Vestindien - Null

Review

Ein Blick aus dem Bürofenster sagt mir, dass heute der richtige Zeitpunkt ist, sich mit VESTINDIEN zu beschäftigen. Deren Debütalbum „Null“ fasst die trostlose Aussicht da draußen nämlich hervorragend zusammen. Grau, wolkenverhangen und ziemlich kühl.

„Null“ vereint viele Einflüsse zu einem depressiven Potpourri

Kaum zu glauben, dass die 2011 gegründete und zunächst schnell wieder abgetauchte Band, sich einst dem Hardcore verschrieben hat. Heute, zehn Jahre später, tönt das Debütalbum „Null“ weit entfernt von energiegeladenem Hardcore. Stattdessen haben VESTINDIEN sich zahlreiche Stilreferenzen zu eigen gemacht, um ziemlich schonungslos die Tristesse zu propagieren. Von Eintönigkeit kann dennoch nicht die Rede sein. Zwar folgen alle Einflüsse dem Ziel der trostlosen Atmosphäre zu dienen, aber sie sind facettenreich. Neben seltenen Hardcore-Referenzen finden sich Anleihen aus klassischem Heavy Metal, Black Metal, Punk und (Post-)Rock. Auch Synthies finden Einzug in den Sound der Norweger

VESTINDIEN haben sich ein eigenes, verschrobenes Klangbild zugelegt. Mit Ecken und Kanten, aber einer grundlegenden Stimmung, die in atmosphärischen Zwischenspielen wie kratzbürstigen Ausbrüchen („Ned“) omnipräsent ist. Depressiv und melancholisch sind umumwundene Eigenschaften, welche die Band auf „Null“ ausstrahlt. Damit könnten sie Liebhaber von depressivem Black Metal ebenso abholen wie Freunde von Depri-Rock. Denn beim kratzigen Gesang und den Grols sind VESTINDIEN ebenso schwer greifbar wie im gesamten Sound. Einziges Problem: Abseits der aufkommenden Stimmung bleibt die Orientierung im durchgehenden grau mitunter schwer. Klar ist nur, schön ist am sich dahinschleppenden „Null“ herzlich wenig.

VESTINDIEN zeigen faszinierende Ansetze, bleiben aber am Ende ein bisschen was schuldig

So bleibt das Debütalbum der Norweger einerseits andersartig und faszinierend, gleichzeitig fehlt es mitunter an zupackenden Momenten. Dass stilistische Gerüst sowie die Albumstimmung sind klar definiert, das Leben innerhalb dieses Gebilde bleibt am Ende aber ein bisschen was schuldig. Ansätze wie im Titelstück „Null“ oder „Ormegard“ sind durchgehend vorhanden, doch ein abtauchen in die Welt von VESTINDIEN bleibt in letzter Konsequenz aus. „Null“ ist ein Album, um sich an tristen Tagen im Bett und Selbstmitleid zu suhlen, bietet aber zu wenig Aufregendes, um nach der knappen halben Stunde zwingend erneut den Play-Knopf zu drücken.

07.03.2021

Chefredakteur

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