Ungfell - Mythen, Mären, Pestilenz

Review

Hoppla, da haben die Spezialisten von der Eisenwald Tonschmiede aber mal wieder ein besonderes Black-Metal-Leckerli ausgegraben: UNGFELL heißt das neueste Signing des Labels, und „Mythen, Mären, Pestilenz“ ist deren zweites Album und gleichzeitiges Labeldebüt bei Eisenwald. Tatsächlich dürfte das Label aus Eisenach damit (nach zuletzt zum Beispiel KRATER und UADA) den nächsten Volltreffer gelandet haben, was interessante Bands angeht, die viel mehr Aufmerksamkeit verdient haben. Denn UNGFELL präsentieren geneigten Black-Metal-Fans in Form von „Mythen, Mären, Pestilenz“ ein so verschrobenes, dabei melodisches Album der tendenziell älteren Black-Metal-Schule, das dabei aber gleichzeitig verdammt eigen klingt, dass es eine wahre Freude ist. Hey, Post-Black-Metal-Bands: Man muss das Genre doch nicht komplett dekonstruieren und um seiner Grundpfeiler berauben, um noch wirklich neue und abgedrehte Pfade darin zu begehen.

„Mythen, Mären, Pestilenz“: „Verschroben“ triffts am besten

Stilistisch lassen sich UNGFELL wohl am ehesten in die Folk-Black-Metal-Schublade einordnen, wobei auch die Attribute „Melodic“, „Atmospheric“ und sogar „Progressive“ irgendwo zu diesem Album passen. Der Gesang ist ähnlich abgedreht wie der des Herrn Grim (AASKEREIA, Ex-BROCKEN MOON), die tragenden Leadmelodien erinnern des Öfteren an die verquere Melodik der ersten beiden STILLA-Alben oder der KVIST-Platte. Das Ganze ergänzen die Schweizer aber um eine gewissermaßen experimentelle Herangehensweise an die Songstrukturen und einen – im allerbesten Sinne – seltsamen Klang: Der Sound von „Mythen, Mären, Pestilenz“ hört sich einerseits kalt und rasend an (vor allem die Gitarren und das zurückgenommene Schlagzeug sorgen für diesen Eindruck), während der ungewöhnlich dominant blubbernde Bass andererseits eine gewisse Wärme in das Klangbild transportiert. Intros, Outros und Zwischenspiele des Albums und der einzelnen Songs sind darüber hinaus angereichert mit Schweizer Folk-Elementen und Spoken-Words-Passagen im Schweizer Dialekt. Das bereits weiter oben genannte Wörtchen „verschroben“ ist wohl das beste, um die Gesamtmelange des Albums zu beschreiben.

Ja: So verschroben war lange schon niemand mehr. Aber wer Vergleiche für das Gesamtbild braucht, das „Mythen, Mären, Pestilenz“ erweckt, der darf zum Beispiel an URFAUST, LUGUBRUM oder CIRCLE OF OUROBORUS denken – nicht, weil UNGFELL klingen wie diese Bands. Nein, aber ihre Herangehensweise an Black Metal ist ähnlich eigenwillig und eben ähnlich verschroben. Obendrein liefern UNGFELL dabei übrigens noch eine ganze Reihe überaus gelungener Kompositionen ab: den rasanten und hypermelodischen Opener „De Türst und s Wüetisheer“ zum Beispiel, das irrwitzig groovende „Die Hexenbrut zu Nirgendheim“ oder den verspielten Rausschmeißer „Raserei des Unholds“.

UNGFELL wandern eigene Pfade, ohne den Black-Metal-Hauptweg zu verlassen

So ist „Mythen, Mären, Pestilenz“ unter dem Strich ein absolut irrwitziges Album, das immer wieder eigene Wege sucht – und findet. Dabei verlassen UNGFELL zu keiner Sekunde die typischen Genre-Elemente des Black Metals (wenn man Folk-Elemente jetzt einfach mal dazu zählt), und sie klingen auch zu keiner Sekunde verkopft oder zu abgedreht – dies ist ein Album, das von Anfang bis Ende funktioniert und die Hörer unterhält. Und eben ein Album, das sich kaum mit anderen vergleichen lässt. Wer seinen Black Metal gleichzeitig „old school“ und frei von Scheuklappen mag, der sollte „Mythen, Mären, Pestilenz“ definitiv eine Chance geben. Danke, Eisenwald Tonschmiede!

15.03.2018
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