Die 10 ...
Die 10 besten Thrash-Alben mit Cover von Ed Repka

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Die 10 ...

Dem Death Metaller geht nichts über einen gut abgehangenen Mitneunziger-Seagrave, der Thrasher fängt beim Spätachtziger-Repka an zu sabbern. Und überhaupt: Das Auge hört mit. Daher werden in einer Mischwertung aus Cover und Musik an dieser Stelle 10 bemerkenswerte und von Ed Repka veredelte Thrash-Alben gewürdigt – jenseits von „Rust In Peace Sells…“ und bei Metal.de existierenden Reviews. Neben MEGADETH sind also auch zum Beispiel MUNICIPAL WASTE und HYADES raus. So viel zum reißerischen Titel.

Bei Punktgleichstand gibt die Musik den Ausschlag. Den bösartigen, wenn möglich eitrigen.

 

10. TOXIC HOLOCAUST – Hell On Earth (2005): 13 Punkte

Der Repka:

Klassisches Motiv, solide und routiniert umgesetzt: Das Zombie-Art-Äquivalent eines besseren MOTÖRHEAD-Songs der letzten 20 Jahre. Oder der „Vier Jahreszeiten“ bei Luigi um die Ecke. Nicht wirklich pulssteigernd, aber geht eigentlich immer.

7/10

 

Die Platte:

Joel Grind ist ein guter Junge. Seine blondierte Matte wird von einem Stirnband leidlich gebändigt, er wirkt insgesamt wie ein etwas schüchterner junger Mann, der sich nicht ganz entscheiden kann, ob er lieber als Haarspray-Rocker oder als Surfer gehen möchte. Er ernährt sich rein vegan und macht gern mit Freunden Musik.

Seine Band heißt TOXIC HOLOCAUST, er brüllt auf der Bühne stets wie am Spieß und verhandelt hinterm Mikro neben Massenmord auch generell Krieg, Vernichtung und Zerstörung sowie Folter und ganz generell schlechte Laune. Radioktivität und Zombies tun ihr Übriges. Ein Nebenprojekt seinerseits nennt sich YELLOWGOAT und huldigt ausschließlich dem Gehörnten.

Sein Fall wirft Fragen auf – an uns alle, denn wir sind alle Teil dieser Gesellschaft. Beispielsweise diejenige, wie es eine einzige Person hinbekommt, sich über Jahre konstant derart coole Riffs aus dem Ärmel zu schütteln und dabei auch noch die gesamten Aufnahmen fast im Alleingang zu erledigen. Oder warum nicht noch viel mehr Leute siffigen Proto-Thrash mit Hardcore-Groove verschärfen und mit schwärzestem Gesang sowie Gangshouts veredeln. Oder warum nicht mehr Bands einsehen, dass bunte Cover gute Cover sind.

„Hell On Earth“ ist jedenfalls das zweite von mittlerweile fünf Alben TOXIC HOLOCAUSTs, bietet Griffiges für den Nacken und rattert schön primitiv nach einer knappen halben Stunde über den Jordan. Zwar haben insbesondere die beiden folgenden Alben für meine Begriffe die größeren Hits an Bord, dennoch regelt Herr Grind hier schon ganz ordentlich. Wobei ich trotzdem sagen muss, dass ich mir den Begriff „Holocaust“ nicht auf die Jacke nähen würde. Obwohl der gute Joel (s. o.) natürlich keinerlei Verbindungen zum Nazitum zieht und obwohl bzw. gerade weil das Ganze nur ein derber Splatterspaß ist. Die Frage sei erlaubt: Warum nicht eleganter TOXIC GENOCIDE? TOXIC ANNIHILATION? TOXIC GENOCIDAL ANNIHILATION… MASSACRE? Hä?

6/10

9. CONDITION CRITICAL – Operational Hazard (2013): 15 Punkte

Der Repka:

„Schwester Margret, starren Sie schon wieder auf mein Hirn?“

„Ach, Herr Doktor! Das ist aber auch wirklich ein außergewöhnlich schönes Exemplar, golden und groß! Und ich habe heute noch nichts gegessen…“

„Sie dürfen sich später etwas aus dem Patienten aussuchen, Schwester. Aber erst muss ich hier noch einiges in Ordnung flexen.“

„Herr Doktor, wahre Kunst kommt von innen.“

8/10

 

Die Platte:

