Extreme Metal around the World:
OVERTHRUST aus Botswana und ULTHA aus Köln im Kreuzverhör

Special

Am 17. August 2016 spielen die Death Metaller OVERTHRUST aus Botswana ein Konzert mit den Kölner Black Metallern ULTHA. Dominik Irtenkauf hat die beiden Bands zum Kreuzverhör geladen.

Text und Interview: Dominik Irtenkauf
Bilder ULTHA: Ivan K. Maras / Deathless Pictures
Bilder OVERTHRUST: Bandeigene Bilder

Overthrust – Bandfoto

Extreme Metal around the World: OVERTHRUST und ULTHA

Südlich der Sahara sucht man lange nach Metalbands. Die Gründe sind verschieden. Es mangelt sicher auch an der Infrastruktur. Wenn auch technisch, dann noch mehr kulturell. Heavy Metal ist längst ein globales Phänomen (vgl. das Buch „Metal rules the Globe. Heavy metal music around the world“, Durham (NC): Duke University Press, 2011), Sam Dunn besuchte in seinem „Global Metal“-Film auch Kontinente, die auf der Metal-Weltkarte noch weiße Flecken darstellen.

Auch in Afrika machte er Halt. Indes in Südafrika, das immer schon einen stärkeren europäischen Touch aufweist. Wer sich weiter in den Kontinent wagt, stößt auf andere Szenen, die natürlich nie besonders groß sind. Was ihnen an Umfang mangelt, machen die Mitglieder durch ihren Enthusiasmus wett.

OVERTHRUST gründeten sich in dem südwestafrikanischen Land Botswana, das an die Südafrikanische Republik grenzt, im Jahr 2007. Los ging es so richtig erst 2010. Die Szene in dem Land ist keine gewöhnliche. Fans wie auch Musiker kleiden sich in exotische Ledergarnitur, die nicht von ungefähr an MOTÖRHEADs Cover-Artwork zum „Ace of Spades“-Album erinnert. Lemmy hat mit seinem Lebensstil, seiner Musik, der ungebrochenen Rock’n’Roll-Begeisterung die Szene des Landes geprägt. Sänger und Gitarrist Giuseppe Sbrana der klassischen Heavy-Metal-Band SKINFLINT fügt noch hinzu, dass ein Großteil der Fans in der Landwirtschaft arbeitet und so die Lederkluft wie eine erweiterte Arbeitskleidung wahrnehmen. Im Gürtel stecken häufig Jagdmesser oder aber tote Tiere als Totem.

In Deutschland gab es immer schon Metal. So scheint es. Können die Leser an eine Zeit zurück denken, als man Metal in Deutschland noch nicht kannte? Manche noch wissen von den ersten Touren der Death-Metal-Combos in den 1990ern. Andere sahen die ersten Konzerte von KREATOR, SODOM und LIVING DEATH. Ruhrpott-Thrash in den 1980ern. Zu dieser Zeit gründeten sich auch die ersten Fanzines. In den Neunzigern ereignete sich dann in den Extreme-Metal-Genres eine Underground-Explosion. Eine Tape-Trading-Szene überspielte sich die Alben und Demos auf Kassetten, tauschte diese, auch Flyer wurden der Post beigelegt. So erfuhr der Sammler immer wieder von „exotischen“ Ländern, „obskuren“ Szenen. Im Szenediskurs bürgerte sich der Begriff „Exotenbonus“ ein.

Das hieß: Kam eine Band aus einem Land, das bislang nicht auf der Metal-Weltkarte zu finden war, so wurden andere Bewertungsmaßstäbe angelegt. Man könnte auch sagen: Man drückte ein Auge zu!

Am 17. August 2016 spielen OVERTHRUST aus Ghanzi (Botswana) mit ULTHA aus Köln (NRW) ein Konzert in Hamburg, Kulturfabrik Kampnagel.

