Der große Monatsrückblick
Die zehn besten Alben im November – Monatsrückblick, Highlights und Gurken

Special

Der große Monatsrückblick

Neulich in den heiligen Hallen der metal.de-Redaktion…

Montagmorgen, 07:53 Uhr.

Ich schließe die Haustür zur Redaktion auf – und Kollege Marek kommt mir entgegen. Unsicherer Gang, die Schiebermütze umgedreht, und hinter der Pilotensonnenbrille erkenne ich schwarze Augenringe, die bis unter die Nasenflügel reichen. „Chef“, raunt er, „ich hab’s geschafft…“ Die Finger seiner rechten Hand zucken, als wenn er Gitarre spielen würde. „Was denn, Kollege?“ Marek wankt, sagt aber nichts. „Warst Du das ganze Wochenende in der Redaktion?“ – „Rudi und Klaus feiern Goldhochzeit!“ Seine Mundwinkel zucken und verziehen sich zu einem schiefen Lächeln. „Du hast Dir also wirklich für dieses Special alle SCORPIONS-Platten seit 1789 vorgeknöpft“, frage ich. „Sicher! Und alle Bonus… Boni… Bono…“ Hier stockt seine Stimme, und er bekommt einen Hustenanfall. „Kollege, wird Zeit, dass der Wind Of Change jetzt auch für Dich weht! Mach mal Holiday, damit du ab morgen wieder wie ein Hurricane rocken kannst. Ruh dich aus, Klaus… äh… Junge!“

Montag, 10:14 Uhr.

„Du hast eine UV-Licht-Lampe?“, frage ich Kollege Klaas, als ich sein Büro betrete. „Für die Pflanzen, oder?“ – „Nein, natürlich nicht. Schlechte Laune, Winterblues und so, davon ist doch in den Nachrichten immer die Rede, dass man in der dunklen Jahreszeit…“ – „Leg doch die neue ESKIMO CALLBOY auf“, grölt Jan, der ihm gegenüber sitzt, „für einen Lachkrampf sind die immer gut!“ Anton stimmt in das Gepöbel mit ein: „Bei Marek im Büro müsste noch die Gesamtausgabe der SCORPIONS rumfliegen. Da bekommt man Frühlingsge…“ – „Jajaja, ich habe da eine Idee…“ – „Dann hau rein!“

Montag, 11:47 Uhr.

„Wo ist eigentlich Stephan?“, frage ich Kollege André, der sich gerade in der Küche am Kühlschrank zu schaffen macht. „Den habe ich das letzte Mal am Freitag gesehen, als er sich diese ganzen Black-Metal-Scheiben vorknöpfen wollte. Diese 7″-Sonderausgaben und Kleinstauflagen, du weißt Bescheid.“ Als Son of Northern Darkness und Krachbeauftragter vom Dienst müsste André eigentlich Bescheid wissen, wo sich unser Permafrost-Spezialist aufhält. „Keine Ahnung!“, grunzt er mir entgegen, um im nächsten Moment einen Lachanfall zu bekommen. „Stephan, komm aus dem Kühlschrank raus! Und halt verdammt nochmal die Kippe aus meinem Grießbrei!“ – „Lass mich los“, krächzt Stephan, „und mach das verdammte Licht aus!“ Kopfschüttelnd mache ich mich auf den Weg zu meinem Büro und höre vom Dialog zwischen André und Stephan nur noch was von „Alter“ und „Feeling“…

Montag, 13:00 Uhr. Ressortleiterkonferenz.

„Mädels, welche Themen stehen jetzt eigentlich für den kommenden Monat auf dem Programm?“, frage ich in die Runde. Betretenes Schweigen. „Okay, dann macht euch jetzt alle mal beim Mittagessen und dem Erdbeerdessert darüber Gedanken, okay!?“

Letztlich hat doch noch alles geklappt. SCORPIONS-Special, Anti-Winterblues-Special, der Bericht vom Euroblast Festival in Köln trudelte auch noch ein und Stephan hat seine eigene Obskuritäten-Rubrik bekommen und seinen Nachnamen nordisch-frostig in Møller abgeändert. Und André hat sofort ein Foto von Stephan gemacht, nachdem er ihn aus dem Kühlschrank gezogen hat…

Was der nächste Tag bei metal.de so mit sich bringt? Schaun ‚mer einfach mal!

Eckart & metal.de

Mist, hier tut was nicht.Whoops! Hier sollte eigentlich ein Video- oder Audio-embed erscheinen. ...