Im Netz wird versucht, den Jungs von CONDITION CRITICAL den Ehrentitel „DEMOLITION HAMMER Jr.“ anzuheften. Das ist meiner Ansicht nach etwas zu hoch gegriffen. CC aus New Jersey preschen zwar auch ziemlich rabiat durch die Botanik, ein derart fieses Frühe-KREATOR-Geschredder wie die New Yorker Abrissbirne um Steve Reynolds auf „Tortured Existence“ und „Epidemic Of Violence“ stellt „Operational Hazard“ allerdings nicht dar. Der (wechselnd vorgetragene?) Gesang hat bei CC zwar einiges an Mille (mit einem Hauch Gerre) in sich, kommt in Punkto bösartiger Hysterie aber nicht an den jungen Professor Petrozza bzw. Doktor Reynolds heran. Auch fehlen den Songs für die höchstinstanzliche Zerstörungs-Approbation die sich ins Langzeitgedächtnis fräsenden Riffs und Refrains.

Aber das ist Gemecker auf hohem Niveau: Die Operation „amtliches Gemetzel“ ist durchaus gelungen: Der Schlagzeuger hat zwölf Beine, Verschnaufpausen liefern uns die Sechssaitigen kaum, die Soli verdienen ihren Namen und der Bass untermalt das Ganze schön verzerrt. Besonders gelungen: Das zwischen Gebretter und Shouts eingeschmuggelte Solo in „Morning Sickness“, das „Go!“ in „Sector 16“ sowie die erneute Tempoverschärfung in der zweiten Hälfte von „Shock Therapy“.

7/10

 

8. TOXIK – „World Circus“ (1987): 15 Punkte

Der Repka:

Die Kraftwerkstürme aus der Mitte des Zeltes rauchen bedrohlich schwarz vor giftgrünem Hintergrund. All überall wird gekämpft und der Clownspolitiker lädt uns zur finalen Vorstellung ein, den Daumen bereits zärtlich auf dem roten Knopf abgelegt. Klassisches Szenario, etwas unspektakulär.

6/10


Die Platte:

Was wäre so richtig scheiße? Wenn Heino auf einmal mit Totenkopfring den Harten mimen und das blöde Rockervolk das augenzwinkernd als Wertschätzung der eigenen Musik durchwinken würde? Wenn Hannemann tot, Lombardo raus und Araya wie ein fülliger Mario Adorf als Indianerhäuptling mit Rücken rüberkommen würde – und SLAYER trotzdem nicht abdankten, solange man es ihnen noch nicht danken müsste? Oder wenn John Arch, der alte Fußnägel-Aufroller, den Thrash unterwandern würde? Den THRASH!?

Yep, zumindest für letzteres hätte man die Amis von TOXIK um ein Haar verantwortlich machen können. Deren Sänger Mike Sanders klingt in einigen Passagen tatsächlich fast wie die ehemalige Heulboje von FATES WARNING. Insgesamt kommt er aber aufgrund seiner energischen Intonation doch dem Geoff Tate der frühen QUEENSRYCHE-Großtaten deutlich näher; von daher kann Entwarnung gegeben werden. Und mehr als das: Das Debüt von TOXIK ist und bleibt ein bombiger Geheimtipp, wird die glockenklare Stimme doch durchgängig von rasanten Riffs und einem gut hörbar galoppierenden Bass vor sich her getrieben.

Die zehn Songs auf „World Circus“ donnern zwar strukturiert, aber immer latent wahnsinnig und so schön überdreht durch die Manege, dass jeder ahnungslose Youtube-Zapper erschrocken zurück in den sedierenden IN-FLAMES-Hafen flüchtet. Der Titelsong mit seiner hinterhältig eingeflochtenen Zirkusmelodie treibt das Ganze auf die Spitze; wenn der Heath-Ledger-Joker im Adrenalinrausch seine soziale Ader erkennen und den Zustand der Welt anprangern wollte – seine Band würde mit diesem Song in ihr Set einsteigen. Geile Scheibe!

9/10

Nebenbei: Bei vielen noch höher im Kurs steht die Folgescheibe „Think This“, die jedoch durch viele Zwischensamples im Vergleich etwas an Dynamik verliert und der auch dieses abgedrehte Over-The-Top-Feeling von „World Circus“ insgesamt etwas abgeht. UND auf „Think This“ befindet sich eine Ballade, von deren Lyrics ich mich bis zur Stunde nicht erholt habe. Als ob Helene Fischer mit der Übersetzung eines von allen Ecken und Kanten befreiten Fontane-Gassenhauers den englischsprachigen Markt knacken wollte. Da stand der Zaun meiner Jugend, als Eden noch war auf Erden…

„There stood the fence that penned me in when I was younger

This was the house where we all stayed

There was a tree we used to hang out under

This was the place where I played

But now that’s gone so I have to wonder

Is it worth the price we pay?

