Boston Manor und die Kraft der Unvollkommenheit

Special

Beim Impericon Festival in Leipzig trafen wir Henry Cox (Gesang) und Mike Cunniff (Gitarre) von Boston Manor für ein Gespräch im Rahmen des Metal Minds: The Pit Unplugged Podcast. Dabei ging es um eine ehrliche Auseinandersetzung mit der Gegenwart der Gitarrenmusik – und deren Zukunft.

Im Podcast zeigen sich Musiker kritisch gegenüber der wachsenden Tendenz, Rockmusik auf makellose Studioästhetik und digitale Perfektion zu reduzieren. Mike spricht von „seelenlosen“ Produktionen, Henry warnt vor einem Publikum, das Live-Shows nur noch mit der Erwartung von Studioqualität erlebt. Als positives Gegenbeispiel nennen sie Turnstile, deren rohe Energie und Punk-Ethos gerade deshalb so viele Menschen bewegt.

Im Zentrum steht für Boston Manor die Idee, Unvollkommenheit als Stärke zu begreifen. „Ein großartiger Song muss auch mit einer Stimme und einer Gitarre bestehen können“, sagt Henry – und verweist damit auf ein Verständnis von Songwriting, das jenseits von Effekten und Trends funktioniert.

Auch beim Thema künstliche Intelligenz betonen beide die Notwendigkeit von Disziplin: Während digitale Tools Arbeitsprozesse erleichtern können, sehen sie den kreativen Kern in Gefahr, wenn KI beginnt, über Texte, Klang oder Strukturen zu entscheiden. Henry zieht einen drastischen Vergleich: Die Entwicklung sei eher mit einem „nuklearen Wettrüsten“ als mit früheren Medienumbrüchen zu vergleichen.

Für die Zukunft der Musikszene wünschen sich Boston Manor vor allem eines: mehr Rückkehr zur Basis. Weg von viralem Hype, hin zu kleinen Clubs, Gemeinschaft und echter Live-Erfahrung. Dazu gehört auch ein faireres System – von der gerechten Bezahlung der Künstler bis zum Ende der Merchandise-Abgaben durch Veranstaltungsorte.

Boston Manor zeigt sich damit als Band, die nicht nur ihr eigenes Schaffen reflektiert, sondern auch für Werte einsteht, die weit über den Augenblick hinausweisen: Authentizität, Gemeinschaft und Vertrauen in die Kraft unvollkommener, menschlicher Musik.

Quelle: Interview Boston Manor (Impericon Festival)
07.09.2025

Musik ist mehr als Klang – sie erzählt von Leben, Leidenschaft, Aufbruch und Ankommen. Sie ist Kunst – roh, echt und einzigartig. Ihre Bedeutung entfaltet sich im Resonanzraum zwischen uns und der Welt. Come as you are!

Exit mobile version