quartetts auf einem Release zu vereinen, dann auch wesentlich plausibler: Auf „Transcendental“ steuern beide Bands jeweils einen überlangen Song bei: THE OCEAN den 13-Minüter „The Quiet Observer“ und MONO das elfminütige „Death In Reverse“.

Mit letztgenanntem eröffnen die Japaner den Reigen. Der Track ergründet dabei eine durchaus spirituell-religiöse Thematik: Die Reise der Seele durch das Erdenleben sowie ihre Trennung vom Körper nach dem Tod. Musikalisch setzen MONO diese Thematik mit minimalistischen Mitteln um, eine markante Melodie steigert sich Minute um Minute, wird stetig lauter, höher, fordernder, eindringlicher – immer getrieben von der stoischen Marschtrommel im Hintergrund, welche sich erst ab der Hälfte des Tracks und nur für kurze Zeit in einen geformten Beat wandelt. Nach der Zäsur übernehmen schließlich die Streicher und das Klavier – und vertonen in eindringlicher Form den Moment, in dem die freigesetzte Seele aus den leblosen Gliedern strömt (das ist zumindest die Interpretation des Rezensenten und sicher verhandelbar). Dabei knüpfen MONO an die Güte ihres vorherigen Doppelalbums an und lassen für das neunte Studioalbum, welches Anfang nächsten Jahres erscheinen soll, auf Großes hoffen.

Ein nicht weniger packendes Hörerlebnis bescheren THE OCEAN anschließend mit „The Quiet Observer“ – auch weil sich die Neuverpflichtungen Paul Seidel (Drums) und Damian Murdoch (Gitarre) nahtlos ins ins Klangbild der Band einfügen: Der Track beginnt mit hallenden Drums, zu denen sich in der Folge getragene Streicher und Piano-Klänge gesellen – welche im weiteren Verlauf immer wieder an die Oberfläche drängen und gelungene Akzente setzen. Tatsächliche Revolutionen im Sound der Berliner bleiben jedoch aus: Der Track bietet teils verpielten, teils schweren Post-Metal, wie er in ähnlicher Form auch auf dem jüngsten Monumentalwerk „Pelagial“ zu hören war (ebenso wie übrigens Cellist Dalai Theofilopoulou und Pianist Vincent Membrez).

Allerdings agiert Frontmann Loïc Rossetti im Vergleich zum ursprünglich als Instrumentalalbum angelegten Opus Magnum wieder merklich eingängiger. Von klassischen Strophen und Refrains zu sprechen ist dabei zweifelsfrei nicht praktikabel, dennoch kehren diverse Parts regelmäßig wieder und brennen sich vehement ein. Dabei bedienen sich Band und Sänger immer wieder der im Genre ohnehin allseits beliebten Halbtonschritte und orientalisch angehauchten Tonleitern und zeichnen insgesamt ein überzeugendes und nachdenklich-düsteres Klangbild. Womit die Thematik des Songs – das drogengeschwängerte, psychische Stadium direkt nach dem physischen Ableben – letztlich eine gelungene Umsetzung erfährt. Inspiriert wurde die Band dazu laut eigener Aussage durch Gaspar Noés halluzinierenden Film „Enter The Void“. Allerdings: Die Schlussminuten des Songs gliedern sich auf den ersten Blick nicht gänzlich homogen in selbigen ein, gegen Ende muss sich der Hörer „The Quiet Observer“ ein wenig zurechthören.

Alles in allem ist „Transcendental“ dennoch ein überzeugendes Tondokument, welches die Stärken beider Bands eindrucksvoll bündelt. Und da damit zu rechnen ist, dass keiner der Songs auf den kommenden Full-Length-Releases zu hören sein wird, sei Fans beider Truppen abschließend uneingeschränkt geraten, sich das Teil tunlichst ins Regal zu stellen.

25.10.2015
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