Marathonmann
Interview mit Sänger Michael Lettner zum Album "... und wir vergessen was vor uns liegt"

Interview

Marathonmann

MARATHONMANN haben jüngst „… Und Wir Vergessen Was Vor Uns Liegt“ veröffentlicht und tatsächlich noch eine Schippe drauflegen können. Zuckersüße und leicht depressive Melancholie, die letztendlich doch nur Positives auslöst und den Hörer zum Nachdenken anregt. Wir sprachen wieder mit Sänger Michael Lettner – über die persönlichen Texte, ob MARATHONMANN schon ihr persönliches Ziel erreicht haben und über Inspirationen.

Beim letzten Interview hast du zusammengefasst angekündigt, dass alles etwas größer werden sollte bei der neuen Platte. Wie würdest du jetzt die Unterschiede zu „Holzschwert“ beschreiben?

Also ein großer Unterschied zwischen „Holzschwert“ und der neuen Platte ist die Thematik. „Holzschwert“ handelte von der Vergangenheit. Das neue Album von der Gegenwart und dem Blick in die Zukunft. Es ist auch musikalisch einfach ein Schritt nach vorne. Wir haben uns einfach mehr Gedanken gemacht. Wir sind mit „Holzschwert“ immer noch 100 % zufrieden, aber die neue Platte ist auf jeden Fall eine Weiterentwicklung in jeder Hinsicht. Wir haben uns als Musiker und vor allem als Menschen auch stark weiterentwickelt.

Rein auf dich bezogen: Als Künstler, wie hast du dich da verändert?

Ja, wie schon gesagt, hat uns die gesamte Bandzeit verändert. Mann muss sein Leben einfach komplett auf die Band einstellen. Wir arbeiten wirklich viel an uns. Proben drei bis vier Mal die Woche, basteln an unserem Equipment und stecken einfach alles in die Musik. Wir haben alle noch normale Jobs und Beziehungen. Und das alles unter einen Hut zu bringen, lässt einen oft an seine Grenzen stoßen. Ich lebe einfach mehr für die Musik und sehe viele Dinge anders als früher. Das ist alles eine sehr spannende Fahrt.

Glaubst du, dass der typische MARATHONMANN-Stil jetzt gefunden ist oder denkst du nur von Platte zu Platte?

Ich denke, wir haben auf jeden Fall unseren Stil gefunden. Das heißt nicht, dass wir die nächste Platte genauso machen. Aber selbst wenn die nächste eine Jazzplatte wird, würde man merken, das es eine MARATHONMANN-Jazz Platte ist.
Es liegt einfach an den Einflüssen der einzelnen Personen in der Band. Da kommt halt immer MARATHONMANN raus. Was mich sehr freut!

Wie lange habt ihr jetzt letztendlich an dem neuen Album gearbeitet und wie viele Songs hattet ihr am Ende zusammen?

Ich glaube, neue Ideen hatten wir schon kurz nach „Holzschwert“. Aber so richtig Songwriting betrieben, haben wir glaube ich im November/Dezember. Wir trafen uns mehrmals die Woche und haben einfach Ideen am PC eingespielt.

Die Platte war in ca. 3 Wochen fertig. Aber das darüber Nachdenken und sich damit auseinandersetzen, hat schon lange vorher stattgefunden. Christian kam ja auch neu in die Band und dann war eben auch nochmal eine spannende und wichtige Sache. Das Songwriting hat aber echt Spaß gemacht!! Die Texte kamen dann mit der Zeit.

 

Habt ihr auch noch altes Material vom „Holzschwert“ verwendet?

Ne, gar nix. „Holzschwert“ war abgeschlossen. Wir waren bereit für das nächste Kapitel.

Was steckt hinter dem Songtitel „73162“?

Dahinter steckt das Challenger Unglück. Ich bin eines Tages im Internet drauf gestoßen und habe mir das alles durchgelesen. Irgendwie hat mich das alles sehr gepackt und sehr nachdenklich gemacht. Hunderte Leute planen Monate den Start und alle sind sich 100 Prozent sicher, dass nichts schief läuft. Und dann ein paar Sekunden nach Start des Shuttles explodiert es und die Besatzung ist tot. Niemand weiß, was zu tun ist, alle sind starr.
Das ganze hat mich eben nochmal sehr zum Nachdenken gebracht, dass, egal wie sicher man sich ist und wie gut man alles geplant hat, alles innerhalb von einer Sekunde vorbei sein kann. Das Leben kann sich in einer Sekunde ändern. Mann kann eigentlich nichts steuern. Darum sollte man seine Zeit nicht verschwenden. 73162 ist die genau Zeit, nach der das Shuttle zerbrochen ist.

Über „Abschied“ haben wir auch beim letzten Interview gesprochen. Ein toller Song, in dem es um deinen verstorbenen Großvater geht. Denkst du, der Song würde ihm gefallen und hast du ihn schon live gesungen? So emotionsgeladen wie der Song ist, stelle ich mir das etwas schwierig vor.

Danke dir! Ja ich glaube, er wäre stolz. Er hat ja diese Musik Art nicht gehört, aber ich denke, darum geht es nicht. Es hätte ihm bestimmt gefallen. Ja ich habe ihn schon live gesungen und ich freue mich immer, wenn der Song kommt. Wie gesagt, denke ich dann eher an die guten Zeiten mit ihm, als das ich denke er ist gegangen. Darum habe ich den Song auch geschrieben, um mich immer wieder zu erinnern, was für ein großartiger Mensch er war.

