Die 11 ...
So viel Metal steckt in der Fußball-WM

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Die 11 ...

Die Fußball-WM 2014 in Brasilien läuft, und alle Welt redet über Fußball – wir auch! Als Musikmagazin bearbeiten wir unser Kerngebiet und fördern Erstaunliches zu Tage: So mancher Spieler ist mehr Heavy Metal als Joey DiMaio im Lendenschurz. Welche Band passt zu Kevin Großkreutz oder Lionel Messi, und welchen Stil verkörpert Mario Balotelli? Hier sind unsere Empfehlungen – die 11 plus Trainer!


Name: Faryd Mondragon
Kickt für: Deportivo Cali
Bei der WM 2014 am Ball für: Kolumbien
Unsere Empfehlung: Mittelalter-Metal

Als Faryd Mondragon das Licht der Welt erblickte, war die Welt noch nicht aus den Fugen. Ritterlichkeit war eine Tugend, ein Schiedsrichterwort noch qua blauen Blutes von Gewicht, das Rezitieren hymnischer Verse ging dem Edelmann auf dem Feld noch unfallfrei von den Lippen, ein Ball bestand aus einer Schweineblase und bei Begriffen wie „Torlinienkamera“, „Systemtrainer“ oder „Bierverbotimstadion“ hätten alle nur verständnislos das Haupt gewiegt. Der temperamentvolle kolumbianische Torhüter kann heute als einziger noch aktiver Zeuge dieser Epoche gelten.

Trivia: Laut Überlieferung rührt der Name Mondragon („Monddrache“) von der gewaltigen Kraft her, mit welcher der Straßenfußballer M. in seiner Jugend beim Abschlagtraining die umfunktionierten Dracheneier in Richtung Umlaufbahn beförderte.

(Foto: Rainer Ruber)

 

Name: Benoît Pierre David Assou-Ekotto
Kickt für: Queens Park Rangers
Bei der WM am Ball für: Kamerun
Unsere Empfehlung: BÖHSE ONKELZ

Fußball ist Leidenschaft. Was für den einen selbstverständlich ist, gilt anscheinend nicht für Benoît Pierre David Assou-Ekotto, seines Zeichens Verteidiger für Kamerun. Sinngemäß ließ dieser nämlich verlauten, dass er Fußball nicht der Leidenschaft, sondern des Geldes wegen spielen würde. Der daran anschließende Abschwächungsversuch, dass er zumindest keinen Hass für das Spiel mit dem Ball empfinden würde, macht die Sache nicht wirklich besser. Mit solch einer Einstellung könnte er sich aber glatt den BÖHSEN ONKELZ anschließen und Ende Juni geschmeidig den Hockenheimring rocken. Die Frankfurter waren schon immer dafür bekannt, kein Blatt vor den Mund zu nehmen und unterstrichen dabei stets ihre Glaubwürdigkeit. Doch wenn Geld im Spiel ist, ist nichts mehr so, wie es mal war – wie auch Benoît Assou-Ekotto weiß.

 

Name: Dr. Kevin Großkreutz
Kickt für: Borussia Dortmund
bei der WM 2014 am Ball für: Deutschland
Unsere Empfehlung: DIE KASSIERER

Das öffentliche Urinieren ist in dem meisten Gegenden dieser Welt eher verpönt. Das weiß man spätestens, seit ein gewisser Prinz Ernst August einen Messepavillion mit einer sanitären Anlage verwechselte. Eine der wenigen akzeptierten Ausnahmen (zumindest innerhalb der Metal-Gemeinde) ist das handelsübliche Sommerfestival, an dem entweder a.) der Bauzaun oder b.) die örtliche Vegetation dran glauben muss. Aber auch kurz vor dem härtesten Alkoholkoma würden die Wenigsten auf die Idee kommen, sich in die Lobby ihres teuer angemieteten Hotels zu erleichtern. Wer es dennoch wagt, so wie Borussia Dortmunds Allzweckwaffe Kevin Großkreutz, wird medial ziemlich an die Wand gestellt (08/15-Entschuldigung in der Bild-Zeitung inklusive).

Schlau wäre es gewesen, das Ganze im Nachhinein als Kunst zu verkaufen. Dann wäre Herrn Großkreutz ein Platz in der nächsten Bühnenshow von DIE KASSIERER sicher gewesen. Quasi als Live-Installation – bei jeder Show zu Fäkal-Pipi-Schweinereitexten hätte er das befreiende Ereignis noch einmal wiederholen können – inklusive dazu passendem Song. Da fiele den Jungs aus Bochum bestimmt was ein. Oder sie nehmen einfach „Das Schlimmste ist, wenn das Bier alle ist“. Passt auch. Und wenn es ganz eng wird, übernehmen einfach KNORKATOR.