Geben Underground-Tipps und schwärmen von wiedererstarkten Legenden: Corny und Stephan von AHAB

ILL NEGLECT – Reality Tunnels

„Kein Gore, kein Porn, kein Scheißdreck, sondern richtiger, echter Grindcore!“ (Corny)

BEN HOWARD – Every Kingdom

„Kenne ich dank The Walking Dead. ‚Oats In The Water‘ = Übersong.“ (Stephan)

HERCULES PROPAGANDA – Scream For Action

„Wie JUDAS PRIEST, bevor sie diesen Metalscheiß gemacht haben. Sexy Bühnenshow mit roten Lackstiefeln und so.“ (Corny)

GOJIRA – L’Enfant sauvage

„Megageil! GOJIRA haben in den 2000ern für mich den Metal gerettet.“ (Stephan)

BLACKSMOKER – Origins

„Ein bisschen die Ecke RED FANG und CLUTCH, machen aber deutlich mehr Bumms.“ (Corny)

DEAD EYED SLEEPER – Gomorr

„Ganz frech ein bisschen Eigenwerbung für die nächste Platte unserer Zweitband.“ (Stephan)

EKRANOPLAN – Ekranoplan

„Wirklich furchtbarer Lärm – und ebenfalls ein Nebenprojekt von mir!“ (Corny)

YOB – Clearing The Path To Ascend

„Die AHAB-Konsens-Band. Die finden wirklich alle gut.“ (Stephan)

VOIVOD – Target Earth

„Tatsächlich mal eine nicht schwache Platte nach ‚Phobos‘!“ (Corny)

THRASH, THRASH und nochmal THRASH!!! Das war im November die Devise der Jungs von SKELETON PIT. „Chaos At The Mosh-Reactor“ versetzt euch mal flugs in die Bay Area des Jahres 1983. Der Groove von TESTAMENT, die Solos von EXODUS und ein einzigartiges Kribbeln, wie es zuletzt METALLICAs „Kill ‚em All“ hervorgerufen hat – Thrash-Jünger aufgepasst: SKELETON PIT dürfen ganz heiß gehandelt werden.

Schnappt euch eure Ausrüstung und begebt euch mit BODYFARM auf den nächsten Kriegspfad! Macht euch dabei aber auf eine Reise durch alle bewaffneten Konflikte des Mittelalters und der Neuzeit bereit. Hellebarden sollte also genau so viel Aufmerksamkeit geschenkt werden, wie Raketenwerfern und Cluster-Bomben. Dann erwartet euch mit „Battle Breed“ eine ausgewogene Schlacht. Etwas Schwertkampf hier, etwas Stellungskrieg da – so muss das sein. „Battle Breed“ ist das ideale Partyalbum und macht von Anfang bis Ende Spaß.

CORAXO sind eine dieser Bands, die bereits mit ihrem Debüt einen ausgereiften Batzen Musik am Start haben. Die Verbindung von melodischem Death Metal mit elektronischen Elementen und der gewissen Portion künstlerischem Anspruch macht „Neptune“ zur erfrischenden und überraschenden Angelegenheit. Solch ein abwechslungsreiches und im Gesamtpaket überzeugendes Album schaffen andere Bands oft erst mit ihrem dritten oder vierten Output.

Bei Retro-inspirierten Bands darf man zwar öfter über Originalität streiten, das interessiert GIUDA aber keinen Deut. Mit ihrem Charme, der wunderbar altbackenen Produktion und der enormen Hitdichte lässt „Speaks Evil“ alle Zweifler links liegen. Außerdem ist es das vielleicht beste Mittel gegen kalte und eingeschlafene Füße im Winter. „Speaks Evil“ bringt endlich wieder Farbe in euren tristen Retro-Rock-Alltag!

Manch eine Band nimmt sich eben etwas mehr Zeit. Bei ATRORUM war es fast ein Jahrzehnt, das vergehen musste, um Album Nummer drei zu veröffentlichen. Im Gegenzug präsentieren die Münchener ein Werk, dessen Facettenreichtum vielleicht kein neunjähriges, aber doch ein sehr intensives Befassen mit „Structurae“ rechtfertigt – vor allem für den musikalisch offenen Geist. Gerade die vermeintlichen Gegensätze kristallisieren sich im Sound des Duos immer wieder als zentrale Fixierung ihres künstlerischen Anspruchs heraus. Ach, und ganz nebenbei: Die Texte sind in sechs verschiedenen Sprachen verfasst. Gut, kann man machen – spannend klingt das in der Theorie allemal, also eintauchen!

Liebhaber des jazzigen Metals (oder des metallischen Jazz) können sich seit jeher auf die Meister der Verkrassung verlassen. Denn das Münchener PANZERBALLETT unter Leitung von Jan „Kabelkappe“ Zehrfeld legt mit seinem neuen Album „Breaking Brain“ mal wieder ein amtliches Brett vor. Die Scheibe ist einerseits zugänglich, lässt andererseits aber nichts an Intensität vermissen. Die wie üblich höchst virtuose Riffakrobatik und das professionelle Arrangement machen aus dem fünften Album eine der besten Veröffentlichungen, die der Jazz-Metal zu bieten hat. Geil? Geil!

