Voodoo Kiss - Voodoo Kiss

Review

The Boys are back in town. Oder so ähnlich. Um VOODOO KISS im Rahmen ihrer Schaffenszeit gegen Mitte/Ende der 90er zu kennen, muss man wohl entweder ein Fan des Summer Breeze der ersten Stunde sein oder aus dem Ostalbkreis stammen. Als mittlerweile eines der größten Festivals für Metalmusik in Deutschland, ist die viertägige Party im beschaulichen Dinkelsbühl nicht nur personell, sondern auch historisch untrennbar mit VOODOO KISS verbunden. Einst wurde das Ganze nämlich geboren, um für den Heavy Metal und Hard Rock spielenden Vierer entsprechende Auftrittsmöglichkeiten abseits von Kneipen und kleinen Bühnen zu schaffen. Das Breeze reifte heran und die Band um Festivalchef und Drummer Achim Ostertag ging diese Dynamik nicht mit und wurde zu Beginn der Jahrtausendwende zu Grabe getragen.

In den letzten beiden Jahren litt die gesamte Veranstaltungsbranche unter den Eruptionen der Coronakrise, sodass das 25-jährige Jubiläum des Summer Breeze zusammen auf die Wiederauferstehung des Festivals seit dem Jahr 2019 fällt. Da muss man doch etwas Besonderes machen, dachten sich auch Ostertag und Umfeld, die sich kurzerhand dazu entschlossen, die Truppe VOODOO KISS für einen einzigartigen Jubiläumsauftritt wiederzubeleben. Dann überschlugen sich die Ereignisse. Man kramte alte V8-Tapes aus, schrieb neue Texte, bannte die Musik auf Platte und ging schließlich einen Plattendeal mit Reaper Entertainment ein. Warum also das Projekt nicht etwas tiefer ins Detail führen?

VOODOO KISS haben ein gutes Händchen für die Vocals

Dass die Songs auf „Voodoo Kiss“ aus einem Repertoire stammen, das ganz zentral auf die Präsentation auf der Bühne ausgelegt ist, erscheint schon beim Opener und der aktuellen Singleauskopplung „The Beauty And The Beast“ unverkennbar. Die Riffs sind schnörkellos und wenig komplex, gehen dafür ohne Umschweife ins Ohr und kitzeln am Tanzbein. Einen absoluten Sahnegriff hat man mit der Besetzung am Gesang gemacht, wo Gerrit Mutz (u.a. SACRED STEEL) trotz seiner 53 Jahre einen bemerkenswert frischen Wind wehen lässt. Auch die Alternative mit Steffi Stuber, die bei „The Prisoner“ einen Hauch KYLESA versprüht und ansonsten hier und da Backing Vocals hinzugibt, kann sich absolut hören lassen.

Es ist darüber hinaus doch recht überraschend, wie sehr VOODOO KISS hier aus einem Guss klingen und ein buntes Arsenal an längst vergessenen Songs zu einem funktionierenden Ganzen geformt haben. Kaum zu glauben, dass man den Texten noch kurzerhand neuen Sinn einhauchen musste und Schlagwerker Ostertag circa 20 Jahre keine Drumsticks in der Hand hatte. Sicherlich ist „Voodoo Kiss“ keine technische Sonderleistung, kein DREAM THEATER – nein, viel mehr fühlt man sich zeitweise an die wilden Anfangstage von IRON MAIDEN zurückversetzt. Und wenn dann Songs so funktionieren wie etwa der abschließende „Thousand Steps Of Goodbye“, den ein Konzertbesucher wahrscheinlich bei der ersten Performance auswendig lernen kann, dann kann man hier wenig bemängeln.

Unverbraucht und leidenschaftlich

Letztendlich zeigen die Süddeutschen, dass man im Heavy Metal schon alleine mit Leidenschaft auch im Jahr 2022 eine tolle, schlicht ehrlich klingende Platte produzieren kann, die auch ohne große Innovationen und Technik ihren Soll vollends erfüllt. Während es viele verbissen versuchen, machen VOODOO KISS einfach und diese Sorglosigkeit merkt man dem Vierer in jeder Note an. Mit Sicherheit ein Grund, den Chef bezüglich des Breeze-Dienstags um einen weiteren Urlaubstag anzubetteln.

10.08.2022
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