Michelle Darkness
Listening Session zu "Brand New Drug"

Special

Nach fünf Studioalben mit END OF GREEN, einigen Gastspielen bei anderen Projekten und einem ersten Solo-Ausflug mit der ANDY DEATH COMPANY war es nur eine Frage der Zeit, bis MICHELLE DARKNESS den nächsten Schritt wagen würde. Dieser nächste Schritt ist nun sein selbstbenanntes Soloprojekt, unter dessen Banner er Ende Oktober sein Debütalbum mit dem vielsagenden Titel „Brand New Drug“ veröffentlicht. Wir durften vorab reinhören in das, was da kommen wird, und wollen Euch unsere Eindrücke nicht vorenthalten.

Shine On
Eröffnet wird „Brand New Drug“ mit einem Song, der gleich klar stellt, dass es nicht allzu ruhig zugehen wird. Mit einer gehörigen Portion modernen Metals und sehr variablem Stimmeinsatz aus Grunts und cleanen Passagen prescht „Shine On“ aus den Boxen. Ebenso abwechslungsreich gestalten sich die Gitarren, die mal verzerrt, mal halbakustisch, den Song heiß und kalt zugleich wirken lassen.

Brand New Drug
Die zerstörerische Melancholie, die noch bei “Shine On” vorherrschte, weicht beim Titeltrack der Euphorie des Drogenrauschs. Treibendes Uptempo und gedoppelte Gesangslinien vertonen die High Spirits des absoluten Kicks. Mit seiner Hemmungslosigkeit setzt „Brand New Drug“ auf seine eigene Art den „Highway 69“ fort…

Raging Fire
Who the fuck is Pete Steele? Dass die Vergleiche zwischen Michelle D. und dem grünen Hünen nicht nur vom END OF GREEN’schen „Black No. 1“-Cover herrühren, beweist der Man in Black einmal mehr in diesem dramatischen Song. Dabei erreicht seine Stimme Tiefen, wie man sie zuvor selbst von ihm selten gehört hat. „Weakness“ gereicht hier vielleicht noch als ehestes zur Referenz. Dass Michelle ein offensichtliches Faible für Johnny Cash hat, schwingt hier unterschwellig mit.

Love Will Tear Us Apart
Den JOY DIVISION-Klassiker präsentiert uns Michelle im Duett mit der finnischen „Superstar“-Gewinnerin Hanna Pakarinen. Wer jetzt allerdings an ein blondes Trällerelschen denkt, wird überrascht sein. Mit von genügend Zigaretten gegerbten Stimmbändern steht Fräulein Pakarinen ihrem Duettpartner kaum nach. Die beiden liefern eine musikalisch sehr schlichte, akustisch gehaltene Version ab, die lediglich mit rudimentären Beats und Bass begleitet wird.

Hatethings
„Hatethings“ wird seinem Titel gerecht: kreischende Leads, stampfende Beats, simpler Rhythmus und maschinelle Monotonie beherrschen das Bild. Der total verzerrte Gesang unterstreicht den Industrial-Touch des Tracks noch zusätzlich. Wie schon beim JOY DIVISION-Cover hat sich Michelle hier wieder einen Duettpartner ins Boot geholt. Mika Tauriainen von ENTWINE leiht dem Track seine Stimme, Produzent Nino Laurenne seine Finger für ein Gitarrensolo.

Darklandcity
Glühenden MICHELLE DARKNESS-Fans wird dieser Track bereits aus seiner Kollaboration mit Andy Death als balladeske Version bekannt sein. Mit zusätzlichen Keyboards und reichlich Gloom zeichnet Michelle im Alleingang hier eine Szenerie, die einem tatsächlich das regennasse nächtliche Kopfsteinpflaster der Straßen der Sündenstadt vors geistige Auge ruft. Wenn der Ohrwurmcharakter des Originals auch geblieben ist, hat Herr Darkness doch viel seines eigenen Einflusses bei der Neuinterpretation wirken lassen. Nomen est omen.

My Sweet
„My Sweet“ geht wieder deutlich nach vorn. Vorbilder dürften zum einen sicher die 69 Augen, zum anderen der eigene Stall END OF GREEN gewesen sein. Heftiges Riff-Geschrubbe und gedoppelte Refrains treiben den Track ordentlich an.

Dopecrawler
Mit dem „Dopecrawler“ eröffnet sich uns der stärkste Song des Albums, der im gezügelten, morbiden Midtempo stampft wie ein echter Doomster. Michelles Stimme lotet die untersten Etagen der Tonleiter aus, während fast power-metallische Zwillingsgitarren die Stimmung konterkarieren. Seinen Höhepunkt findet der Song dann in einem halbakustischen Break, das einem die Gänsehaut über den Rücken schickt. Grandios!

Angelsong
Einem Wiegenlied gleich kommt der „Angelsong“, der stilistisch in Richtung THE CURE oder auch einer SMASHING PUMPKINS-Ballade tendiert. Eine sehnsüchtige Gitarre färbt den Song ein, lässt trotz der traurigen Thematik einer sterbenden Freundin aber dennoch einem Lichtblick Platz.

The Dawn
“The Dawn” ist ein eher unauffälliger Song, der zwar nicht mit Melodie geizt, im Vergleich zu Großtaten wie „Dopecrawler“ oder dem gleich folgenden „Forgotten Sun“ recht farblos bleibt.

Forgotten Sun
Äußerst melancholisch geht es in “Forgotten Sun” zur Sache. Gepflegte Monotonie und ein schönes Riff lassen den Song zum regelrechten Doomster inklusive Slo-Mo-Double Bass mutieren. Eine gewisse Ähnlichkeit zu FIELDS OF THE NEPHILIM lässt sich auch nicht von der Hand weisen. Apropos Doom: das wunderschöne, sehnsüchtige Gitarrensolo hat AHAB-Gitarrist Chris Hector beigesteuert.

The Sound Of Silence / Pet Sematary
Welcher der beiden Tracks den Weg aufs reguläre Album finden wird, und welcher Bonustrack wird, war zum Zeitpunkt der Albumpräsentation noch nicht raus. Wenn es nach mir geht, ist aber fraglos das SIMON & GARFUNKEL-Cover der Favorit. Mit geschätzten 12 bpm morpht Michelles Doom-Version des Schmachters aus den Boxen und erlebt dabei einen ungeahnten zweiten Frühling. Das hätte man diesem tot gehörten Schinken nicht mehr unbedingt zugetraut. Im Gegensatz dazu kommt das RAMONES-Cover leider etwas blass daher. Michelle bleibt eng am Original und vermeidet zu viel Neues, was Höhepunkte und Überraschungen im Endeffekt vermissen lässt.

Die einzelnen Eindrücke zu den Songs zeigen es bereits: „Brand New Drug“ ist ein äußerst abwechslungsreiches Album geworden, das sowohl die Euphorie des Rauschs, als auch die folgende Katerstimmung wiederzugeben vermag. Wer Michelles Schaffen in der Vergangenheit bereits schätzte, darf sich getrost auf den 26. Oktober freuen, wenn „Brand New Drug“ in die Läden kommt.

10.10.2007
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