Ultha – Bandfoto

ULTHA gründeten sich 2014, haben bereits eine MCD namens „Pain Cleanses Every Doubt“ über Vendetta Records veröffentlicht, die Texte gehen in eine leicht existenzialistische Richtung, ohne aber eine philosophische Attitüde anzunehmen. Bei einem Treffen in ihrer Homebase stellt sich heraus, dass sie ambitionierten Lesarten ihres Schaffens eher skeptisch gegenüber stehen. Das Gesamtwerk einer Veröffentlichung soll für sich sprechen. Dabei spielen sie Black Metal.

Ich greife kurz ins Buchregal und finde auch folgendes zu ihrem Stil: „Thus black metal’s secret secret, that which reveals itself through the blasphemy of my own being alive, is that hell is simultaneously outside and inside myself. This double inversion happens not only vertically (i.e. downwards anagogy), but also horizontally (what is inside is as what is outside). Metal is the hell by which, and the metalhead is the hell through which, one must bewilderingly walk, crawling out of the world and into the abyssic hellish pit of oneself, and vice versa, by jumping into this figure-eighted hoop of fire that is the Infinite.“ (Baumgartner 2015: 70)

Man könnte meinen, den Wissenschaftlern gehen die Themen aus und naja, Death Metal ist eben auch schon mehr als 30 Jahre alt.

OVERTHRUST stehen in ihrer Umgebung vor anderen Problemen: Von der fehlenden Infrastruktur mal abgesehen, erzeugt ein verzerrter Gitarrensound in Botswana ein anderes Echo als mitten in Deutschland. Im folgenden Doppel-Gespräch wird den Gemeinsamkeiten und Unterschieden nachgegangen.

Für ULTHA antwortete Chris, Bassist und Vokalist. Für OVERTHRUST antwortete Vulture Thrust, ebenfalls am Bass und Gesang. Die beiden Interviews gehen überkreuz.

Overthrust – Live

Muss man im Black Metal eine Philosophie verfolgen?

Chris: Black Metal ist zuvorderst Emotion, meist negativ konnotiert. Zweifelsohne gibt es viele Bands, die darüber hinaus einen wie auch immer gearteten philosophischen, bzw. ideellen Überbau nutzen, einige wenige davon auch mit durchaus interessanten Gedankengängen. Ob sich ein Gros dieser Bands allerdings tatsächlich ernstzunehmend mit Philosophie im eigentlichen Wortsinn – „Liebe zur Weisheit“ – auseinandersetzt, darf angezweifelt werden. Inhärenter Bestandteil von Black Metal sind philosophische Konzepte allerdings mit Sicherheit nicht. Viele gute Black-Metal-Bands verzichten auf halbgare Reflektionen irgendwo aufgeschnappter philosophischer Ideen und schaffen es dennoch, sowohl musikalisch als auch inhaltlich herausfordernd und packend zu sein.

Gibt es im Death Metal eine Philosophie?

Vulture Thrust: Death Metal ist ein so einzigartiges, kompliziertes, furchteinflössendes und interessantes Metal-Genre, es zeichnet sich durch einen dreckigen und rohen Sound, stark verzerrte Gitarren, Double-Blastbeats, tiefe gutturale oder eher in Richtung Gothic tendierende Growls aus. Das hängt vom Stil des jeweiligen Death-Metal-Sängers ab. In den Texten findet man bedrohliche und morbide Themen und es ist zudem eine Art von Musik, die die Unterwelt und dunkle Aspekte behandelt, von denen ein normaler Mensch Angst haben oder unangenehm berührt sein könnte. Entweder möchte er nicht darüber sprechen, es nicht ausdiskutieren oder zuhören. Es handelt sich um eine Musik, deren Anhänger keine Angst davor haben, über Tod, brutale, tödliche und sehr gemeine Vorkommnisse zu sprechen. Daher sehen uns Menschen, die keinen Metal hören und mehr noch die gläubigen Menschen als verrückte, gefährliche, grausame und böse Menschen an, aber ich sage diesen Menschen immer wieder, wenn sie nicht aufhören, uns und unsere Musik zu beurteilen und zu kritisieren, sie selbst irgendwann verrückt davon werden, denn Death Metal ist ein weiteres Genre, das sich nicht um die Meinungen anderer Leute schert. Vielmehr animiert es seine Fans zum Glauben an sich selbst und zu harter Arbeit, nicht in Furcht zu leben und auch vor harten Rückschlägen im Leben nicht zurückzuweichen. Death Metal existiert, um die dunkle Unterwelt zu entdecken und darüber zu sprechen.

