Nachtmystium
Interview mit Blake Judd zu "Silencing Machine"

Interview

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„Silencing Machine“ ist das bereits sechste Studioalbum der umtriebigen Band um Kopf Blake Judd. Inzwischen sind NACHTMYSTIUM weltweit bei Century Media unter Vertrag, spielen nahezu jede Woche eine Show und haben es geschafft, zu einer vollständigen, zusammengeschweißten Band zu werden. Blake Judd stand uns Rede und Antwort zu Album Nummer eins nach den beiden „Black Meddle“-Teilen, weshalb gerade Sanford Parker sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Bestandteil NACHTMYSTIUMs entwickelte und er blickt sogar noch mal auf die vergangene Tour zurück. Eins ist jedenfalls klar, es gibt viel zu erzählen, kein Wunder bei einem solchen Finsterling wie „Silencing Machine“.

 

Lass uns doch zunächst mal einen Blick auf eure letzte Tour werfen. Es war das erste Mal, dass ihr ganz problemlos alle Daten in Deutschland spielen konntet, oder? Wie war die Tour denn ganz allgemein für euch?

Es war großartig! Wir haben eine Menge fantastischer Fans in Deutschland (und im Rest von Europa), aber wir haben dort nie so viel gespielt wie auf dieser Tour. Wir haben allein neun Shows in Deutschland gespielt und alle waren spektakulär. Die Leute waren einfach klasse. Und was am wichtigsten ist, ich glaube, jeder versteht NACHTMYSTIUM endlich, von daher freuen wir uns schon sehr zurückzukommen. Ich glaube wir kommen Anfang nächstes Jahr wieder und wir freuen uns alle wirklich riesig!

Ihr habt ja zuletzt in Europa über Candlelight Records veröffentlicht und in den Staaten bei Century Media, nun haben letztere euch ja weltweit unter Vertrag genommen. Macht es das leichter für euch und was zeichnet Century Media als „den richtigen Partner“ für NACHTMYSTIUM aus? Und was passiert eigentlich mit deinem eigenen Label Battle Kommand, das seit einer Weile auf Eis liegt?

Wir hatten in den vergangenen Jahren eine wirklich gute Beziehung zu Century Media und es fühlte sich wegen der großartigen Arbeit, die sie in Nordamerika abliefern, einfach nach der richtigen Entscheidung an um voranzukommen, mit ihnen als weltweites zu Hause für NACHTMYSTIUM. Das europäische Team war ebenfalls wirklich fantastisch für uns und ich sehe nur, wie NACHTMYSTIUM dank ihres Einsatzes auch bei euch drüben immer weiter wächst. Battle Kommand wurde ursprünglich geschlossen, weil ich einfach zu viel mit NACHTMYSTIUM zu tun hatte und dem nicht die nötige Aufmerksamkeit widmen konnte. Wenn ich etwas anpacke, dann zu 100 Prozent und ich hatte einfach keine Zeit mehr.

Ich weiß nicht ob Battle Kommand jemals als vollwertiges Label zurückkehren wird, aber ich habe mir darüber noch keine wirklichen Gedanken gemacht. Ich hatte eine Menge Spaß daran, das Label zu betreiben und mit den Bands zu arbeiten, daher könnte ich mir schon vorstellen, dass ich mich dazu entscheide, es an irgendeinem Punkt wieder aufzunehmen. Ich arbeite momentan an ein paar Ideen und ich glaube, wir müssen einfach alle abwarten, was daraus schlussendlich wird.

„Silencing Machine“ ist nach zwei Alben das erste, das kein Teil der „Black Meddle“-Reihe ist. Von Back To The Roots als solches kann man zwar nicht sprechen, doch ein gewissen Anflug „Instinct Decay“ wirst du schlecht leugnen können. Warum wieder mehr „Black Metal“? Wird es eigentlich je einen dritten „Black Meddle“-Teil geben?

Als wir uns auf die Reise begaben um die „Black Meddle“-Alben zu erschaffen, waren lediglich die zwei Alben geplant. Während der Kampagne um „Instinct: Decay“ laberte jeder davon, wie „seltsam“ die Scheibe war und daher entschieden wir uns, noch einen Schritt weiterzugehen – den Black Metal weiter und weiter auszureizen.  Da kam dann die Idee für die “Black Meddle“-Alben auf. Und dann, nachdem wir „Addicts“ fertiggestellt hatten, fühlten wir einfach, dass das Kapitel abgeschlossen sei, noch experimenteller zu werden hätte sich für uns einfach gezwungen angefühlt. Daher haben wir uns entschlossen, dieses Album zu machen. Es ist einfach natürlicher für uns, so zu klingen wie jetzt. Es ist definitiv kein stereotypischer Black Metal, aber vom Feeling her doch deutlich Black-Metal-lastiger als die letzten beiden Alben.

