777
"Thelema ist eine Philosophie der persönlichen Freiheit"

Interview

Nach dem Aus von PATH OF SAMSARA hatte Klampfer Niko Biberger noch nicht genug. Kurze Zeit später war mithilfe von Sängerin und Live-Bassistin Elisabeth 777 geboren, um Erleuchtung in unseren tristen Alltag zu bringen. Zur zurückliegenden Veröffentlichung ihrer neuen EP „Feel The Fire“ konnte ich dem Mastermind hinter 777 ein paar Worte entlocken.

777 – Love under Will



Hallo Niko und vielen Dank für die Möglichkeit zum Interview. Was mich natürlich brennend interessiert: Wie ist es zur Entstehung von 777 gekommen? Wieso wurde PATH OF SAMSARA nicht weiter geführt?

Bei PATH OF SAMSARA ging es darum sich selbst zu überwinden und einen Kreislauf zu durchbrechen. Und genau dies ist auch geschehen. Es hat sich auf viele Arten manifestiert – im Inneren sowie im Äußeren. Dieser Realität ins Auge zu blicken war für alle Beteiligten hart. Spirituelle Musik zu erschaffen hängt für mich viel mit ehrlicher Selbstreflexion zusammen. Und der ehrliche Weg ist meistens der Schwierigere. Am Ende des Tages muss man sich selbst im Spiegel ansehen können, ganz egal wie hart der Tag auch war.
Das Karma von PATH OF SAMSARA ist erfüllt.
Das Ende markierte gleichzeitig einen Anfang. Obwohl ich zeitweise von Dunkelheit umgeben war, so spürte ich doch das innere kreative Feuer stärker denn je.
777 ist die Konsequenz daraus.



Zwischen den Singles lagen nur zwei Monate, bis zu eurer demnächst erscheinenden EP “Feel the Fire” hat es dann ungefähr ein Jahr gedauert. Kannst du uns den Entstehungsprozess ein wenig näher beleuchten?

Nach dem Ende meiner vorherigen Band sah ich mich zunächst von Chaos umgeben. Vieles brach zusammen und ich befand mich in einer depressiven Phase. Ich dachte viel darüber nach was Musik für mich bedeutet und was ich tatsächlich damit ausdrücken will.
Ich befand mich auch an einem Tiefpunkt, doch das Feuer in mir zeigte mir dennoch einen Weg. Und dieser führte zur Manifestation von „Feel the Fire“.
Manche Situationen erscheinen ausweglos, doch im Inneren findet sich immer eine Antwort. Man muss nur in sich horchen.



Ist es schwierig, als Hauptsongwriter (fast) alleine alle seine Ideen so umsetzen zu können, wie man sie im Kopf hat? War es eine bewusste Enscheidung nur alleine bzw. als Duo deine artistische Vision zu verwirklichen?


Ich gehe an meine Musik als Komponist heran. In meinem Kopf ist jeder Song schon fertig, bevor ich ein Instrument in die Hand nehme. Hier arbeiten die linke und die rechte Gehirnhälfte zusammen, um dem Klang, der mir vorschwebt Form zu geben. Jedes Element in meiner Musik dient dem Zweck, etwas im Zuhörer wachzurufen. Von der Struktur über die Harmonien bis hin zu den Texten.
777 ist eine Vision, die durch meine Energie und anderen involvierten Menschen zu etwas immer Kraftvollerem wird.



Ich finde, von den ersten beiden Singles zum Album ist ein Unterschied feststellbar. Die Singles waren von den Genre-Charakteristika sehr viel “konservativer” – ohne das jetzt wertend meinen zu wollen – als die EP, die sehr viele verschiedene Einflüsse aufweist und an vielen Stellen in den Songs zu überraschen weiß. War das eine natürliche Entwicklung?

Bei Feel the Fire ging es mir darum, ein Bild aus Emotionen zu zeichnen, welches den Zuhörer unmittelbar trifft. Dies erforderte eine weitaus radikalere Herangehensweise als es in der Vergangenheit der Fall war. Feel the Fire forderte mich dazu heraus, meine Comfort Zone ein Stück weit zu verlassen und der Musik konsequent das zu geben, was sie verlangt.
Es geht darum, sich konstant weiterzuentwickeln und das im Moment Beste aus sich herauszuholen. Nur so erweist man seinem Publikum den Respekt, den es verdient.



Was beeinflusst dich abseits der offensichtlichen 70er und 80er Rock Einflüsse sonst noch musikalisch?

Wenn mich Musik auf eine tiefe Weise berührt, so beeinflusst sie mich zwangsläufig auch. Dazu zählen beispielsweise Leonard Cohen, Sisters of Mercy, ABBA, Miles Davis, Mike Oldfield, Arvo Pärt, Triptykon oder das Mahavishnu Orchestra.


