Callejon
Zwischen stummem Film und lauter Musik

Interview

CALLEJON haben vor Kurzem ihr neues Album „Metropolis“ unters Volk gebracht. 1,5 Jahre nach dem letzten Release, dem Coveralbum voller Hip-Hop-Songs „Hartgeld im Club“, besann man sich zurück auf alte Stärken. Bernhard Horn („Bernie“) stand unseren Fragen anlässlich des Releases Rede und Antwort.

Das Interview führte Jannik Kleemann für metal.de.

Ich gratuliere zum Release des neuen Albums. Nach einem experimentellen Album („Fandigo“) und einem weiteren Coveralbum („Hartgeld im Club“) gibt es nun wieder eine Art Rückbesinnung zum ursprünglichen Stil der Band. Wie kam es dazu und steckt da ein System hinter?

Zufällig war das nicht, wir hatten aber auch keinen Masterplan. Es war klar, dass wir ein richtiges CALLEJON-Album schreiben wollten und für uns nach „Fandigo“ und dem Coveralbum auch die logische Konsequenz. Rückblickend betrachte ich „Fandigo“ als sehr wichtig, insofern als dass es gezeigt hat, was CALLEJON-Songs alles sein können und was eben auch nicht. Wir haben CALLEJONs Grenzen gesucht und haben Ideen verwirklicht, die sonst bei CALLEJON keinen Platz hatten. Nach diesen zwei Alben haben wir gespürt, dass wir eine Menge Energie hatten, die heraus wollte.

Erkläre doch bitte einmal das Konzept des Albums, welches ja auf dem gleichnamigen Filmklassiker von Fritz Lang basiert, oder?

Ja und nein. Ja insofern, weil „Metropolis“ als älterer Film (1927) mit seiner Ästhetik die Initialzündung war. Wir finden den Film total spannend mit der Metropolis als Stadt im Film als Symbol für einen dystopischen Makrokosmos, darum haben wir einen Song geschrieben, der davon handelt und das war der erste Song für das Album. Wir haben gemerkt, dass das wie ein Tor in eine eigene Welt war und wir haben dann diese Welt weiter gesponnen. Nein, weil unser Album „Metropolis“ eher eine eigene Welt ist und mit dem Film nicht mehr so viel zu tun hat. Es ist mehr eine dystopische Parallelwelt.

Der Titelsong und Opener des Albums erinnert mich sehr an den Beginn von „Blitzkreuz“, ist das Zufall oder gewollt?

Wenn man Musik macht ist ja auf der einen Seite vieles Zufall, aber auf der anderen Seite macht man es ja schon eine Weile und wir wissen ja auch, was uns gefällt und wie man einen Song spannend aufbauen kann. Dass es da Parallelen zu dem ein oder anderen Song gibt, den CALLEJON schon geschrieben haben, ist ja klar. Ich glaube, dass es von der Stimmung ähnlich ist wie „Blitzkreuz“ ist und zudem ist es ebenfalls der Opener und Titeltrack. Wir haben versucht, alle Stärken, die wir uns in den letzten Jahren angeeignet haben, in „Metropolis“ zusammen zu bringen und das hört man auch.

„Gottficker“ ist auf jeden Fall euer bisher plakativster, eigener Songtitel. Das Video dazu erinnert mich an Splatterklassiker wie „Braindead“. Wo würden wir den Gottficker in Langs „Metropolis“ finden?

Ich weiß nicht, ob in Langs „Metropolis“ Platz für den Gottficker ist. In CALLEJONs „Metropolis“ hat er natürlich seinen Platz und kommt aus den Katakomben empor gestiegen und treibt sein Unwesen nachts in den Straßen, so wie das gute Horrorfiguren machen. Er kommt da, wo man es am wenigsten erwartet, sprengt auch gerne mal eine Party, tritt eine Tür ein oder sägt sie auf mit seiner Kettensäge oder er kommt halt zum Abschlussball.

Mit „Blut“ gibt es dann direkt noch einen Song mit für Callejon doch recht expliziten Lyrics (wenn man „Porn from Spain“ mal ausklammert). Musste Basti Dampf ablassen, oder ist der gestiegene Härtegrad Zufall?

„Blut“ ist nicht Horror im Sinne von einer Geschichte, die erzählt wird. Es ist in andere Hinsicht drastisch. Es geht um ein realistischeres Thema, nämlich was Menschen sich und auch anderen Lebewesen antun können. Wir lassen irgendwo immer Dampf ab, wenn wir Musik machen bzw. ist CALLEJON für uns auch ein Weg, mit der Welt umzugehen, was auf der Welt falsch läuft oder was man ungerecht findet. Da wird die Wortwahl dann auch mal etwas expliziter. Das hat nicht unbedingt was damit zu tun, dass wir einen harten Text machen wollten, sondern es geht um Sachen, die uns beschäftigen.