Ich weiß aber noch nicht, was als nächstes kommt. Wir werden das entscheiden, wenn wir wieder mit dem Songwriting beginnen. Das einzige was ich sagen kann ist: Ich schließe nie etwas aus und deshalb kann ich kein weiteres „Black Meddle“-Album ausschließen, aber ich habe die Arbeit an diesem Album wirklich genossen und ich mag das Album wirklich sehr und von daher bleiben wir vielleicht noch eine Weile auf diesem Pfad.

Glaubst du eigentlich, dass gerade Fans der letzten beiden Alben erschwerten Zugang zu „Silencing Machine“ haben oder gar verprellt werden könnten? Sicher, darauf sollte natürlich niemand Rücksicht nehmen, aber dennoch, denkst du das jene, dem Black Metal nicht unbedingt zugetane Hörer auch mit eurer eher rohen, straighten Seite umgehen können?

Ich glaube nicht, dass irgendjemand ein Problem damit haben wird, wenn er NACHTMYSTIUM mit den „Black Meddle“-Alben für sich entdeckt hat. Wir haben nach wie vor eine Menge dieser Parts auf dem Album, sie sind nur etwas anders verteilt. Ich denke auch, dass das ebenfalls richtig gute Songs sind und deshalb glaube ich, Fans, die “Black Meddle“ mochten, werden auch etwas in im Songwriting dieses Albums finden. Ich glaube es hat etwas für beide, für alte Fans und für unsere neuen Fans.

Die Stimmung auf „Silencing Machine“ ist wieder ziemlich düster, zeitweise würde ich es gar als depressiv beschreiben, aber ich habe irgendwo gelesen, dass jemand „Borrowed Hopes And Broken Dreams“ als gar fröhlichen Song bezeichnet hat. Kannst du das nachvollziehen? Für mich ist das einer der tiefgehendsten Songs auf dem Album.

Das empfinde ich ähnlich. Es ist ein wirklich finsterer Song – aber, es klingt deutlich eher nach dem Black Meddle von den vorigen Alben und daher kann ich verstehen, weshalb manche das Wort „fröhlich“ nutzen um es zu beschreiben. Ganz einfach deshalb, weil es nicht so klingt wie der Rest des Albums und es ist sicherlich nicht so finster wie der meiste Black Metal. Aus meiner Sicht ist aber nichts an diesem Album fröhlich, sondern es ist finster, depressiv und es ist wirklich abgefuckt, aber ich kann verstehen, das „Borrowed Hope And Broken Dreams“ unterschiedlich wahrgenommen wird.

Während ihr auf den letzten beiden Alben ziemlich bodenständige Themen wie das Leben auf Tour und eure Vorliebe für bewusstseinserweiternde Substanzen behandelt habt, scheint auch „Silencing Machine“ thematisch wieder in eine andere Kerbe zu schlagen. Magst du etwas mehr über den Inhalt der zehn Stücke erzählen?

Nichts wirklich spezielles. Um ehrlich zu sein ist es wie auf den meisten unserer Alben. Es geht um persönlichen Kram. Wir sind inzwischen durch mit diesen Drogen-Geschichten. Die Jungs in der Band und ich sind seit einer ganzen Weile schon ziemlich entspannt, jeder ist eben älter geworden. Dementsprechend ist da auch nicht mehr dieser Kampf. Es geht also mehr um unsere Leben. Es gibt ein bisschen was auf dem Album, dass man als Black-Metal-Themen gelten lassen könnte, da wir Religionen angreifen. Allerdings geschieht das nicht auf diese billige, satanische Weise, sondern eher auf dem gebildeten, was-geht-heute-ab-in-dieser-Welt-Niveau.

Eine Sache, mit der ich und ein paar andere in der Band zu kämpfen haben, sind diese intensiven Höhen und Tiefen in unseren Leben. Wenn wir auf Tour sind, ist das ein „los, los, los“ für zwei Monate. Wenn du dann Nachhause kommst, hört das abrupt auf. Das ist eine wirklich seltsame Sache, vor allem wenn du zu Hause keiner regulären Arbeit nachgehst, was viele von uns nicht tun – wir leben eben von dieser Band. Also kommen wir zurück und das Leben stoppt einfach ganz plötzlich. Das ist eine ganz merkwürdige Situation, wenn du in einer Serie von Höhen und Tiefen lebst. Es ist unglaublich stressig, in so vielerlei Hinsicht – vor allem aber die Ungewissheit für die Zukunft. Das alles ist bei uns ziemlich verbreitet, vor allem da wir älter werden. Wir sind kurz davor, die Dreißiger zu erreichen, wir heiraten und bekommen Kinder. Es gibt also eine Menge Chaos in unseren Leben, das aufgeräumt werden muss um funktionstüchtige Erwachsene sein zu können und vieles auf dem Album handelt eben genau von diesem Kampf.

