Herman Frank
Interview mit Herman Frank

Interview

Herman Frank

Wer sich in der deutschen Metal-Landschaft ein wenig auskennt, kommt an dem Namen HERMAN FRANK nicht vorbei. Aktuell ist der Gitarrist mit der Solinger Stahlschmiede ACCEPT auf Tour. Hat aber trotzdem noch Zeit gefunden vorher sein zweites Album “Right In The Guts” zu veröffentlichen. Manch ein Fan behauptet sogar, dass die Platte besser als die neue ACCEPT ist. Das zu entscheiden überlasse ich jedem selbst. Fakt ist aber, dass HERMAN FRANK erneut ein hochgradig explosives Geschoss auf die Melodic-Metal-Welt losgelassen hat. Grund genug, endlich einmal bei Herrn Frank anklingeln zu lassen und ihn nach seinem Wohlbefinden, der neuen Platte und allerlei anderen Dingen zu fragen.

Hey Herman, wie geht’s Dir? Alles gut soweit?

Danke, mir geht’s gut.

Warte mal bitte eine Sekunde, ich schau gerade nochmal nach wie viele Punkte ich dem Vorgänger gegeben habe.

Ah, ok. Vielleicht sollte ich das auch einmal machen. (lacht)

Ich fand‘ die letzte Platte ja schon sehr gut.

Danke. Wie viele Punkte kannst Du denn vergeben?

Maximal zehn und es waren bestimmt nicht weniger als acht. Soviel kann ich schon sagen. Die neue Platte finde ich aber etwas ausgewogener, verglichen mit dem Vorgänger.

Ok, das ist immerhin schonmal ein Anfang. Aber noch steigerungsfähig. (lacht)

Ah, guck. Neun von zehn Punkten hast Du bekommen.

Hey, cool. Warum ist die neue Platte ausgewogener als die alte? Du stehst zwar nicht alleine mit deiner Meinung da, aber mich würde das interessieren. Selbst kann man das immer so schwer beurteilen.

Ja, kann ich verstehen. Ich finde, dass man auf der neuen CD auch nach mehreren Durchläufen immer noch verschiedene Facetten in den Songs entdecken kann. Bei “Black Star” beispielsweise hast Du in der Strophe im Hintergrund noch ein Keyboard eingebaut, das mir bei den ersten Durchläufen gar nicht aufgefallen ist.

Ja, da hat mir was gefehlt. Ich würde eigentlich viel mehr in manche Lieder einbauen. Du weißt ja wie das ist. Man spielt in einem Genre, man hat den Stiefel an. Aber wenns auf der anderen Seite dann zu verspielt wird, ist es auch nicht gut.

Da bist Du ja in demselben Dilemma wie beispielsweise Arjen Lucassen. Den habe ich letztens auch gefragt, warum er denn unter seinem eigenen Namen eine Soloplatte veröffentlicht, wo das ja – seit VENGEANCE – immer der Fall ist. Er meinte, dass unter dem AYREON oder STAR ONE Banner würden die Leute bestimmte Erwartungen an ihn haben. Deshalb die Soloscheibe. Dürfte Dir dann ähnlich gehen, oder?

Ja, es passiert eben schnell, dass man in eine Schublade gesteckt wird und da bleibt man dann auch erstmal. Wehe, man macht dann etwas anderes. Finde ich eigentlich nicht so gut. Ich finde Musik ist experimentierfreudig und man dürfte sich viel mehr austoben. Früher war es ja teilweise schon verpönt einen Keyboard-Teppich irgendwo drunter zu legen. (lacht)

Daran habe ich mich seit unserem letzten Studioaufenthalt gewöhnt. Keyboard-Teppiche machen einfach den Sound fett.

Ja, genau. Das macht einfach Sound. Ich kann mich noch daran erinnern, als die “Turbo” von JUDAS PRIEST heraus kam. Das war ja eigentlich ein Meilenstein und es gab damals echt Umfragen, wem das Album gefällt und wem nicht. Ich fands einfach prima, dass sie auch mal ein paar andere Sachen gemacht haben.

Wobei sie genau deshalb ja auch sehr angefeindet für wurden.