Woran kann es hängen, dass Black Metal solch eine hohe Erwartung an das Konzept heranträgt?

Chris: Vermutlich besteht ein Zusammenhang mit der Entwicklung des Genres in den frühen 90ern als Gegenpol zur zunehmend kommerzielleren Death-Metal-Bewegung. Das Drama, die Inszenierung, dieses außerweltliche „Larger-than-life“-Gefühl fehlte vielen Hauptcharakteren der aufkeimenden Black-Metal-Szene zunehmend. Im Gegensatz zum Durchschnittstyp-Auftreten der damaligen Death-Metal-Bands in tarnfarbenen Chamo-Shorts und Chucks legte man in geradezu fanatischem Maß Wert auf Auftreten, Aussehen, Verhalten und eben auch übergeordnete Konzepte in Musik und Darstellung.

Allerdings muss man auch sehen, dass diese konzeptuelle Darstellung bei den meisten Bands recht schnell zu einer leeren Pose verkommen ist, bzw. von neuen Akteuren als solche blindlings übernommen wurde (und wird) – wodurch der ursprüngliche Effekt natürlich vollkommen verloren geht. Außerdem reicht es dem durchschnittlichen Black-Metal-Fan meistens, wenn das Konzept aus Corpsepaint, leicht peinlichen Live-„Ritualen“ und ein paar okkulten Symbolen auf dem Plattencover besteht – inwiefern man da von einer hohen Erwartungshaltung sprechen kann, sei dahingestellt.

Interessiert ihr euch auch für andere Genres neben Death Metal?

Vulture Thrust: Yeah. Ich und meine Bandkollegen hören verschiedene Metalgenres. Wir hören jede Art von Metal ohne Einschränkung. So lange es Metal oder Rock ist, werde ich es mir definitiv anhören. Sei es Heavy Metal, Black Metal, Thrash Metal, Doom Metal, Punk, Soft Rock, Hardrock. Neben Death-Metal-Bands höre ich noch Bands wie ANTHRAX, MANOWAR, BATHORY, GOJIRA,BRUJERIA, BLOODBATH, HATEBREED, MOTÖRHEAD, SAXON, GREAT WHITE, KROKUS, MOONSPELL, EVOKEN, GORGOROTH, GRAVE, SLAYER, SODOM, SEPULTURA, WASP, DEEP PURPLE, JUDAS PRIEST, ROLLING STONES und viele mehr.

Die Ur-Pfeiler des Black Metals bestanden aus Satanismus, schwarzer Magie, Misanthropie und Nihilismus. Das hat sich inzwischen geändert; wie weit kann Black Metal gehen?

Chris: Black Metal wird in der einen oder anderen Weise immer Musik sein, die mit den negativen Aspekten des Daseins assoziiert wird. Sicher gibt es Bands, die versuchen, andere, unter Umständen sogar eher positive Inhalte zu vermitteln, allerdings ist die Ablehnung innerhalb der Szene gegenüber solchen Bands meist relativ hoch und für jede dieser „anderen“ Bands gibt es buchstäblich hunderte an Bands, die diese Musik eben als Ausdrucksmittel negativer Emotionen benutzen.

Oldschool Death Metal beschäftigt sich mit der Faszination für Tod, Horrorgeschichten und auch etwas schwarzer Magie. Könnt ihr mit diesen Themen etwas anfangen?