Du hast zum ersten Mal ein ziemlich stabiles Line-up um dich herum. Wie fühlt es sich an, sich nicht immer auf neue Charaktere einzustellen und wo liegen deiner Meinung nach die Unterschiede zwischen deinen jetzigen Mitstreitern und denen aus der Vergangenheit?

Es hat alles einfacher gemacht. Ich sage dir so viel – einfach zu wissen wie die Leute spielen, wenn du mit ihnen spielst, ist unglaublich beruhigend. Bisher waren wir die Könige darin, Sessionmusiker zu engagieren. Das jetzige Line-up hat über 300 Shows in den letzten zweieinhalb Jahren gespielt. Wir waren mehr eine Gruppe als bei all den anderen Line-ups, die wir zusammengestellt haben. Es ist wirklich cool, da es sich fast so anfühlt als seien wir eine neue Band. Du musst dir mal vorstellen, wir sind in der Konstellation erst seit drei Jahren beisammen und der Name existiert inzwischen schon seit 13; es ist einfach diese Kern-Truppe seit Anfang 2010 und es gab nie Risse: Jeder ist mit an Bord, jeder macht mit und jeder respektiert den anderen. Das Songwriting ist nicht so einseitig wie in der Vergangenheit.

Damals brachte ich immer eine Menge an Sessionleuten in die Band und damit fühlte ich den Drang, der dominante Songschreiber zu sein, weil das Leute waren, die außerhalb der Band standen und nicht wie ich seit Jahren ein Teil davon waren. Aber ein paar ziemlich erfolgreiche Platten mit Sanford zu machen und in der Lage zu sein, die ganze Aufregung, die mit ihm gekommen ist, zu genießen, hat uns ziemlich dafür begeistert, weiter zusammenzuarbeiten. Die anderen Jungs sind alle erfahrene Musiker, die über die Jahre in verschiedenen Bands aktiv waren und sich den Arsch aufgerissen haben. Es ist schön für sie, in eine Band zu kommen, die deutlich aktiver ist als all ihre anderen Projekte und auch das Gefühl zu bekommen, für all ihre harte Arbeit entschädigt zu werden. Es ist einfach eine wirklich gute Situation und jeder genießt sie vollauf.

Sag mal, Sanford Parker war doch zuletzt auch an der Produktion beteiligt, in welchen Rahmen hat er denn an „Silencing Machine“ mitgewirkt?

Sanford Parker ist heutzutage ein vollwertiges NACHTMYSTIUM-Mitglied und hat viel Arbeit in das neue Album gesteckt. Natürlich hat er all die Synthies und elektronischen Parts übernommen, aber er hat auch alles produziert. Wie ich schon sagte, er und ich haben eine Menge großartiger Songs zusammen geschaffen und ihn mit an Bord zu haben ist ein unglaublich wichtiger Teil der Band.

Auf „Addicts“ hattet ihr ja eine Reihe von Gastmusikern, wie sieht es damit auf „Silencing Machine“ aus? Worin liegt denn eigentlich für dich persönlich der Reiz noch Gastmusiker mit auf dem Album einzubinden?

Einer der Hauptschwerpunkte für dieses Album war, sicherzustellen, dass wir das komplette Material auch live spielen können. Auf den letzten beiden Alben gab es eine Menge Zeug, das wir nicht live spielen können, ohne Gastmusiker auf die Bühne zu holen und das ist schön und gut, aber macht es unglaublich schwer, neue Songs im Set aufzunehmen. Alles auf „Silencing Machine“ kann problemlos live gespielt werden und darüber sind wirklich froh.

Ihr seid eine absolute Tour-Band. Die ersten Daten für die USA sind schon wieder bestätigt, werdet ihr nach dem Release von „Silencing Machine“ auch mal wieder nach Europa bzw. Deutschland kommen?

Ja, absolut! Ich liebe es, live zu spielen – ich liebe die Energie, wenn ich diese Songs live spiele. Wir spielen ein paar Gigs am Ende des Monats und planen dann eine komplette Nordamerikatour im Herbst, die hoffentlich bald angekündigt wird. Im Winter planen wir, zurück nach Europa zu kommen. Wenn alles wie geplant läuft, möchte ich Anfang 2013 eine komplette Europatour spielen. Wie auch immer das laufen wird, wir sind bald zurück und freuen uns, alle unsere Fans wiederzusehen und ihnen das neue Material vorzustellen!

Blake, ich danke dir für das Interview! Ich hoffe man sieht sich bald mal wieder, die letzten Worte gehören natürlich selbstredend dir.

Danke dir für das Interview und die Unterstützung! Wir sehen uns bald!

27.07.2012

Chefredakteur

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