A long range test has put us under

And made us go away, go away…

This was the town where all my friends and I had grown up

The only place I’ve ever known

A long gray street with some houses built on it

Less than perfect but it was home…

Usw.

 

7. NUCLEAR ASSAULT: Game Over (1986): 16 Punkte

Der Repka:

Plattentitel und Cover passen perfekt zueinander, hier wird die finale Brandstiftung im ganz großen Stil abgehandelt. Das habt ihr jetzt davon, ihr da oben! Das habt ihr jetzt davon…

9/10


Die Platte:

Offene Karten: „Game Over“ ist in Ordnung, gilt aber nur wegen seiner frühen Geburt und eben wegen des Covers als Klassiker. Erschienen im Jahr des Tschernobyl-Gaus bringt das Ding nach heutigen Maßstäben keine Reaktorhülle mehr aus der Fassung. Wobei man schon fair bleiben muss: Geil ist wie immer der hysterisch-hohe Gesang John Connellys, der Bass von Dan Lilker rattert sich schön verzerrt den (räudigen) Wolf, das Tempo ist auch überwiegend halsbrecherisch und die Punk-Kante stilbildend für den Ostküsten-Sound. So weit, so passend zum nuklearen Armageddon.

Die Arrangements allerdings muten bisweilen etwas ungelenk an, so manches Break wirkt gewagt, so zum Beispiel das in „Betrayal“. Das kann man meinetwegen kultig und charmant finden, in diesem Fall empfinde ich es als Wermutstropfen – und zwar nicht als einzigen. Denn neben Krachern („Sin“ zum Einstieg!) gibt es auch eher Monoton-Bemühtes („Stranded In Hell“). Die wohl scherzhaft gedachten Jingle- („Mr. Softee-Theme“) oder Grind-Einschübe (das sehr subtil betextete „Hang The Pope“) sind meines Erachtens auch nur leidlich originell.

Und noch ein Wort zu den Texten: Das gesellschaftskritische, fast schon linksliberale Image der Band bestätigen diese eigentlich nicht. Später gab es zwar lyrisch ein bisschen Umweltschutz und viel später auch obskure Institiutionen-Kritik, alles in allem geht es aber, vor allem auf „Game Over“, großteils um Tod und Teufel. Und bei „My America“, einem Cover der F.U.s, hoffe ich jedenfalls seit Jahren, sicher zu sein, dass es sich hierbei selbstverständlich um einen sarkastisch verstandenen Text handeln muss… aber wer weiß das schon. Na ja, jeder, wie er mag.

Wie auch immer: Ihren kreativen Höhepunkt hatten NUCLEAR ASSAULT später mit „Handle With Care“, ihr LP-Einstand ist die noch etwas unausgereiftere Blaupause. Aber mit einem geilen Cover.

7/10

 

6. UNCLE SLAM – Will Work For Food (1993): 16 Punkte

Der Repka:

Onkel Sam hat Löcher im Wams und schaut auf die Trümmer seiner Nation. Schon okay. Geil allerdings ist die Farbgebung in Pink und Violett. Ernsthaft jetzt, Schwarz, Rot oder Grün können da nichts im Vergleich. Ist das jetzt schon eine politische Aussage?

8/10

 

Die Platte:

Etwas fragwürdige reaktionäre Polemik muss sein: Aus feinen Rohstoffen kann bei willkürlicher bis obszöner Vermischung Unverdauliches werden. Weder Limette noch Holunder und schon gar nicht Tequila gehören ins Bier. Sozialkritik hat nichts im Death Metal zu suchen. Und generell sind Genre-Grenzen gut, da sie Orientierung schaffen und die Identitätsbildung erleichtern. Eine Ausnahme muss allerdings gemacht werden: Thrash Metal und Hardcore sei es erlaubt, sich im Circle Pit zu vereinigen. Denn Nachbarn sind die beiden ohnehin und Bands wie UNCLE SLAM müsste ich sonst blöd finden.

