White Stones - Kuarahy

Review

„White Stones“ – das ist der übersetzte Name der Stadt in Uruguay, aus der Martin Mendez kommt. Bei dem Namen des Bassers sollte bei Opeth-Fans ein Glöckchen klingeln. Während Opeth heutzutage vor allem ihre Liebe zu 70er Jahre Hard/Progressive Rock ausleben und von ihren Wurzeln nicht mehr allzu viel im Sound geblieben ist, besinnt sich Mendez eher zurück und möchte wieder Death Metal spielen. Natürlich wird hier nun niemand die old-schoolige, atmosphärische Todesstahlvariante erwarten, die einst OPETH prägten oder etwa zweite BLOODBATH. Aber auch der Death Metal von Mendez klingt sehr viel analoger, „retro“ und auch regelrecht „fluffiger“, als man das bei den ersten Gedanken an Sägegitarren und Doublebassgewittern beim Lesen vom Label „Death Metal“ erwarten würde.

„Kuarahy“ – Sonnenaufgang im progressiven Death Metal?

Nein, das Debütalbum „Kuarahy“ (Uruguay-spanisch für Sonne), zeigt hier und da die Einflüsse des Hauptbrötchengebers von Mendez, bleibt aber sehr eigen in der Stimmung. Die spanischen Einflüsse findet man gleich im Intro in der Gitarrenarbeit ein wenig unterschwellig drapiert, wie auch in exotischen kleinen „Appetizern“, da ich meine auch Maracas und eine Hammondorgel über das Album kurzzeitig vernommen zu haben. Ein klein wenig erinnert „Kuarahy“ an einen ähnlichen Versuch der Schweden USURPRESS, Jazz-Einflüsse zum Elchtod auf ihrer letzten Scheibe  „Interregnum“ einzubinden.

Der Umstand, sich bewusst für eher Metal-fremde Gitarren wie eine Stratocaster bei den Aufnahmen entschieden zu haben, sollte angesichts Soundwahl und Hintergrund von Mendez nicht unbedingt überraschen. Auch der sehr prominente und warme Bass in Verbindung mit Groove und Songwriting lassen am Label „Death Metal“ eigentlich große Zweifel aufkommen, wenn da nicht das manchmal durchaus prügelnde Schlagzeug und der typische Gesang von Eloi Boucherie wäre. Für die Tour und Aufnahmen hat Mendez, der mittlerweile in Barcelona verortet ist, die Hilfe des Iberers beim Gesang und Jamie Gomez für das Produzieren im UK-Studio Orgone gewinnen können.

WHITE STONES sollten nicht als Nebenspielwiese von OPETH verstanden werden

Obwohl von Mendez bis auf die Drums alles alleine eingespielt wurde und WHITE STONES eigentlich sein Baby sind, steuerte Bandkollege Frederik Akesson die Leads und Solos bei. Als Nebenprojekt zu OPETH will Mendez WHITE STONES aber trotzdem nicht verstehen: Neben der aktuellen Arbeit mit OPETH brauche es einen Ausgleich für ihn, den er in seinen persönlichen sowie  musikalischen Ursprüngen sieht. Ein gewisser Einfluss von OPETH ist natürlich  beim Hören nicht ganz abzustreiten – das zeigt aber eigentlich nur, wie sehr Mendez entweder seinen Brötchengeber oder die Band seine Kompositionsweise verinnerlicht hat.

Trotz dieser teilweise im Sound vorkommenden Paralleleln hat „Kuarahy“ doch einen recht eigenständigen Vibe. Dieser wirkt manchmal durch die ausbleibende Heavyness allerdings sehr behäbig. Interessante Stücke wie „Guyra“ oder „Infected Soul“ oder auch Outro „Jasy“ wirken eben nicht über ihren Death-Metal-Anteil, der sowieso schon eher klein ausgeprägt ist, sondern eher über die rhythmischen Spielereien, die Solos, die „Offenheit“, die eben auch durch das Ausbleiben vom Zukleistern des Raumes zwischen den Noten lebt, im Sound. Mendez lateinamerikanischer Einfluss hat definitiv eine interessante Facette dem Genre hinzuzugeben.

„Kuarahy“ ist interessant, allerdings nicht sehr zwingend

Dafür muss man allerdings Geduld und auch Interesse an solcher Musik mitbringen. Es wäre nicht ganz verkehrt zu glauben, dass trotz der Vorliebe für frühen Death Metal die Promo sich mit der Bezeichnung „OPETH meets MORBID ANGEL“ eigentlich keinen grossen Gefallen getan hat. Dazu ist  „Kuarahy“ nicht treibend und aggressiv genug und sollte vielleicht eher als progressiver Metal/Rock mit Death-Metal-Vocals und -Drums aufgefasst werden. Interessant allemal, Fans von OPETH (alt wie neu) und Fans exotischerer Gitarrenmusik dürfen gern reinhören (und vielleicht auch noch ein bis zwei Punkte drauf legen), Metaller vermissen wahrscheinlich doch ein wenig den Death Metal, den es hier angeblich geben sollte.

Leute mit Spass an Düsternis, Geballer und Geschwindigkeitsrekorden werden hier ebenfalls weniger auf ihre Kosten haben, aber selbst Progressive-Connoisseure oder Liebhaber spanischer Gitarrenmusik werden wahrscheinlich ebenfalls anderswo glücklicher. Das Setzen zwischen die Stühle funktioniert nicht immer. Es ist WHITE STONES und Herrn Mendez zu wünschen, den richtigen Stuhl in Zukunft beim nächsten Album zu finden, denn solche Experimente können durchaus Spass machen.

02.03.2020
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