Wind Rose - Wintersaga

Review

WIND ROSE „schreiben keine Songs, sondern schmieden sie auf dem Amboss“, heißt es begleitend zum Album. Das passt natürlich in das Fantasy-Zwerge-Image, das sich die Power-Metal-Band aus Pisa bereits mit dem letzten Album „Stonehymn“ gegeben hat. Waren es zunächst noch die Zwerge aus J.R.R. Tolkiens Mittelerde-Geschichten, die von der Band besungen wurden, verschiebt sich der Fokus mit dem neuen Album „Wintersaga“ ganz allgemein auf die kleinen aber robusten Bartträger. Tolkiens Geschichten bleiben die Italiener jedoch mit Songs wie „There And Back Again“ und „The King Under The Mountain“ treu.

WIND ROSE – mehr als nur betrunkene Zwerge?

Insofern lag es nahe, den Song „Diggy Diggy Hole“ zu adaptieren. Vor Jahren noch die spontan dahingeraunte Zeile eines Minecraft-Lets-Players, wurde im Laufe der Zeit ein Lied daraus, das viele Klischees aufgreift , die mit Fantasy-Zwergen in Verbindung gebracht werden: Kämpfen, trinken, gierig nach Schätzen buddeln, dabei aber aufrecht und ehrenwert bleiben. Da lag es natürlich nahe, diesen Song zu covern. Nicht zuletzt brachte dieser Schachzug WIND ROSE viel Aufmerksamkeit, vor allem in der Gaming-Community.

Vermarktung und Imagepflege laufen also gut, doch wie sieht es mit der Musik aus? In diesem Punkt können WIND ROSE tatsächlich mit Spielfreude und Kreativität überraschen. Zwar ist die gecoverte Single „Diggy Diggy Hole“ ein platter Ohrwurm, doch bereits die zweite Sauf-Single „Drunken Dwarves“ lässt erahnen, dass hinter dem ganzen Gegröhle und Geklimper ein durchaus nicht uninteressanter Songaufbau steckt. Auch das epische „There And Back Again“ gestaltet sich im Wechsel zwischen beinhartem Geknüppel und ausladenden Chören durchaus interessant.

WIND ROSE verbinden gekonnt alle Stilmittel des symphonischen Power-Folk-Metal und verleihen ihren Kompositionen damit den letzten Schliff. Vergleiche mit ENSIFERUM und WINTERSUN, mit denen sich die Italiener bereits die Bühne teilten, greifen aber ein bisschen zu kurz. Ähnlich wie das Debüt von ALESTORM ist „Wintersaga“ unter all der Zuckerglasur nicht zuletzt handfester Metal. Der wird zwar nicht überragend gespielt, ist aber gut arrangiert. Dadurch werden selbst überlange Songs wie der Rausschmeißer „We Were Heroes“ nicht langweilig. Dabei hilft auch die klare und moderne Produktion.

„Wintersaga“ – der neue Genreprimus?

„Wintersaga“ ist ein Pflichtkauf für all jene, die keyboardlastigen Gute-Laune-Folk-Power-Symphonic-Metal™ im wahrsten Sinne des Wortes abfeiern. Wer nicht zur Zielgruppe gehört und die kitschige Pathospampe nicht erträgt, sollte natürlich die Finger von dem Langspieler lassen. Dennoch muss man anerkennen, dass WIND ROSE Qualitäten mitbringen, die einstige Vorreiter wie TURISAS oder ALESTORM inzwischen vermissen lassen. Den ganz großen Sprung in den Metal-Olymp schafft das Album zwar nicht, bietet aber eine angenehme Abwechslung zum sonst eher platten Genre-Alltag.

20.09.2019
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