Aber das schöne an der ganzen Sache ist ja eigentlich: Auch Fußballer sind nur Menschen, mit allen Schwächen und doofen Ideen, die das so mit sich bringt.

(Foto: Wolfgang Gauch)

 

Name: Andrea Pirlo
Kickt für: Juventus Turin
Bei der WM 2014 am Ball für: Italien
Unsere Empfehlung: Post Black Metal

Nicht jedem fällt es auf Anhieb auf, doch schaut man sich das Spiel des „Deutschland-Schrecks“ Andrea Pirlo an, so wird mehr und mehr deutlich: Der 35-jährige Italiener verfügt weder über die perfekte fußballerische Statur, noch ist er ein ausgebuffter Techniker. Genauso fehlt ihm die charakteristische Torgefährlichkeit aus dem Spiel heraus, die anderen Topstars auf seiner Position durchaus gegeben ist. Pirlo nimmt während einer Partie auf soziale Art und Weise wenig an seiner Umwelt teil – manchmal lächelt er nebulös, doch das hat definitiv Seltenheitswert. Ähnlich wie die mittlerweile als „Post-Stilrichtung“ verschriene moderne Version aus Rock und Black Metal, ist auch der Spielmacher ein Mann für die Momente und nicht für huldigungswürdige Technik, optische Düsternis und offensichtliche Extrovertiertheit. Immer wenn ein Ball am Freistoß- oder Eckpunkt liegt, dann ist Pirlo in seinem Element. Aus dem Nichts folgt eine schnittige Flanke oder ein mordsmäßig gefährlicher Torabschluss. Musikalisch gemünzt, erscheint diese Magie im Sinne der Atmosphäre, die immerzu dann erscheint, wenn es der Hörer am wenigsten erwartet – und dann schlägt es im Idealfall ein. Wer also beim nächsten Spiel der Italiener zufällig mal AGALLOCH, LANTLÔS oder ALCEST im Player hat, der wird die abstrakte Aura von Andrea Pirlo vielleicht sogar auch in der Musik erkennen.

(Foto: Ruth Gräbeldinger)

 

Name: Bastian Schweinsteiger
Kickt für: Bayern München
Bei der WM 2014 am Ball für: Deutschland
Unsere Empfehlung: METALLICA ab 1984

Dem Landbursch Bastian Schweinsteiger irgendwas Rasendes inklusive Pig Squeals nahezulegen, wäre unpassend. Schließlich bewegt sich der Herr mittlerweile getragen-majestätisch durchs Mittelfeld. PIG DESTROYER go home – der Etymologie ist nicht zu trauen.

Aufschlussreicher ist die metrische Ähnlichkeit der Daktylen „Schweinsteiger“ und „Stehgeiger“. Aller Routine und Übersicht zum Trotz – und auch die immer noch vorhandene Durchschlagskraft in Rechnung stellend – muss zweifelsfrei konstatiert werden: schneller sind andere.

 

Name: Miroslav Klose
Kickt für: Lazio Rom
Bei der WM am Ball für: Deutschland
Unsere Empfehlung: MOTÖRHEAD

Ganz klar: Herr Klose ist sowas wie der deutsche Alterspräsident bei diesem WM-Turnier – und wer kann sich Jogis Truppe schon ohne den sympathischen Angreifer vorstellen? Ähnlich wie bei den Urgesteinen MOTÖRHEAD, werden sowohl  Lemmy als auch Miro ihre aktive Karriere wohl einfach dadurch beenden, dass sie mit einem Knall von der großen Bühne verschwinden.
Mit seinen methusalemigen 36 (in Worten: sechsunddreißg!) Jahren muss sich Miroslav Klose fühlen wie Mister Lemmy Kilmister auf fast jedem handelsüblichen Festival: Überall irgendwelche wuseligen, aufgeregten Kiddies, die sich für eine große Nummer halten – und noch nicht halb so viel erreicht haben wie er selbst.

Und dennoch: Seit jeher ein Garant für solides Spiel, mit Hang zu genialen Momenten, reißt er sein Programm herunter und schont sich nicht – und wurde erst in der letzten Zeit aufgrund körperlicher Einschränkungen zur Zurückhaltung gezwungen. Aber Aufhören ist noch nicht: Solange der Körper mitspielt wird alles gegeben!

