Windhand - Grief's Infernal Flower

Review

Aufreißen muss man sie, die Boxen. Dann erfasst einen „Grief’s Infernal Flower“ von Richmonds WINDHAND vollkommen. Dann vibriert der ganze Körper, wuchtig durchflossen von tief brodelnder Bass-Lava und Arme und Beine setzen sich zeitlupenartig in Bewegung, den schweren Gitarrenriffs und psychedelischen Solo-Trips zu folgen. Und natürlich der lakonisch-beschwörerischen Stimme von Dorthia Cottrell.

Bei voller Lautstärke kommt man nicht auf die Idee, WINDHAND im Allgemeinen und „Grief’s Infernal Flower“ im Speziellen als faden Kiffer-Kaugummi der zäheren Sorte abzutun. Dann ergibt man sich bereitwillig dem mächtigen Zusammenspiel von Phon und Repetition. Dann wandert die Hand nicht zur Stopp-Taste, sondern zum Fingerpointing gen unendliche Weiten. Dann sinkt der Kopf nach den ersten Minuten nicht im sanften Schlummer auf die Brust, sondern pendelt in glücklicher Trance Richtung Nirwana. Und dann schafft man es auch bis zur überraschenden, unverzerrten Ballade „Sparrow“ im Mittelteil des Albums, bei der Cottrell als eindringliche Genre-Version von PJ HARVEY zu begeistern weiß.

Wenn man allerdings ohnehin fast taub oder im Dauerclinch mit den spackig undoomigen, unrockbaren RUHESTÖRUNG!-Nachbarn liegt und daher mehr Hirn als ganzen Körper aktivieren muss, sollte man schon fortgeschritten im Konsum einschlägiger Zeitlupen-Sounds sein, um „Grief’s Infernal Flower“ angemessen würdigen und sich von dem Gitarren-Mahlstrom erfassen lassen zu können. Denn WINDHAND mögen insgesamt ein wenig aufgeräumter als zuvor klingen, sie bleiben dennoch StoikerInnen vor dem (dunklen) Herrn.

Wenn die aktuelle Besetzung der Classic-Doomer WOUNDED KINGS inklusive Front-Lady, verwundert über all die bunten Farben, beschlösse, dem ELECTRIC WIZARD sei fortan und ausschließlich zu huldigen, sie klänge womöglich wie WINDHAND: wie Stoner-erhitzte, dunkle Doom-Lava mit Fuzz und psychedelischen, gleißenden Einsprengseln. Hypnotisch, unaufhaltsam, einförmig, erhaben.

Muss man schon wollen. Produzenten-Großmeister Jack Endino wollte.

21.09.2015
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