X Raiders - Weltschmerz '89

Review

Das deutsche Gefühlsleben ist in seinen negativen Ausprägungen derart facettenreich, dass es gewisse Begriffe bis in andere Sprachen geschafft haben. Einer davon ist Weltschmerz. Pünktlich zum dreißigsten Geburtstag hat die Pein über die Vergänglichkeit irdischer Herrlichkeit die fünf Jungs von den X RAIDERS überkommen. Und so haben die Nijmegener dann auch gleich elf Songs live eingezimmert und auf Vinyl oder eben auch in Einsen und Nullen gebannt.

X RAIDERS pfeifen oder besser: rotzen aufs Altwerden

Was erwartet einen hinter dem markigen, an Tom Of Finland erinnernden Cover? Die unendliche Genrewunderkiste spuckt ein TURBONEGRO´n`Roll aus. Das sollte einem schon mal den Wink geben, das Ganze nicht zu bierernst zu nehmen.

Textlich gesellen sich denn auch krude Partyfummel-Eskapaden zu Alltagskleinoden eines hard-working Rockstars; sei es im Zug, dem ”Meat Market” oder im ”Ice Cream Truck“. Das einzige Bild, das einem dabei aber in den Sinn kommt, ist Mutti, die draußen im Van wartet, weil die ”toughen” Jungs zeitig ins Bett müssen. Und was wird musikalisch geboten?

Konzentrieren wir uns also auf die TURBONEGRO-Huldigung. Die erdige Liveeinspielung schafft es hier ganz gut, die Räudigkeit, die den Texten fehlt, über die Musik zu retten. An Energie und Spielfreude ist da auch einiges einzufangen. Dabei geht es in so mancher Passage deutlich metallischer als bei den großen Vorbildern zu.

”Ride East” rumpelt zu Beginn mit schwarzmetallischem Tremolo los. ”Fleshwolf” wildert eher im MOTÖRHEAD-Lager. Sänger Daniel erinnert dabei nicht selten an DANKO JONES und hat scheinbar ein Faible für deutsche Lyric-Einsprengsel.

”Weltenschmerz 89“ – die Vergänglichkeit des Moments

Überspringen wir die Frage, was zum Teufel der Bandname soll und schauen lieber, wie weit es mit der Herrlichkeit gediehen ist. Zum Glück ist die Midlife-Crisis von der Dreißig ja noch ein Stück entfernt. Das bedeute zum einen, dass die fünf Holländer noch Zeit haben, zu reifen. Was sie auf ”Weltschmerz 89” treiben, hat sicherlich seine Momente. Der Spielwitz stolpert aber zusehends über das doch arg ausgelutschte Songwriting.

Zum anderen stehen die Jungs von X RAIDERS entsprechend noch voll im Saft. Und das könnte die Chose retten. Wenn das eher schale Rock´n´Roll-Gebräu mit ausreichend Schweiß in Kontakt kommt, könnte es durchaus zu einer interessanten Mixtur werden. Die Chancen stehen ganz gut, dass das Konzept live zündet: Dann wartet Mami zwar immer noch im Van, aber Sohnemann lässt aufm Tresen talentiert die Hosen runter und den Weltenschmerz für kurze Zeit in Vergessenheit geraten.

25.01.2020
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