(Foto: Vince Röttgen)

 

Name: Hulk
Kickt für: Zenit St. Petersburg
Bei der WM am Ball für: Brasilien
Unsere Empfehlung: BOLT THROWER

Hulk, mit bürgerlichem Namen Givanildo Vieira de Souza, ist eine Kriegserklärung an jede gegnerische Abwehrreihe, getreu dem Motto: Wer braucht schon eine Armee, wenn er einen Hulk hat. Nicht von ungefähr kommt sein Künstlername: Diesen hat er seiner körperbetonten Spielweise und den grünen Trikots seines ehemaligen Vereins Tokyo Verdy zu verdanken. Hinzu kommt eine Schussgewalt wie eine Kanone, die jede Abwehr-Mauer in Deckung gehen lässt – wenn man denn schnell genug runter kommt.

Ein Spieler, wie eine Walze – der BOLT THROWER unter den Stürmern. Keine „Granite Wall“ ist hart genug, da hilft den Innenverteidigern auch kein Eingraben und kein „Anti-Tank“. Ist er einmal durchgebrochen und „Behind Enemy Lines“ kann auch der Tormann nur noch kapitulieren.

 

Name: Mario Barwuah Balotelli
Kickt für: AC Mailand
bei der WM 2014 am Ball für: Italien
Unsere Empfehlung: Balotelli ist Hardcore.

Keiner von der Straight Edge Fraktion – ein echter Super-Prolo. Wer erinnert sich nicht, als er im Juni 2012 das 1:0 gegen Deutschland holte, sein Trikot auszog und gute zehn Sekunden mit angespannten Muskeln und Psycho-Blick auf dem Platz verharrte. Fuck Society, No Rules und ACAB. Da kann man sich doch leicht vorstellen, wie er auf dem nächsten DEEZ NUTS Konzert den Moshpit zerlegt, ohne mit der Wimper zu zucken, oder wie er mit seinem Ferrari auf dem Trainigsgelände vorfährt, während „California“ von WINDS OF PLAQUE mit 200 Dezibel aus der Anlage schallt.

 

Name: Luis Alberto Suárez Díaz
Kickt für: FC Liverpool
bei der WM 2014 am Ball für: Uruguay
Unsere Empfehlung: MOONSPELL

Laufen, Rennen und Kämpfen bis zum Umfallen gehören zu den Tugenden im Fußball. Den eigenen Anhängern werden auch übermäßige Härte und das Rambo-mäßige Auftreten als Aggressive-Leader als notwendiges Mittel im Kampf um Punkte und Siege vermittelt. Eher ungewöhnlich ist jedoch das, was Luis Suárez darunter versteht. Der Angreifer ließ sich im November 2010 – damals noch im Trikot von Ajax Amsterdam – dazu hinreißen, Otman Bakkal vom PSV Eindhoven in die Schulter zu beißen. Vom niederländischen Verband wurde er für sieben Pflichtspiele gesperrt, von seinem Verein bestraft und schließlich (gewinnbringend) nach England verkauft. Dort war übrigens im April 2013 der Arm von Gegenspieler Branislav Ivanovic dran. Was ihn zu den Beißattacken trieb, blieb jeweils im Dunkeln.

Wir meinen: Zu Luis Suárez passt MOONSPELL. Vielleicht findet er in deren Songs ja auch eine Erklärung für sein Handeln. Um ihm und seiner spätestens in drei Jahren zusammen mit einem Ghostwriter verfassten Biografie vorzugreifen: Die Erklärung dürfte irgendwo zwischen „A Werewolf Masquerade“, „The Southern Deathstyle“ und „Full Moon Madness“ zu finden sein.