Die Kollegen sind nämlich eigentlich eine Hardcore-Band mit Metal-Songs oder eine Metal-Band, die Hardcore spielt. Auf ihrem zweiten Album „Will Work For Food“ gelingt ihnen die Symbiose meines Erachtens am furiosesten. Voluminös produziert schießen einem hier die Riffs in alle rocktechnisch nutzbaren Körperteile, also bei gutem Willen eigentlich alle. Der Thrash im Akkord bewegt den Kopf, der Groove verleiht Griffigkeit und bringt Arme und Beine in Wallung. Und im Refrain wird man regelmäßig von der Straßengang des Vertrauens angebrüllt. Wundervoll.

Garniert wird alles von der prägnanten Stimme des Gitarristen und Sängers Todd Moyer, der zwar kaum von der Stimmfärbung her, aber von der Intonation der Vokale des öfteren interessanterweise an den guten (sehr) alten Lemmy erinnert.

Und eine coole Coverversion ist auch dabei.

8/10

 

5. DEATHRAISER – Violent Aggression (2011): 16 Punkte

Der Repka:

Oktober 2014: 2384 Personen mögen das: „Chemiekarpfen2011Official“. Das hätte vor Jahren auch keiner gedacht, zumal andere Personen auf dem Bildnis (vermeintlich) dominanter in Erscheinung treten als der Flossenfranz vorne rechts…

[edit.: Es müsste natürlich heißen: Der Bouzikov…]

7/10

 

Die Platte:

Mannomann. „DEATHRAISER“ heißt die Truppe, ihr Album hört auf den Namen „Violent Aggression“. Ach, potztausend: Thrash Metal wird geboten? Leute, mehr Baukasten ging wohl nicht mehr? Fix waren die Jungs in der 08/15-Schublade – und hatten diese noch rasanter wieder aufgetreten. Denn anstatt sich irgendwo auf den billigen Plätzen innerhalb des ausufernden Thrash-Revivals niederzulassen, preschen DEATHRAISER rücksichtslos und geradezu unappetitlich aggressiv nach vorne und benehmen sich mit weit aufgerissenen Fratzen, Hosenbeinen und Verstärkern daneben.

„Violent Aggression“ nämlich klingt wie der Bastard, den „Beneath The Remains“ und „Agent Orange“ auf der 89er-Tour von SODOM mit SEPULTURA auf Speed hinterm Herrenklo gezeugt haben. Unglaublich, welche Energie die jungen Brasilianer freisetzen. Hier wird zwar tatsächlich nichts Neues erfunden, und herausragendes Songwriting stelle ich auch nicht fest – aber ein derartiges permanentes Feuern aus allen Rohren zielt erstens ohnehin nicht auf den konzentrierten Kunstgenuss auf der Kultur-Couch, sondern auf die niederen Instinkte. Und zweitens muss ich sehr stark überlegen, ob mir so eine Wumpe diesseits der ersten Attacken von EXODUS, KREATOR oder DARK ANGEL bzw. meinetwegen auch MORBID SAINT überhaupt schon mal untergekommen ist… Knappe halbe Stunde Vollgas immer haarscharf am Chaos vorbei und ab dafür.

Bitte vor Genuss auf jeden Fall die Gurte anlegen – die Nietengurte.

Kleiner Scherz: die Patronengurte.

9/10

 

4. POSSESSED – Beyond The Gates (1986): 17 Punkte

Der Repka:

Einfach mal die Klappe halten. Und diese dann mit beiden Händen nach links und rechts sowie folgend unten und oben öffnen. Denn dann präsentiert sich hinter den Toren eine Landschaft, die verstummen lässt. Voll in groß. MP3, du bist unwürdig, CD, du auch. Aber das wissen wir ja eh.

10/10

 

Die Platte:

Die Pubertät: Frei nach MORBID ANGEL verwandelt sie den Großteil der Teenie-Jahre in ein ausgemachtes Alter of Madness. Wenn der mittlerweile unter anderem bei PRIMUS erfolgreiche Gitarrist Larry LaLonde auf seine Zeit bei den Death-/Thrash-/Black-Metal-Pionieren POSSESSED bzw. damalige Promo-Fotos zurückblickt, na ja… Dann sollte er sich jedenfalls mal fragen, was bei ihm danach so alles schiefgelaufen ist! Denn seinerzeit hat er in unheiliger Allianz mit Basser/“Sänger“ Jeff Beccera den coolsten Stoff seiner Karriere fabriziert.