 

 

Du wirst oft von Fans angesprochen, dass deine Lyrics über schwere Zeiten hinweg geholfen haben – kannst du uns verraten, ob es auch einen Künstler gibt, der dir ein Schlüsselerlebnis verschafft hat und aus der Ferne einen Lösungsansatz geliefert hat?

Ich glaube, es ist die Musik generell, die mir schon oft in schweren Zeiten geholfen hat. Schwierig einen Künstler zu nennen. Ich denke, ein bisschen waren es THE ATARIS mit der „So Long Asotria“ – Platte. Ich habe davon auch ein Tattoo und auf dieser Platte waren einfach alle Gefühle vorhanden, die ich damals hatte und immer noch habe. Einfach übers erwachsen werden.

Gibt es einen Text oder ein Lied eines anderen Künstlers, von dem du dir wünschtest, es geschrieben zu haben?

MIKROBOY mit „Herzen aus Holz“ und LESS THAN JAKE mit „Time of me life“. Bestimmt noch ein paar, die mir nicht einfallen. Aber im Grunde will ich niemanden kopieren und lieber meinen eigenen Stil haben.

 

Erzähl mir was zum Cover, es erinnert mich an Wilhelm Busch und zeigt eine alte Frau? Was symbolisiert die Person?

Mit Wilhelm Busch hat das leider nix zu tun. Wir wollten einfach eine Person auf dem Cover die diesen einen Blick hat. Einen Blick der sagt: Ich habe mein Leben gelebt und bin hier an diesem Punkt angekommen und kann stolz drauf sein, was ich getan habe. Ich habe gelebt, bin glücklich, habe aus Fehlern gelernt und würde alles genauso wieder machen.

Legst du Wert auf ansprechende Cover und bist du noch einer von denen, der sich die Cover und das Booklet während des Genusses der Platte anschaut?

Oh ja, ich lege sehr viel Wert aufs Cover. Ich bin auch großer Plattenfan, da ich einfach was in der Hand haben will. Wenn mich ein Cover anspricht, höre ich mir die Band eher an. Da hat man schon viel gute Musik gefunden und das gehört einfach dazu finde ich. Es muss ein Gesamtkunstwerk sein.

Auf YouTube sieht man dich eure Platte vorstellen. Du zeigst kurz die CD in die Kamera und packst dann freudestrahlend und stolz die vier erhältlichen und verschiedenfarbigen LPs aus. Bist du ein Sammler von außergewöhnlichen Editionen und Fanpackages?

Ha ha! Ja ganz genau, wie ich schon erwähnt habe, bin ich wirklich ein großer Plattenfan und freu mich immer, wenn die Platten farbig sind oder in tollen Bundles erhältlich. Mit Shirt oder toller Box drum rum, oder Fotobuch. Ich liebe sowas und das macht einfach Spaß.

Auf dem Album gibt es drei Extrastücke, die bei meiner Promo-Version leider nicht dabei waren. Was sind das für Songs und was macht sie zu „Extrastücken“?

Es war sehr schwer zu entscheiden, welche Stücke auf die normale Platte kommen. Ich bin echt froh, dass es die Special Edition gibt. Wir lieben diese Stücke genauso wie die anderen, aber wir haben uns gegen sie entschieden, da sie einfach nicht in den Albumfluss gepasst haben. Das ist einmal der Titel „Gleichheiten“. Ein Mid-tempo Song mit zusätzlicher Akustik Gitarre. Er behandelt das Thema Rassismus. Dann der Song „Falscher Kurs“, der ein bisschen düster daherkommt. Dann gibt es noch den Song „Das Leben“. Das ist auch ein sehr, sehr ernster Song und behandelt das Thema Ehrlichkeit. Sehr schwierig zu erklären. Das ist auf jeden Fall mal was anderes. Ich bin mega froh, dass der Song auf der ersten Auflage drauf ist. Mir ist der total wichtig.

Jetzt habt ihr schon mit so vielen Bands gespielt. Mit wem würdet ihr denn gerne mal spielen?

IRON MAIDEN

Wie reagieren die Fans bei Konzerten auf eure Musik?

Das ist immer sehr unterschiedlich, aber eigentlich geht immer irgendwas. Das ist immer recht spannend. Zuhören, tanzen, trinken… bei einem Konzert von MARATHONMANN geht alles!

Ihr spielt ja auch auf zahlreichen Festivals, mir kommt es beinahe so vor, als ob ihr schon so gut wie überall gespielt habt. Gibt es ein Festival, dass dir besonders am Herzen liegt und falls ja, warum?

Also ich wollte schon immer auf dem Southside Festival spielen. Ich weiß gar nicht warum, aber das hat sich dieses Jahr erfüllt und es war großartig. Wahnsinn!!!! Ansonsten ROCK IM PARK. Einfach, weil es so groß ist!!

Und was steht jetzt konkret an, erst die Veröffentlichung und dann?

Erstmal Veröffentlichung, dann Festivals spielen und unterwegs sein. Im Dezember dann auf eigene Tour. Aber was sonst noch passiert, kann man nicht sagen. Bis jetzt sind immer plötzlich verrückte Dinge passiert. Ich hoffe, das geht so weiter. Auf jeden Fall kein Stillstand.

29.07.2014
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