Witchcraft - The Alchemist

Review

Hört sich verdächtig danach an, als wenn WITCHCRAFT entweder Ebay auf der Suche nach analogem Aufnahmeequipment geplündert oder ein antikes Studio irgendwo in den Untiefen der Londoner Slumwelt ausgegraben haben. So eine verstaubte Scheibe hat meine Anlage schon lange nicht mehr rotiert, und das, obwohl ich gerade erst RAINBOWs „Rising“ gekauft habe.

WITCHCRAFT bemühen sich auf ihrer dritten Platte nach Kräften, das Flair des späten 60er- und frühen 70er-Jahre Drug-Doom-Rocks aufleben zu lassen. HAT DA JEMAND „BLACK SABBATH“ GESAGT??? Natürlich haben auch andere Bands diesen Stil gepflegt, am Ähnlichsten ist „The Alchemist“ aber vielleicht wirklich den ganz frühen BLACK SABBATH, WITCHFINDER GENERAL (was für ein Wunder, bei dem Namen) und eventuell noch den kauzigsten PENTAGRAM-Stücken. Sogar den britischen Akzent leiert Magnus Pelander, als hätte er seine Kindheit auf der Insel verbracht – was eindeutig artifiziell ist, denn WITCHCRAFT sind Schweden. Macht aber nichts, die Musik schießen sie dafür umso natürlich aus der Hüfte.

„The Alchemist“ ist eine Platte, bei der man keinen Bassdrum-Klick, keinen Snaretrigger, kein bisschen Mosh oder Core und keine Screams erwarten darf, auch keine knalligen Gitarren, die über sanfte Vintage-Distortion hinaus gehen. Stattdessen sind die Riffs einfach und heavy, die Soli sprühen vor Tarantino-Vibe, das Schlagzeug ist naturbelassen und etwas pappig. Das alleine macht die Platte noch nicht gut, und leider hinken die eigentlichen Songs, von allem Retrochic einmal nüchtern befreit, ihrem Flair hinterher. Was WITCHCRAFT nämlich nicht ganz verstanden haben ist, dass die 60er-Jahre nicht nur auf eine bestimmte (reproduzierbare) Art und Weise geklungen haben, sondern sich natürlich auch anders anfühlten. Die Einflüsse waren andere, die Beweggründe, Musik zu machen waren andere, die Musikindustrie war eine andere. Ich denke, mit ihren ziemlich unauffälligen Songs hätten die vier Jungs auch vor 35 Jahren nicht zu den ersten zwei Riegen internationaler Top-Rock-Bands gehört. Alleine deshalb nicht, weil ihnen wahrscheinlich die Kreativität fehlt, um etwas EIGENES zu schaffen. Das gelingt im Grunde nur bei „Remembered“, das mit einem echt coolen Mainriff und einem schweinegeilen Saxophoneinsatz besticht. Das dreiteilige und mit einer knappen Viertelstunde durchaus epische Titelstück hebt sich ebenfalls von den restlichen vier Songs ab, steht aber dummerweise am Ende der Platte. Der Rest ist… tja… in Ordnung, mehr nicht.

Das ist das große Manko von „The Alchemist“ und der Punkt, der das Album wieder zurück in den Durchschnitt holt – die Songs alleine überzeugen einfach nicht vollkommen. So ist das doch aber, seien wir ehrlich, immer mit dem Retrofeeling: für eine Dreiviertelstunde ist alles toll, danach hat man erstmal wieder ein paar Jahre keine Lust drauf.

01.10.2007
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