Thelema ist nicht von 777 zu trennen. Das fängt beim Namen an und hört bei Texten und Covern auf. Wann bist du zum ersten Mal damit in Berührung gekommen, was bedeutet diese Auslegung von Religion/Spiritualität für dich?

Thelema ist eine Philosophie der persönlichen Freiheit. In diesem Kontext hat die klassische Vorstellung von Religion keinen Platz.
Spiritualität braucht weder Religion noch Dogmen. Spirituelle Erfahrungen sind etwas sehr Persönliches welche ohne den doppelten Boden einer Glaubensrichtung geschehen.
Bei Thelema geht es nicht darum zu knien. Es geht darum, aufrecht zu stehen und das entgegen dem Schmerz der Welt.
777 spiegelt genau das wieder.

777 – 2018


Verstehst du Menschen, die euch nur wegen der Musik hören und mit dem Rest nicht viel anfangen können oder denkst du, durch das Verständnis von Text und Konzept erhält man “volleren” Zugang zu eurer Kunst?


Musik lügt nicht. Die transportierten Emotionen und Energien treffen direkt auf den Zuhörer. An manchen Tagen will man einfach „nur“ abschalten und Musik genießen. Und an anderen Tagen steht einem der Sinn danach, tiefer in das Gesamtkunstwerk aus Musik, Texten und Artwork einzutauchen.
Eines ist jedoch gewiss: die Musik berührt den Zuhörer auf die eine oder andere Weise. Und genau darum geht es.



Was denkst du über andere “okkulte” Rock oder Metal Bands? Interessieren die dich überhaupt oder bleibst du lieber in deinem eigenen kleinen Mikrokosmos?

Ich denke, dass viele zeitgenössische „okkulte“ Bands sehr einseitig an das Thema herangehen. Der Fokus liegt oft ausschließlich auf den dunklen Aspekten. Und das hat auch durchaus seinen Platz. Doch das Okkulte beinhaltet im gleichen Maße Licht und Schatten. Man kann dem Zuhörer nur ein komplettes Bild geben wenn man beide Aspekte berücksichtigt.
Led Zeppelin haben durch genau diese Herangehensweise definiert, was Okkult Rock bedeutet.



Für ein paar ausgewählte Shows und Festivals seid ihr bereits bestätigt. Bestehen Pläne, später mehr zu spielen, eine eigene Tour womöglich zu spielen oder wird es erst einmal bei ausgesuchten Auftritten bleiben?


Musik mit Menschen zu teilen, die von ihr berührt werden, ist etwas Wunderbares. In einer Live Situation erfolgt der Austausch von Energien zwischen Band und Publikum auf eine sehr direkte, ekstatische Art und Weise.
Ich freue mich darauf, mit 777 diese feurige Intensität auf den kommenden Festivals zu zelebrieren.



Kann man nach der EP auch in naher oder späterer Zukunft mit einem “vollen” Album rechnen?

Es ist etwas in Arbeit. Mehr kann ich dazu im Moment nicht sagen.



Ein kleines Spiel (falls du Lust dazu hast): Ich gebe dir Textfragmente anderer Bands (die man mehr oder weniger auch zu “okkulten” Bands zählen kann) und du musst erraten, welches zu welcher Band gehört (nicht nachgucken ;)):




a) Kephra by my side
Your sun reveals what comes to pass
Your rays accent the dying night
As I walk your path in ecstasy
Secrets burn divinely
Truth may come with a million faces
This I can see now at last
Truth is already here


b) Only a coward stands in sunlight
On the shores of God’s forbidden streams
So spread your wings, oh Samael
And darken this beggar’s dream

c) Behold the key and crossed bones, behold the hidden path
Behold a sun abloom within the uttermost black
As spirit returns to spirit and flesh to the worm and the hole
I was born of the father and to him with my mother I go

d)
 My eyes wide open, for the first time
The light is falling through the trees
The faces smile at me, colors surround
I am the Cosmonaut of Three

e) From the shadows you have come
To stand across the path of the Sun
Everlasting secrets that you keep
Revealed for those with the will to seek


1: Nightbringer 2: The Devil’s Blood 3: Schammasch 4 Jess and the ancient Ones 5: Orchid

 

Zugegebenermaßen habe ich auf Anhieb nur b) erkannt: The Devil‘s Blood – The Thousandfold Epicentre
Ein sehr wichtiges Album für mich und ein moderner Klassiker. Eine Welt ging bei mir auf, als ich es das erste Mal am Stück mit Kopfhörern anhörte.


Zu guter Letzt vielen Dank für das Interview und auf dem weiteren Weg alles Gute. Letzte Worte…



Danke für die Gelegenheit, über 777 zu sprechen, Alexander. Ein Fragment meiner Seele steckt in Feel the Fire, und es bedeutet mir sehr viel, andere Menschen daran teilhaben zu lassen.
Danke an jeden, der die Musik von 777 mit offenem Herzen hört.

 

Quelle: Niko Biberger, 777
03.06.2018
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