Ich habe das Album bereits hier. Die Texte sind in einer anderen Reihenfolge abgedruckt, als sie auf dem Album zu hören sind. Wird die Geschichte des Albums chronologisch durcheinander erzählt?

Die Abfolge der Songs auf dem Album ist natürlich gewollt, wie sie ist, um die Dynamik der Songs in ein Bild zu setzen. All diese Songs spielen mehr oder weniger in Metropolis oder nehmen Bezug auf diesen fiktiven Ort, aber es ist keine Geschichte als Ganzes, die wir erzählen. Es gibt also keinen definitiven Anfang oder definitives Ende und demzufolge ist es nicht so wichtig, in welcher Reihenfolge man das genau betrachtet. Wie es im Booklet abgebildet ist, hat auch damit zu tun, wie es visuell am besten funktioniert und, welche Artworks und Grafiken Basti angefertigt hat und wie man diese am besten in Szene setzen kann. Wir haben relativ wenig dem Zufall überlassen.

Kommen wir zur „Metropolis“-Tour, die ja kommenden Frühling stattfinden soll. Warum zwischen dem Release und der Tour so verhältnismäßig viel Zeit vergeht, muss ich nicht fragen. Habt ihr denn zum Release noch etwas geplant, z. B. ein Stream-Konzert?

Wir haben darüber nachgedacht, was man machen kann, aber letzten Endes hat uns keine der Möglichkeiten an Konzerten, die erlaubt sind zu machen und, die man auch verantworten kann zu machen, zugesagt und richtig angefühlt, um das Album zu präsentieren. Ein Releasekonzert mit Sitzplätzen oder festen Bereichen für jeden Zuschauer wäre nicht so, wie ein Metalkonzert funktioniert. Ein Konzert lebt auch von seiner körperlichen Erfahrungen. Auch bei den Streaming- und Autokonzerten, wo der Sound dann aus dem Autoradio kommt, macht es nicht dasselbe mit einem, als wenn man von einer fetten PA weggedrückt wird. Uns als Band ist es auch wichtig, wie man die Songs live inszeniert. Wir wollten nicht unbedingt einen Kompromiss eingehen und ein Streaming-Konzert oder Autokino-Konzert wäre so ein Kompromiss gewesen und da hatten wir keine Lust drauf. Wir hoffen eher, dass die Konzerte bald wieder möglich sind, sodass sie uns und den Fans Bock machen und am Ende sind da vermutlich alle mit glücklicher.

Ihr hattet in der Vergangenheit ja den ein oder anderen Feature-Gast auf euren Alben. Wenn du / ihr dir / euch ein Feature von irgendeinem Künstler auf einem eurer Songs wünschen könntet, wer wäre das?

Von Menschen, die leider schon gestorben sind wäre es mein und auch Bastis Herzenswunsch Peter Steele, weil Basti und ich beide riesige TYPE-O-NEGATIVE-Fans sind. TYPE-O-NEGATIVE ist eine Band, die die Ästhetik und das Feeling von CALLEJON sehr beeindruckt haben.

Wenn wir von realistischen Feature-Gästen sprechen, bin ich großer Fan von Frank Carter (FRANK CARTER & THE RATTLESNAKES). Ich bin auch großer DEFTONES-Fan, aber ich glaube Chino Moreno würde mich einem CALLEJON-Song nicht so viel anfangen können. Die meisten Künstler, die man selber interessant findet, könnte ich mir auch im CALLEJON-Kontext vorstellen, immerhin haben wir ja auch ein Feature mit K.I.Z.!

Die letzten Worte gehören dir. Was muss die Welt 2020 noch über Callejon wissen?

Die Welt muss natürlich wissen, dass unser Album „Metropolis“ gerade erschienen ist und, dass es ein Killeralbum ist. Wir sind wirklich sehr happy mit dem Album, wenn ihr ein Ohr frei habt, hört mal rein. Wir sind nächstes Jahr im Februar oder März hoffentlich auf Tour, sobald wir sicher wissen, dass es stattfinden kann freuen wir uns natürlich noch umso mehr. Bleibt am Ball, haltet durch, am Ende wird alles geil!

 

Quelle: Interview mit Bernhard Horn
23.09.2020

Redakteur für alle Genres, außer Grindcore, und zuständig für das Premieren-Ressort.

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