 

Dissonant und vertrackt sind sie, die Riffs auf dem zweiten Studioalbum von VOID OF SLEEP. Aber vor allem „eine Wucht“, wie Kollege Jan Ole findet. Beim debüt agierten die Italiener noch wesentlich „sludgeiger“, anno 2015 regieren indes die progressiveren und soomigeren Klangbilder. Es kommt selten vor, dass der Bass explizit gelobt wird, daher hört ganz genau auf die Bassspuren von Paso, wenn ihr euch „New World Order“ einverleibt, die der Combo schon jetzt einen eigenen Bandspund verpasst.

Auch für die Knüppelfraktion gab es im November einiges an gutem Futter zu vermelden. Ein Paradebeispiel für anspruchsvolle Musik von erfahrenen Musikern lieferten DOWN AMONG THE DEAD MEN mit ihrem neuen Hassbatzen „Exterminate! Annihilate! Destroy!“ ab. Dave Ingram am Mikro (reicht eigentlich schon für eine gute Bewertung), Rogga Johansson an der Klampfe – da kann nicht allzu viel schief gehen, oder? Dementsprechend ist „Exterminate! Annihilate! Destroy!“ eine prima Steilvorlage um die Matte kreisen zu lassen.

40 Minuten voll auf die Omme, die ganze Scheiße da draußen ausblenden und einmal gepflegt abgehen? Das könnt ihr mit dem neuen HATESPHERE-Album „New Hell“. Neben dem ganzen Geknüppel haben die Dänen allerdings auch die eine oder andere atmosphärische Passage am Start – obgleich die schnellen, ungehobelten Momente auf lange Sicht mehr Wirkung entfalten. Nichtsdestotrotz: Anschmeißen und abgehen!

Die stilistischen Mittel, derer sich INTRONAUT auf ihrem neuen Werk „The Direction Of Last Things“ bedienen, sind erwartungsgemäß äußerst breit gefächert. Dennoch ist stets der ganzheitliche Ansatz der Kalifornier zu erkennen. Anspruchsvolle Musik mit viel Tiefgang und Langlebigkeit, dabei dennoch schnell reinhörbar und mitreißend – INTRONAUT zeigen erneut, wie’s geht.

 

Die Gurken im November (Teil 1)

THE FIFTH ALLIANCE aus den Niederlanden wollten im November eine Post-Metal-Walze auf die Hörerschaft loslassen – und sind grandios gescheitert. Bravo! Eindimensionale Vocals, spannungslose, dissonante Musik und wenig Abwechslung machen „Death Poems“ zu einem Werk, das man links liegen lassen sollte.

„Legione“ beweist eindrucksvoll, warum es DEATH DIES während ihrer gut 20-jährigen Karriere zu keiner Aufmerksamkeit geschafft haben, selbst im Underground nicht. Mit „Legione“ bekommt man eine Compilation geliefert, die Songs von DEATH DIES und anderen Bands enthält, in denen die Bandmitglieder spielen. Die unterschiedlichen Produktionen und die einfallslose Musik, die nur selten Lichtblicke erkennen lässt, sorgen dafür, dass DEATH DIES auch mit „Legione“ nichts reißen werden.

Zuckerbrot und Peitsche – das müssen THE ARRIVAL OF SATAN noch lernen. Die Band ist zwar vor allem extrem, doch das Händchen für gutes Songwriting fehlt ihr noch. Man sollte den Hörer eben nicht nur niederknüppeln, sondern ihm auch zwischendurch ein Schmankerl überreichen. Das verpasst die Band auf „Passion Sodomy Terror“. Fazit: Setzen, Sechs!

Die Gurken im November (Teil 2)

SUICIDE SILENCE befinden sich seit dem Tod ihres Frontmanns auf einem abknickenden Ast. Das beweist auch die „Sacred Words“-EP. Riffs, die Bands wie JOB FOR A COWBOY schon vor etlichen Jahren besser und spannender hervorgebracht haben, Breakdowns aus der Dose und auch sonst das übliche Futter. Lediglich Eddie Hermida sorgt für einen stimmlichen Mehrwert – das macht den Braten aber auch nicht mehr fett.

Lange Spieldauer und mindere Qualität, eine ziemlich bescheidene Mischung, nicht? WOEBEGONE OBSCURED juckt das aber nicht die Bohne, und so werfen sie auf ihrer EP „Deatscape MMXIV“ mit Stangenware-Riffs, nervigem Klargesang, uninspiriertem Akustikgezupfe und Samples um sich. Laaaaangweilig!

MEMENTO wollen die Missstände unserer Zeit anprangern. Schade nur, dass sie einer davon sind. „Architects Of Destruction“ bietet 08/15-Metalcore-Geschrammel, fehlende Abwechslung und Biss sowie viele unnötige Albernheiten. Das muss nicht sein und hat man schon tausendfach besser gehört.

Top Ten: Diese Platten rotierten im November in unseren Anlagen

MICHAEL KLAAS

SVEN LATTEMANN

 

ANDRÉ GABRIEL

STEPHAN MÖLLER

09.12.2015
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