Vyrion - Nil

Review

„Nil“ ist das dritte Album der australischen Rumpelkombo VYRION. Thematisch geht es auf dem Album um Aufstieg und Untergang von Zivilisationen, wobei letzterer durch Krankheit herbeigeführt wird. Der perfekte Soundtrack also für einen modernden Herbst.

Schubladen? Sprengen!

Stilistisch befinden sich VYRION wahlweise im Black’n’Roll oder im Progressive Black Metal, je nachdem, wen man fragt. Letzten Endes sind diese generischen Fragen aber irrelevant; VYRION spielen Black Metal, und zwar verdammt guten.

„Nil“ ist ein pechschwarzer, bitterböser Klumpen Hass, den VYRION uns entgegen speien. Die Gitarren decken das ganze Spektrum ab, vom fies rockenden Headbang-Part bis zum schweren, erdrückenden Riff, das einen förmlich in die Knie zwingt. Immer wieder dringt der groovende Bass in den Vordergrund und treibt unergründlich nach vorne, immer dem Abgrund zu. Das Drumming ist soundtechnisch etwas weiter im Hintergrund, hält die Elemente aber zusammen, und trägt ebenfalls dazu bei, dass „Nil“ selbst in den ruhigen Momenten nie wirklich zur Ruhe kommt, sondern immer voller Energie bleibt. Und über allem liegt das Gekreische von Sänger Dale Williams, das sich als das letzte Puzzleteil in den Gesamtsound einfügt und einen immer tiefer zieht in die Welt von „Nil“.

VYRION — Von „Nil“ auf hundert in unter fünf Sekunden

VYRION präferieren dabei im Songwriting den Wechsel von schleppenden, schweren Parts und Momenten plötzlicher Detonation, getragen von frenetischer, chaotischer Energie. Die transportierte Grundstimmung dabei bleibt aber immer die Wut, die Aggression — hier wird nicht poetisch reflektiert oder melancholisch nachgesonnen, hier wird gnadenlos alles niedergeholzt, was im Weg steht.

Das ist auch ein bisschen das Problem von „Nil“: Die Formel funktioniert zwar in der Theorie, ist aber dann nicht variantenreich genug, um über fast fünfzig Minuten gestreckt zu werden. Durch die Wechsel versäumen es VYRION auch ein bisschen, entweder mehr Atmosphäre aufzubauen (wie es das Intro zu „Monuments“ tun würde) oder einfach noch kompromissloser durchs Gemüse zu brettern.

Abschließend sei erwähnt, dass (für mich) die zweite Hälfte (ab „Crave“, dem Highlight des Albums) weitaus besser funktioniert hat als der Anfang, da die ersten vier Tracks doch sehr stark ineinander fließen und sich stellenweise fast in der Beliebigkeit, Belanglosigkeit ergehen. Das soll nicht heißen, dass die zweite Hälfte keine Schwächen hat, aber hier sind die Songs, für sich genommen, stärker und auch der Umgang mit den Tempo- und Stimmungswechseln wirkt hier organischer, zwingender.

Die pure Wut

Wenn der Rauch sich dann lichtet und die Sonne langsam wieder aufgeht, dann bleibt vor allem eines zurück: Das waren fünfzig Minuten vertonte Emotion. Das war pure Wut und abgrundtiefer Hass. Pechschwarz, bitterböse und kompromisslos bis zum Schluss.

Review von Bernhard Rübenthal

19.10.2020
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