Natürlich war das härtere und vor allem atmosphärisch bösere Debüt „Seven Churches“ eine mächtigere Platte, der die Nachfolgerin „Beyond The Gates“ nicht das entweihte Wasser reichen kann. Dennoch: Nicht nur, weil Kassettenrekorder-Produktionen mittlerweile späte Anerkennung erfahren, geht das Ding als charmant rumpeliges, schwarzes Thrash-Statement durch – sondern auch, weil Songs wie das böse „The Heretic“ trotz allem schön räudig auftreten. Von LaLondes abgefahrenen Solo-Ansätzen über das ganze Album verteilt ganz zu schweigen.

Nö, ein Klassiker ist „Beyond The Gates“ deshalb bei aller Nostalgie immer noch nicht, aber brächte eine junge Band so ein Werk heute als auf 66 Exemplare limitierte Tape-Edition auf Sarlacc-Productions oder so raus, alle sabberten und bejubelten den authentisch bösen Retro-Vibe.

7/10

 

3. PITIFUL REIGN – Visual Violence (2008): 17 Punkte

Der Repka:

Das Monster demonstriert Traditionsbewusstsein. Es trägt nicht nur Lemmys Stonewashed-Hotpants aus den Achtzigern auf, sondern auch eine selbstbewusste Bierwampe mit sich herum – während seines Rachefeldzugs für das Radio. Der degenerierten MTV-Jugend wird mit ihrer eigenen VHS-Droge das Maul gestopft. Doch ach: Im Hintergrund wartet schon der Leibhaftige mit der CD…

Vielschichtig und brandaktuell wird hier Medien- mit Kulturkritik verbunden. Und die Frage bleibt: Wo soll das nur alles noch hinführen…?

9/10

 

Die Platte:

PITIFUL REIGN. Hä? SLAYERS Dritte für Arme? Wenn sich eine Thrash-Band so nennt, dann fragt man sich schon, ob diese Art der vorauseilenden Selbstkritik im Zweifel karrierefördernd wirken wird. Zumal die jungen Briten Understatement eigentlich gar nicht nötig haben. Denn ihr Einstand „Visual Violence“ kann einiges. Im guten Sinne wertkonservativ schnappen sich die Kollegen das Gute aus den verschiedenen bedrohlichen Ecken des Genres und destillieren daraus eine hinlänglich bekannte, aber doch scharfe Pulle an Good Friendly Violent Fun.

Exemplarisch sei der sich im Mittelteil des Albums befindliche 7,5-Minüter „Malevolence Of The Butcher“ genannt, der nach kurzem melodischen Intro mit einem Early-METALLICA-Riff loslegt und dann im gehobenen Midtempo zu stakkato-artig herausgebellten Vocals Fahrt aufnimmt. Letztere werden passend zum „Butcher“ im Titel von schmierigen Spitzen im Sinne DESTRUCTIONs gekrönt. Im Mittelteil treten die Gitarren zurück und der auch im Übrigen stets deutlich hörbare Bass im Stile von OVERKILLs D.D. Verni übernimmt kurz das Zepter, bevor der Song nach einem flinken Gitarrensolo wieder Fahrt aufnimmt. Die Dynamik des Tempowechsels ist PITIFUL REIGN bekannt, für die nötige Abwechslung gesorgt. Die übrigen Songs sind zwar kürzer, stilistisch jedoch vergleichbar und qualitativ ebenbürtig. Ein Anspieltipp ist vor allem noch „D.I.V.E. “ mit seinem simpel-eingängigen Refrain und der EXODUS-Headbanger-Gedächtnismessage. Textlich bewegt man sich im Spannungsfeld eines soliden (Kettensägen-)Massakers alter Schule („Human Coleslaw“, „Malevolence Of The Butcher“), Mortal Kombat („Fatality“) und „Thrash Boobs And Zombies“. Parallelen zu den ungleich erfolgreicheren Partymonstern von MUNICIPAL WASTE sind nicht von der Hand zu weisen.

Und so ist „Visual Violence“ eine abwechslungsreich und versiert dargebotene Genre-Scheibe der gehobenen Güteklasse. PITIFUL REIGN haben ihre Lesson in Violence gelernt. Jeder mit der Party-Variante der Bay Area im Herzen, der zum Beispiel genannte städtische Müllabfuhr zwar für ihre Live-Shows liebt, aber auf Platte als etwas zu eintönig empfindet, sollte hier zugreifen.