Vulture Thrust: In unserer Band OVERTHRUST schreiben wir über Tod, abstossende Taten und morbide Horrorthemen. Der Tod ist eine Erfahrung, mit der Menschen nie zurechtkommen werden, wir müssen mit dem Tod leben und er kommt, wann es ihm beliebt. Die Menschen haben Angst, über den Tod zu sprechen, vor lauter Todesangst schränken manche ihr Leben ein und leben es nicht völlig aus. Einigen wird ein besseres Leben nach dem Tod versprochen, ha, ha, ha. Ich glaube daran nicht, denn bislang ist niemand vom Tode zurückgekommen. Also, wenn du stirbst, stirbst du einfach. Die Menschen sollen aufhören, solchen Märchen zu glauben und ihr Leben so leben, wie es eben kommt. Ich habe selbst nie eine Todeserfahrung gehabt und es wird niemand mich davon überzeugen oder bekehren können, dass es ein Leben nach dem Tod gebe. Der Tod ist ein großes Naturgeheimnis, weshalb sich die Menschen nie an ihn gewöhnen können.

Wir Death-Metal-Künstler haben keine Furcht, über den Tod zu sprechen und wir wissen sehr genau, dass auch wir irgendwann abtreten müssen und sechs Fuß tief begraben werden. Es gibt keinen Ausweg vor dem Tod. Es gibt auch Leute, die Angst davor haben, Fotos von schrecklichen Vorfällen zu zeigen, zum Beispiel die Szene eines tödlichen Autounfalls, der vom Opfer absichtlich verursacht worden ist, obwohl die Person von Freunden zuvor noch gewarnt worden ist, vorsichtig zu fahren. Sie sterben, weil sie auf diesen Rat nicht hören wollten und in diesem Fall fürchten wir uns nicht davor, solche Fotos auf ein Metalshirt zu drucken, als eine Warnbotschaft. Als wir noch Kinder waren, glaubte man hier an schwarze Magie und an einigen Orten unserer Welt hat sich dieser Glaube gehalten. Leute sprechen nicht gerne darüber. Sie denken, dass es nicht normal sein kann, über solche Themen zu sprechen. Aber in Death-Metal-Texten ist das kein großes Ding. Wir stellen Dinge dar, die Leute zittern und aufschrecken lassen.

Denkt ihr, dass geographische Aspekte für die Komposition von Black Metal von Bedeutung sind?

Chris: Geographische Aspekte spielen bei der Erschaffung jedweder Kunst eine Rolle, Black Metal ist da keine Ausnahme. Die Umwelt, in dem sich ein Künstler bewegt, hat zwangsweise auch Einfluss auf sein Werk. Was aber natürlich nicht bedeutet, dass „wahrer“ Black Metal nur in der nordischen Einsamkeit einstehen kann.

Denkt ihr, dass geographische Aspekte beim Death Metal von Bedeutung sind?

Vulture Thrust: Nein, denke ich nicht. Es hängt davon ab, wie ein Individuum über seinen Stil und die Musik denkt und wie die Musik letztlich klingen soll.

Als die Print-Fanzines noch zahlreicher waren, galten gewisse Länder und Kontinente als Exoten und man sprach vom „Exotenbonus“. Denkt ihr, die Globalisierung nivelliert diese Unterschiede zunehmend?

Chris: Sicher ist es heute einfacher als je zuvor, Bands aus Regionen zu entdecken, die nicht im Standardeinzugsgebiet der Medien liegen. Dank Metal Archives, Bandcamp & Co. kann man innerhalb von zwei Minuten herausfinden, welche Jazz-Grind-Bands es in Myanmar gibt. Der springende Punkt ist aber, dass Bands aus diesen Ländern nach wie vor in Europa und den USA als „Exoten“ gehandelt werden. Wenn man einen Blick auf die Bands wirft, die in den gängigen europäischen und US-amerikanischen Magazinen und Blogs behandelt werden, ist nur ein verschwindend geringer Teil eben nicht aus Europa oder den USA. Die Perspektive, aus der Metal im Großen und Ganzen wahrgenommen wird, ist nach wie vor sehr westlich geprägt.

Mitte der Neunziger war es etwas Besonderes, wenn eine Band aus Afrika sagen wir eine Demokassette an ein Magazin schickte. Denkst du, dass es auch heute noch ungewöhnlich ist?