Nach meinem Verständnis aber zu unrecht. Die Platte war wirklich einfach ein Erfolg. Das ist so wie mit den Plattenfirmen die immer nach etwas völlig Neuem suchen und wenn dann wirklich wer mit was Neuem kommt, können sie es nicht einordnen.

Genau. Die Platte bekommt dann irgendein Etikett und zu Rezensionszwecken bekommt die Scheibe dann jemand, der mit der Musik überhaupt nichts anfangen kann.

Ja, genau. Dann hast Du das Problem also auch.

Absolut. Aber lass uns lieber wieder über Dich sprechen.

Ok. (lacht)

Wir hatten ja gestern schon einmal telefoniert, weil es bei Dir terminliche Probleme gibt. Wie bekommst Du die ganzen Termine denn generell unter einen Hut? ACCEPT werden ja nicht gerade wenig zeitintensiv sein.

Ja, bei mir waren die letzten Tage etwas hektisch. Bis du das alles zusammen bekommst, dauert das seine Zeit. Wenn ich nicht gerade mit ACCEPT auf Tour bin oder mit ihnen probe, versuche ich meine Zeit zu nutzen. Mein Tag geht dann auch schonmal von 6h-22h.

Du hast gesagt, dass Du mit deiner eigenen Band möglichst viel live spielen möchtest in den Pausen, die dir ACCEPT lassen.

Auf jeden Fall. Meine letzte Platte kam vor der ACCEPT-Reunion. Wir hatten schon Shows gebucht und auch gespielt. Da kam dann volles Brett ACCEPT dazwischen und dann ging nichts mehr. Hinzu kam, dass wir Probleme mit Joitis hatten. Das ist auch der Grund warum es fast drei Jahre gedauert hat, bis die neue Platte herausgekommen ist. ACCEPT ist ganz klar meine Nummer eins Band. In so einer erfolgreichen Gruppe zu spielen passiert dir nicht zwei Mal im Leben. Da muss man Prioritäten setzen. Das ist ganz klar. Momentan habe ich etwas freie Zeit, weshalb die Platte auch jetzt herausgekommen ist. Ab September sind wir dann wieder mit ACCEPT auf Tour und das dauert bis in den Dezember rein, glaube ich. Da könnte ich über Live-Shows mit meiner Soloband frühestens ab Januar drüber nachdenken. Realistisch ist, dass ich Anfang nächsten Jahres mit der Band auftrete. Soweit ich weiß, machen wir nächstes Jahr mit ACCEPT ‘nur’ Festivals und dann kann ich das Ding endlich ins Rollen bringen.

Das würde ich sehr begrüßen, denn ich habe mich sehr auf Konzerte mit Deiner Band gefreut und dann ging das mit ACCEPT los. Da war ja klar, dass es Solokonzerte von Dir erst einmal nicht geben wird.

Ja, ich habe das auch mit einem lachenden und einem weinenden Auge gesehen. Ich möchte sehr gerne meine eigenen Songs live spielen und die Nachfrage ist durchaus da. Aber ich kann auch nicht einfach blind jemandem zusagen, dass ich spiele und dann kann ich das nicht halten. Die ACCEPT-Termine kann man auch nicht ein halbes Jahr im Voraus buchen. Es geht leider organisatorisch einfach nicht und deshalb ist es auch sehr schwierig wirklich konkrete Aussagen zu machen. Ich würde das super gerne machen. Studioarbeit ist zwar sehr schön und man kann auch eine Menge machen, aber es ist ja nicht erst die zweite Platte, die ich einspiele, haha. Ich finde es mittlerweile interessanter, wenn man auf der Bühne steht. Da kann man dann noch ein paar Sachen herausholen oder ändern, wenn man die Songs ein paar Wochen liegen gelassen hat. Da kann man dann eventuell noch ein Medley oder ein paar coole Teile einbauen.

Ok, dann gehst Du eher mit Jimmy Page konform. Der hat mal gesagt, dass er auch nie zweimal das gleiche Solo spielt.

Kann sein, haha. Bei den paar Soli, die ich bei ACCEPT habe, spiele ich auch jeden Abend etwas anderes. Das werde ich dann bei meiner Platte nicht machen. Vielleicht verlängere ich den Soloteil einfach und daddel mir dann einen zurecht. (lacht) Für mich gibt es eigentlich nichts langweiligeres, als jeden Abend das Gleiche zu machen. Dann könnte ich auch genauso gut klassischer Musiker werden, der Note für Note spielt und die Lautstärke vorgegeben bekommt.