 

Name: Lionel Messi
Kickt für: FC Barcelona
bei der WM 2014 am Ball für: Argentinien
Unsere Empfehlung: ANIMALS AS LEADERS

Messi ist ein filigraner Techniker, „The King Of Dribbling“ – laut YouTube. Ein Künstler, der einmalig mit dem Spielgerät umgeht. Quirlig, kreativ, unheimlich effektiv. Messi ist Prog, er ist Avantgarde, er ist Experimental. Seine Linke Klebe schreit aber auch Djent! Denn wenn der Ball mit einer unglaublichen Wucht hinterm Torwart im Netz einschlägt, ist das quasi der alles vernichtende Breakdown, auf den hingearbeitet wurde. Die Spielweise, die er über die Jahre hin perfektioniert hat, deckt sich eigentlich am besten mit der der ANIMALS AS LEADERS. Legt beispielsweise den Song „Odessa“ auf und schaut dazu ein Video vom kleinen Argentinier. Passt wie Arsch auf Eimer! Viele Soli, technisch perfekt und immer mit dem Auge für den Mitspieler. Und das alles vorgetragen mit einer spielerischen Leichtigkeit. Außerdem: Um so gut zu werden muss geübt werden. Viel und ständig. Haben beide bestimmt und tun es immer noch.

 

Name: Cristiano Ronaldo
Kickt für: Real Madrid
bei der WM 2014 am Ball für: Portugal
Unsere Empfehlung: SONIC SYNDICATE

Viele Fußballer sehen aus, als hätten sie sich stundenlang von einer Katze in akribischer Zungenarbeit herausputzen und vermeintlich schön lecken lassen. Cristiano Ronaldo übertrifft sie alle! Der CR7 unter den Kickern verwendet das Spielfeld als Laufsteg. Es würde mich nicht wundern, wenn er in der Halbzeitpause als Exklusiv-Vertreter für luxuriöse Kosmetik- und Stylingprodukte agiert. Ein metrosexuell anmutender Adonis, der ebenso hervorragend einen Heulkrampf nach einer vergebenen Chance wie eine bestimmte Bewegung antäuschen kann, um dann doch mit einer von Leichtigkeit geprägten Finte in die andere Richtung zu eilen.

Ich bin mir sicher, dass sich in der Playlist des Weltfußballers so einige Songs von SONIC SYNDICATE finden lassen. Die Schweden zeigen sich auch in geleckten Posen, die Haare sind zu Spitzen gegelt, an denen ein Lederball prompt zerplatzen würde. Der Sound ihrer Alben ist so glatt wie die gesamte Erscheinung von Cristiano Ronaldo. Als trendbewusster Sportler kommt er natürlich auch der extrem modernen musikalischen Orientierung von SONIC SYNDICATE nahe. Mal ganz davon abgesehen, dass der zum Teil jammernde Cleangesang quasi die Vertonung der weinerlichen Mimik des Portugiesen darstellt. Eins muss man sowohl der Band als auch ihm jedoch konstatieren: Das technische Können ist unüberseh- und unüberhörbar.

 

Name: Fernando Manuel Costa Santos
bei der WM 2014 Trainer von: Griechenland
Unsere Empfehlung: AMON AMARTH

Fernando Santos ist Portugiese, aber als Trainer der griechischen Nationalmannschaft verkörpert er mehr als jeder andere urgriechische Tugenden: Die vom griechischen Fußballgott Rehakles auf die Erde gebrachten Taktiken „kontrollierte Offensive“ und „Abwehrbollwerk“ hat er nicht nur adaptiert, sondern perfektioniert. Sein Team absolvierte die Qualifikation für die WM 2014 ohne größere Mühen und belegte in der Abschlusstabelle den zweiten Platz – bei einer Tordifferenz von 12:4 Toren in zehn Spielen. Nicht zu Unrecht wird die griechische Nationalmannschaft auch ‚Phalanx‘ genannt.

Unsere Empfehlung für den schlitzohrigen Portugiesen wäre AMON AMARTH  – wäre, denn wie wir wissen, lässt Santos bereits jetzt in den Trainingseinheiten die Bühnenperformance der Schweden millimetergenau einstudieren. Dabei wird die Saitenfraktion von gleich acht Defensivspielern dargestellt, die einen massiven Abwehrriegel bilden, an dem die gegnerischen Angriffe abprallen wie schlaffe Fußbälle auf Treibsand. Dahinter agiert ein Libero sowie der Torwart in Manier von Drummer Fredrik Andersson: solide Fußballarbeit statt Spielereien im Strafraum. Spieler Nummer elf ist der Stürmer, die einzige offensive Kraft der ‚Galanolefki‘, der Johan Hegg nacheifern soll – seit jeher die Achillesferse im Konzept des Trainers. Ob Gekas, Samaras, Salpingidis oder Mitroglou: Bislang hat er noch keinen Spieler finden können, der allein durch Bartlänge und Stimme die gegnerische Mannschaft in Angst und Schrecken versetzen könnte.

(Foto: Heiko Weigelt)

12.06.2014
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