Vindland - Hanter Savet

Review

Au Backe, da wäre uns doch tatsächlich fast ein wahres Kleinod durch die Lappen gegangen, denn diese Scheibe wurde bereits im März veröffentlicht. Aber gut, wenn man Kumpels hat, die einen immer wieder mit bemerkenswerten Schätzen versorgen. (Danke Toralf!) Aber warum nun die ganze Aufregung? Weil wir es hier schlicht und ergreifend mit einem Zehn-Punkte-Debüt zu tun haben! Denn das was VINDLAND mit „Hanter Savet“ präsentieren, ist eigentlich fast schon zu schön um wahr zu sein…

So einigen Freunden des folkloristischen Viking/Black-Metal wird es ähnlich wie dem Verfasser gehen: WINDIR haben vor nunmehr zwölf Jahren eine Lücke hinterlassen, die niemand zu füllen vermochte. Bis jetzt, denn nun sind VINDLAND am Start und hauen einen dermaßen aus den schwarzen Socken, wie man es kaum mehr für möglich gehalten hätte. Unglaublich! Die Bretonen zelebrieren hier ein Album, wo man einfach nur sagen möchte: Eintauchen, genießen und abheben! Review Ende. Aber etwas mehr ins Detail müssen wir dann natürlich schon gehen.

Wie man ein übermächtiges Erbe würdevoll verwaltet

Gleich dieser Anfang von „Orin Kozh“, dieses rasend schnelle Hymnische, der Wahnsinn! Das ist einfach WINDIR-Metal vom allerfeinsten, erhaben und majestätisch. Die Ohrwurm-Melodien geben sich förmlich die Klinke in die Hand, kurze Akustik-Parts lockern das Ganze immer wieder gekonnt auf und der Rhythmus wechselt immer wieder sehr geschickt. Auch „Treuzwelus“ wirkt wie ein verschollenes Relikt aus dem Valfar-Kosmos, wie geil ist das denn bitte? Da scheint jemand dessen musikalisches Vermächtnis von Norwegen nach Frankreich transferiert zu haben. Die musikalische Essenz wird punktgenau ins Hier und Jetzt transportiert, oder besser noch: „Hanter Savet“ schlägt ein wie eine Bombe, die die ganze Zeit auf genau diesen Moment gewartet zu haben scheint. Dennoch, und das muss man hier ausdrücklich betonen, gibt es einen gewaltigen Unterschied zwischen VINDLAND und den zahlreichen anderen bloßen Klonen der norwegischen Legende. Die Franzosen kopieren nicht einfach nur, nein, sie haben genau diese Art von Musik verstanden und verinnerlicht. Da wirkt nichts aber auch nur im Geringsten aufgesetzt, alles kommt aus tiefster Seele. Weiter geht’s mit „Serr-Noz“, und das weiterhin ohne die leiseste Spur von Qualitätsabfall. Hier kommen auch erstmals die typischen WINDIR-Keyboards zum Einsatz. Solche hymnischen Klänge können doch einfach niemanden ernsthaft kalt lassen!? Jeder halbwegs interessierte Extrem-Metaller muss hier doch ganz einfach zumindest ein bisschen ins Träumen geraten. Und wenn man dann doch zwischendurch mal die verträumten Augen öffnet, geht der Blick automatisch immer wieder Richtung CD-Player. Rotiert da vielleicht doch ein vergessenes Kleinod aus Sogndal? Mitnichten, wo VINDLAND drauf steht ist auch „Hanter Savet“ drin! „Pedenn Koll“ beginnt dann wieder akustisch, bevor der Metal erneut das frostige Zepter übernimmt, und das mit einer der geilsten Hooklines der gesamten Scheibe. Einmal gehört bekommst du die nie wieder aus dem Hirn. Und dann dieser atmosphärische Part als Übergang zu nächsten Raserei, nicht von dieser Welt…

Bevor nun jetzt schon die Superlative ausgehen, schauen wir lieber mal kurz auf die Texte. Die Jungs beschäftigen sich mit der Historie und der Natur ihrer Heimat. Und da ist es natürlich naheliegend, dass man Bretonisch singt, was dem Ganzen im Übrigen auch eine ganz eigene Note verleiht. Zurück zur Musik, irgendwann muss den Jungs doch auch mal ein etwas schwächerer Song rausrutschen, oder? Doch „Skleur Dallus“ ist es definitiv nicht, das Niveau bleibt schwindelerregend hoch. Dies gilt genauso für das folgende „Morlusenn“. Wie zur Hölle geht das, wie zaubert man solche großen Melodien auf so kleine Scheiben? Und das bis jetzt nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit, sind denn alle taub verdammt nochmal? Und im krassen Gegensatz dazu wird so viel Mist abgefeiert, oder zumindest mit Aufmerksamkeit bedacht, das kann und muss man nun wirklich nicht verstehen. „Skorneg Du“ verharrt dann größtenteil im Midtempo und kommt damit eher wie eine schwere Walze durch die Bretagne gepflügt. Dennoch setzt man auch hier weiterhin auf die ganz großen Melodien und es bleibt ganz einfach dabei, kompositorisch sind VINDLAND jetzt schon Weltklasse, ohne Abstriche. Das monumentale „Skeud Ar Gwez“ beendet schließlich das Meisterwerk in absolut würdiger Art und Weise. Ein Gewitter zieht an der bretonischen Küste auf und das Meer gerät langsam in Wallung. Doch zunächst bleibt alles noch ziemlich friedlich, die Natur wiegt den Hörer in Sicherheit. Doch angesichts dieser eher trügerischen Ruhe wird man sich mehr und mehr bewusst, der Sturm wird kommen. Und genau das tut er auch, nach 3:25 min bricht er los und entfesselt die Gewalten. Es drückt einen förmlich nieder, bevor man sich langsam und schwer ächzend wieder erheben kann, um das Schauspiel zu bewundern. Hier wird auch die geniale Hookline von „Pedenn Koll“ erneut aufgegriffen und leicht variiert, einfach nur genial. Das sorgt für vertraute Momente innerhalb des Opus und lässt einen schließlich stolz und ergriffen an den Ufern des Atlantiks zurück. Der Sturm klingt ab.

Hymnen und Melodien für die Ewigkeit

Auch der Bonustrack „An The Battle Ended“ von der 2009er EP reiht sich klanglich und qualitätsmäßig fast nahtlos in das übrige Material mit ein. Und mit leicht zittrigen Fingern krakelt man eine Notiz auf irgendeinen Zettel: Unbedingt Demo und EP besorgen, egal wo, egal wie…

Gäbe es VINDLAND und diese Scheibe nicht, man müsste beides glatt erfinden. Und man muss schon verdammt lange überlegen, um ein Debüt von vergleichbarer Qualität wie „Hanter Savet“ zu benennen. Generell gibt es ganz einfach Scheiben, die einen einfach emotional so packen, dass man gar nicht großartig über einzelne Riffs, Leads oder andere musiktheoretische Klugscheißereien schreiben möchte… Musik ist in erster Linie immer noch Herz und Gefühl, nicht Kopf. Und was diese Jungs hier davon in ihre monumentalen Songs packen, ist nur schwer in Worte zu fassen und ganz einfach nur megagenial. „Hanter Savet“ bedeutet übrigens sinngemäß so viel wie „Flagge auf Halbmast“, diese Fahne jedoch weht stolz und majestätisch ganz hoch im Wind..!

Mehr über diesen großartigen Newcomer gibt’s in unserem Interview.

16.09.2016
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