Und um noch einmal auf den Einstieg zurückzukommen: An ihre Dritte kommen SLAYER im Leben selber nicht mehr ran. Wenn es gut läuft, höchstens noch an ihre Dritten… (Wobei: SLAYER sind SLAYER sind SLAYER. Nicht alles sollte dem Kalauer zuliebe diffamiert werden. Es gibt Grenzen…)

8/10

2. EVILDEAD – Annihilation Of Civilization (1989): 18 Punkte

Der Repka:

Strand ist die Hölle. Ohne Sonnencreme verbrennt man, mit ihr ist man sofort paniert. Die anderen Idioten haben für ihr Aussehen zu wenig an, die Scherbe im Sand sieht man generell zu spät, das Bier ist pisswarm und Salzwasser schmeckt nicht. Die Hölle. Die Hölle.

9/10

 

Die Platte:

Tja, EVILDEAD. Neben DEMOLITION HAMMER die beste der klassischen Genre-Bands aus der zweiten Reihe. Prinzipiell ist ihr Meisterwerk „Annihilation Of Civilization“ ein typisches Oldschool-Brett, das Ding hat ja auch schon 25 Jahre auf dem verseuchten Buckel. Und es ist landestypisch mit einer gewissen Hardcore-Kante und flächendeckend in die Refrains eingestanzten Gang-Shouts versehen.

Beim genaueren Hinhören offenbart sich aber im Gemetzel eine gewisse beiläufige Verspieltheit und Liebe zum Detail, die vor allem über die Gitarren transportiert wird. En passant wird dem aufmerksamen Hörer eine derartige Vielfalt an Riffs, aber auch Leads, Licks und Soli untergejubelt, dass man nur ehrfürchtig den eigenen Nacken zur Huldigung anhalten kann. Und dass gleich im Titelsong SLAYER elegant „zitiert“ werden, beweist auch eine gewisse Chuzpe. Positiv ist auf die lange Distanz auch, dass das Tempo durchaus variiert wird.

„Future Shock“ zum Beispiel ist eine mit angezogener Handbremse vorwärtsstampfende Generalabrechnung mit der Politik und vor allem deren militärischer Ausgestaltung. Die Gitarren klingen im Schlussdrittel parallel zum Text abwechselnd wie die niedergehende Rakete oder die auf sie folgende Sirene – das brennt sich ein. So schafft es die Band bei aller textlich und musikalisch transportierten Wut, abwechslungsreich zu bleiben, ihre Songs sind unterscheidbar und folgen nicht nur Schema F, das Gesamtwerk wirkt dennoch nicht zerfahren.

Mag sein, dass ich nostalgisch bin, da mich die Platte seit über 20 Jahren begleitet, aber „Annihilation Of Civilization“ gehört für mich zu den besten Thrash-Platten überhaupt. Und die Nachfolgerin „The Underworld“, ebenfalls Repka-veredelt, ist auch nicht schlecht.

9/10

 

1. VIO-LENCE – Eternal Nightmare (1988): 19 Punkte

Der Repka:

Erst die Doku über die STONES und Jagger bei Arte, dann die Live-DVD von AEROSMITH und Tyler, abschließend Nosferatu mit Kinski und dann direkt ab in die Falle. Kein Wunder, dass dabei SO EIN Alptraum herauskommt. Wir konstatieren: Ad infinitum am Zäpfchen vorbeigereicht zu werden, ist verstörend.

10/10


Die Platte:

„Vater…“

„Ja, mein Sohn?“

„Ich… also ich…“

„Mein Sohn, sprich dich aus. Die Beichte wird dein Herz erleichtern.“

„Vater, ich mag Thrash Metal…“

„Gut so, gut, mein Sohn. Weiter…“

„Aber ich finde MACHINE HEAD blöd“.

„…“

„Vater?“

„Dann nimm doch VIO-LENCE“, da hast du Robb Flynns Killerriffs noch ohne Dicke-Hose-Aufplusterung und statt seines prolligen Geröhres geilen hohen Gesang à la NUCLEAR ASSAULT. Und einen coolen gezupften Bass dazu. „Eternal Nightmare“ ist jedenfalls ein Klassiker.“

„Aber Vater, alle meine Freunde sagen doch, Robb Flynn habe erst mit MACHINE HEAD den Thrash neu definiert und auf die nächste Ebene gehoben…“

„Eben. Du musst noch viel lernen.“

9/10

02.10.2014
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