Kann ich vollends nachvollziehen, weil ich das genauso mache. Ich suche mir bei meinen Soli immer die drei klassischen Eckpunkte Anfang – Klimax – Ende an denen ich mich orientiere und ansonsten spiele ich auch immer etwas anderes.

Ja. So macht man da ja auch. Es ist aber beispielsweise auch so, dass ich viele Sachen vom Demo stehen lasse. Wenn ich manche Teile bewusst schön machen möchte, habe ich fest gestellt, da fehlt dann sehr oft einfach das Feeling. Das mache ich aber auch viel mit Rhythmusgitarren. Wenn da links oder rechts dann auf der Aufnahme auch schonmal ein Kratzer drin ist, ist mir das mittlerweile wurscht. Das hört dann zwar jemand, der das Instrument spielt, aber es sind auch eben diese Ecken und Kanten, die eine Platte interessant machen. Ich habe ja auch viel produziert und die Leute sagen oft: ‘Wir klingen nie so, wie wenn wir live spielen.’ Da sage ich immer ‘kein Wunder, wenn ihr alles perfekt machen wollt.’ Das klingt dann halt nicht so.

Wohl wahr. Wieso hast Du dir eigentlich einen zweiten Gitarristen ins Studio geholt? Die Parts hättest Du doch auch alleine spielen können.

Ja, ich habe ja auch viel selber gemacht. Der Christos ist mein Kumpel hier in Hannover. Der hat mir bei den Live-Sachen schon sehr viel geholfen und deshalb ist der fest mit dabei. Im Prinzip suche ich ja eine feste Band. Man kann es als Soloprojekt sehen, aber eigentlich ist es eine Band. YNGWIE MALMSTEEN oder AXEL RUDI PELL sind ja auch im Prinzip Bands. Ich habe mich nur entschieden meinen Namen drüber zu schreiben, weil ich die Songs schreibe und die Platten auch produziere. Einer muss ja den Kopf hinhalten. Und der Christos ist einfach mein Kumpel, deshalb habe ich ihn mit drauf geschrieben. Selbst wenn er keinen Ton gespielt hätte, hätte ich ihn drauf geschrieben. Der gehört einfach dazu. Wenn mich Leute lange begleiten, dann sollen sie auch die Credits bekommen. Da habe ich auch kein Egoproblem. (lacht)

 

Welche sind denn Deine Lieblingsstücke auf dem neuen Album?

Alle, hahaha.

Naja, das ist ja die Standardantwort. Geht’s auch ein bisschen genauer?

Wenn ich Dich fragen würde, welches deine Lieblingsstücke auf deiner Platte sind würdest Du doch auch alle sagen.

Nein, ich könnte Dir sogar ganz genau sagen, welche das sind.

Die, die Du geschrieben hast, nehme ich an. (lacht)

Eigentlich habe ich die bis auf einen alle selbst geschrieben.

Ok. Dann kannst Du das besser beurteilen als ich. Wenn ich die jetzt alle aufzählen muss…hm… Schwierig, weil sie mir wirklich alle gefallen. Sonst hätte ich sie ja nicht aufgenommen.

Gut. Ich frage aus einem bestimmten Grund und nicht, weil ich hier ein paar Minuten füllen möchte. Ich finde nämlich, dass die Neue eine der Platten ist, wo die Lieblingssongs quasi täglich wechseln können.

Das Gefühl habe ich auch. Du nimmst mir da die Worte echt aus dem Mund. Mal finde ich “Falling To Pieces” total geil, dann wieder “Black Star” oder “Starlight”. Jeder der Songs hat einfach seinen eigenen Charme.

Genau. Gestern Abend, als ich die Platte nochmal gehört habe, haben mich vor allem “So They Run”, “Lights Are Out” und “Waiting” umgehauen.

Ja, genau. Und bei manchen Songs weißt Du dann gar nicht, wo du sie hinstellen sollst. Das war echt ein Problem und mir war es zum Schluss auch völlig egal in welcher Reihenfolge die Songs auf dem Album sind.

Du hast bei dem Albumtitel “Right In Your Guts” nicht zufällig an “Balls To The Wall” gedacht, oder?