Vulture Thrust: Ja, ist es. Afrika ist sehr weit entfernt und die meisten Metalbands in Afrika haben zu wenig Aufmerksamkeit in den Medien und es ist nicht einfach, diese Aufmerksamkeit von den lokalen Zeitschriften und Tageszeitungen oder auch Fernsehsendern zu erhalten, aus denselben Gründen: Metalmusik ist schon immer eine Undergroundmusik gewesen und wurde als Teufelsmusik betrachtet. Ha, ha, ha. Es wäre für eine Band von hier eine sehr große Sache, wenn sie Medienaufmerksamkeit erhielte.

Kann man von einem deutschen Black Metal sprechen, wie vom norwegischen, schwedischen, finnischen, griechischen und US-amerikanischen?

Chris: Man kann das schon, allerdings sagen all diese Zuschreibungen nicht viel mehr aus als das Herkunftsland einer Band, und evtl. noch die Sprache, in der die Texte verfasst sind. Es ist ja nicht so, dass das Herkunftsland an einen spezifischen Sound gekoppelt ist. Übrigens auch nie war, weder in Deutschland, noch in Norwegen, noch sonst wo.

Gibt es „einen“ afrikanischen Death Metal?

Vulture Thrust: Ja, wir sind eine afrikanische Oldschool-Death-Metal-Band. Auf den Punkt gebracht spielen wir: „afrikanischen Oldschool-Death Metal“.

Sollte man überhaupt viel reden und schreiben, wenn man Black Metal spielt? Ist das Schweigen nicht der beste Kommentar zum BM-Sound?

Chris: Es entspräche natürlich dem Klischee des schweigsamen Misanthropen, aber bei vielen Black-Metal-Bands würde man sich manchmal wünschen, dass sie ein bißchen gefordert wären, sich etwas mehr Gedanken zu verschiedenen Themen zu machen und sich entsprechend reflektiert dazu äußern. Wiederum andererseits wünscht man sich schon auch oft, dass manche Akteure die Welt mit ihrem sinnentleerten Geschwätz verschonen würden.

Welche Bands haben euch dazu inspiriert, selbst eine Band zu gründen?

Vulture Thrust: WRUST, DEICIDE, MORBID ANGEL, BROKEN HOPE, OBITUARY, IMMOLATION, POSSESSED, CARCASS, CANNIBAL CORPSE, AUTOPSY und DEATH.

ULTHA veröffentlichte „Pain Cleanses Every Doubt“ – http://ultha.bandcamp.com/album/pain-cleanses-every-doubt – und setzte damit bereits ein eigenes Zeichen. Steht ULTHA eher in sich oder doch im Strom der Traditionen?

Chris: Es wäre geradezu vermessen zu behaupten, ULTHA wäre ein in sich stehendes Artefakt. Wir sind uns unserer musikalischen Wurzeln sehr bewusst und schöpfen aus diesen Quellen viel Inspiration. Was uns hier vielleicht von vielen anderen Black-Metal-Bands unterscheidet, ist eher der Umstand, dass wir uns nicht nur der Traditionen des (Black) Metal bedienen, sondern auch Einflüsse aus vielen anderen Genres zulassen und bewusst einbringen. So sehr uns Bands wie BATHORY, MAYHEM oder EMPEROR auch beeinflussen, es gab und gibt daneben eine Vielzahl an Musik, die oftmals noch nicht einmal etwas mit Metal zu tun hat, welche aber genauso sehr ihre Spuren in unserem Sound hinterlassen hat.

Ihr habt euer Debütalbum online veröffentlicht [https://www.youtube.com/watch?v=4VbJSHI5noE]. Plant ihr auch, physische Kopien davon anfertigen zu lassen? Konntet ihr bereits ausländische Vertriebe und Plattenfirmen damit erreichen?

Vulture Thrust: Wir haben physische Exemplare unseres Albums und müssen momentan die Kopien von unserem Produzenten erwerben. Wir nahmen das Album auf Vertragsbasis auf. Daher müssen wir bis nächstes Jahr im Juni die Exemplare von unserem Produzenten abkaufen. Nächstes Jahr können wir dann eigene CDs produzieren. Wir haben bislang nur ein paar wenige der physischen CDs vor Ort verkauft. Wir würden wirklich sehr gern ausländische Vertriebe und Plattenfirmen erreichen, wenn sich uns diese Chance anbietet. Das Problem liegt immer bei der Finanzierung. Die meiste Zeit mühen wir uns ab, die Bandaktivitäten zu finanzieren und den kleinen Teil, den wir zur Verfügung haben, in die Band zu stecken. Wir wollen uns bis an die Spitze rocken und diesen Oldschool-Rock’n’Roll-Lifestyle auch live präsentieren. Wir haben keine Förderer, aber wir werden nicht aufgeben. Also an all die Vertriebe und Labels im Ausland – hier kommen OVERTHRUST aus Ghanzi in Botswana (Afrika). Wir sind hungrig darauf, die Welt mit unserer Musik zu beschallen. Und wenn ihr euch für Metal interessiert, lasst uns doch ins Gespräch kommen? Unsere Kontaktdaten sind bekannt. Danke.

Durch das Treffen mit OVERTHRUST aus Botswana könnten afrikanische Koordinaten ins Spiel kommen. Aber was bedeutet „Afrika“ in diesem Kontext? Klangliche Autarkie wird auch dort nicht herrschen. Kann man in Bezug auf Metalsound weiterhin von Nationen sprechen?

Chris: Die Frage ist eher, konnte man in Bezug auf Metalsound jemals von Nationen sprechen? Metal war schon immer ein weltweites Phänomen, und schon immer haben sich geographisch weit voneinander getrennte Bands und Musiker gegenseitig beeinflusst – unabhängig jeglicher nationalstaatlicher Kontrukte und eventuell vorhandener Sprachbarrieren. Ebenso ist auch OVERTHRUST von verschiedenen, weltweiten Fixpunkten des Metal beeinflusst. Interessanter ist in diesem Zusammenhang wohl eher, wie die Rezeption dieser Musik und Szene innerhalb der botswanischen Gesellschaft stattfindet, die zwar nicht zuletzt durch die Kolonialgeschichte des Landes ein Stück weit westlich geprägt ist, sich aber natürlich trotzdem in vielen Dingen von der hiesigen unterscheidet.

Wenn ihr bald mit ULTHA aus Deutschland spielt, werdet ihr einige europäische Metalszenestrukturen mitbekommen. Was bedeutet „Europa“ für euch in diesem musikalischen Kontext?

Vulture Thrust: In Europa findet man die Wurzeln der Metalmusik. Es besitzt den größten Haupteinfluss auf afrikanische Metalbands, uns eingeschlossen, und diese Gelegenheit, mit europäischen Metalbands in Europa zu spielen, ist eine große Ehre für unsere Band und ein wahrgewordener Traum.

Seid ihr bereits mit Afrika in Kontakt gekommen – musikalisch, beruflich, privat? Denkt ihr, dass sich die Metal-Lebenswelt dort in ähnlicher Form wie in Deutschland zeigen wird?

Chris: C hat sich im Rahmen seines Studiums häufiger mit verschiedenen afrikanischen Staaten und afrikanischer Geschichte auseinandergesetzt, darüber hinaus sind wir aber alle relativ unbeschriebene Blätter in dieser Hinsicht. Es gibt bestimmte Parallelen zwischen den Szenen beider Länder, aber mit Sicherheit auch einige Unterschiede – alleine schon die Akzeptanz und Verbreitung innerhalb der Gesellschaft ist vermutlich recht unterschiedlich.

Hat irgendein Mitglied von OVERTHRUST mit Europa bereits zu tun gehabt? Denkt ihr, die Metalszene in Deutschland kann mit Botswanas Metalszene verglichen werden?

Vulture Thrust: Nein, bisher war noch kein Mitglied in Europa. Ich denke nicht, dass man die Szenen miteinander vergleichen kann, die deutsche Metalszene ist größer als die Szene in Botswana und wir haben eine kleinere Bevölkerungszahl als Deutschland. Die deutsche Metalszene ist größer als die meisten afrikanischen Metalszenen.

Zudem eine Mini-Tour:

Dominik Irtenkauf

Quelle: Dominik Irtenkauf
12.08.2016
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