Das kann ich gar nicht so sagen. Aber stimmt, jetzt wo Du es sagst, hahaha. Man könnte eine Verbindung zu dem Titel herstellen. Der Song war auch eventuell für ACCEPT angedacht. Ich habe den hier schon zwei Jahre auf Halde liegen. Hätte in dem Kontext dann ja auch vielleicht ganz gut gepasst.

Wie ordnest Du dich denn bei ACCEPT unter? Fällt Dir das schwer?

Nein, eigentlich nicht. ACCEPT sind halt Wolf Hoffmann und Peter Baltes. Die machen die Band ja schon über dreißig Jahre. Wohingegen in am Anfang zwei Jahre dabei war und dann seit 2005 wieder. Man muss sich auch vor Augen halten, dass die Musik von ACCEPT für zwei Gitarren gemacht ist und irgendeiner muss den Job ja machen, den ich da mache. (lacht) Das ist aber vielleicht auch ein Grund, warum ich meine eigenen Sachen immer nebenher mache. Einfach um mich auszulasten.

Also könnte man auch sagen, dass Deine Beteiligung an ACCEPT wie Urlaub von den eigenen Projekten ist, weil Du da nicht so viel Input geben musst?

Puh, schwierig zu sagen. Es ist einfach ein Teil meines musikalischen Lebens. Wenn ich eine Band produziere, mache ich das auch um Geld zu verdienen, ganz klar. Nur leider ist es heutzutage ja so, dass es immer schwieriger wird von Musik zu leben. Dank des Rechtsbewusstseins gegenüber Downloads.

Was die Downloads betrifft, rennst Du bei mir mit deiner Meinung offene Türen ein. Das Problem betrifft ja nicht nur große Bands, sondern auch kleine.

Ja, man muss sich das mal überlegen. Wenn ich Schlosser bin oder irgendeinen anderen Beruf habe und auf einmal gehen zwei Drittel meines Einkommens geklaut, würde jeder auf die Barrikaden gehen. Aber das ist eine andere Diskussion. Ich tue meine Meinung dazu gerne kund.



Du hast auf deinen Covern immer so ein schönes Köpfchen drauf…

Hahaha, ja. Bei dem ersten Albumtitel “Loyal To None” habe ich mir gedacht, da muss ein Totenschädel drauf, das alte Piratenzeichen. Das war von vornherein klar. Dann kamen wir irgendwann auf die Idee den Totenkopf als Zeichen von Kontinuität weiter zu benutzen und auch zu zeigen, dass HERMAN FRANK keine Eintagsfliege ist. Ich werde versuchen das bis an mein Lebensende durch zu ziehen und da brauche ich auch durch das Cover eine gewisse Kontinuität. Außerdem, der Metaller braucht einen Schädel.

Stimmt, hahaha.

So ist es einfach, finde ich. Mich haben auch schon zig Leute gefragt, ob das was mit IRON MAIDEN zu tun hat und ob ich einen Namen für das Maskottchen hätte. Habe ich gesagt, ja, Karl-Heinz. Eigentlich ist es aber auch Zufall. Ich finde das Motiv halt nur sehr geil, weil das auch auf einem Shirt sehr gut kommt.

Ja, wohl wahr. Findest Du die neue Platte eigentlich härter als die erste?

Kann ich schwer sagen. Nein, eigentlich nicht. Ich vergleiche die beiden Platten auch nicht so wahnsinnig oder suche nach Unterschieden. Für mich war der Ansporn eher, dem ersten Album einen würdigen Nachfolger zu schreiben. Ob ich die erste Scheibe jetzt getoppt habe, oder nicht, entscheiden dann ja wieder die Kritiker und die Fans. Für mich selbst ist die Platte jetzt nicht schlechter als die erste. Genau das ist ja auch die Herausforderung. Wenn man ein gutes Album gemacht hat, ist der Anspruch eben ein ebenbürtiges hinterher zu schieben.

Das ist Dir gelungen. Herman, ich danke Dir für das Gespräch. Hat mich sehr gefreut.

Ja, hat mich auch gefreut. Ich würde sagen, ich mache einfach schnell eine neue Platte und dann quatschen wir weiter.

20.08.2012
Exit mobile version