Omnium Gatherum
Klischee-Alarm! Landeskunde mit den Finnen

Interview

OMNIUM GATHERUM haben erst vor Kurzem ihre gemeinsame Co-Headline-Tour mit SKÁLMÖLD hinter sich gebracht. Während aktuell schon der zweite Teil der „Arctic Circle Alliance“ Tour in Planung ist, habe ich es mir natürlich nicht nehmen lassen, mir schon bei den Konzerten im November 2017 eine volle Dröhnung abzuholen. Deshalb war ich gleich bei drei Konzerten vor Ort (Den Tourreport findet ihr hier) und habe mir die Jungs von OMNIUM GATHERUM auch für ein Interview klargemacht.

Finnische Landeskunde mit OMNIUM GATHERUM

Wie bei den Kollegen von SKÁLMÖLD auch, wollte ich den sowieso schon eintönigen Touralltag aber nicht durch ein 08/15-Interview noch langweiliger machen. Es gibt also – bis auf ein paar kurze Fragen am Ende – eigentlich fast nichts zur Musik von OMNIUM GATHERUM zu lesen. Stattdessen haben Sänger Jukka Pelkonen und Gitarrist Joonas Koto (auf dem Titelbild die beiden in der Mitte) ein paar Einblicke in die finnische Landeskunde gegeben. Genauer gesagt habe ich sie zu einigen Klischees über Finnen befragt, die sich hartnäckig halten und bei denen, wenn wir mal ehrlich sind, sowieso klar war, dass da was dran sein muss. Entgegen des Klischees, dass man Finnen alles aus der Nase ziehen muss, waren die beiden aber sehr redselig.


Dann legen wir gleich mal los mit den Klischees. Ihr habt eine Sauna bei euch zuhause.

Beide: Ja.

Ihr geht mindestens einmal die Woche in die Sauna.

Jukka: Nein, ich benutze die garnicht.

Was? Warum?


Jukka:
Die überlasse ich meinen Katzen. So haben sie ein eigenes Zimmer.

Du machst die Sauna aber nicht an, wenn die Katzen drin sind?

Jukka (lacht): Nur manchmal, wenn ich sauer bin.

Alle lachen

Joonas: Ich gehe so einmal die Woche.

Nächstes Klischee. Ihr setzt euch im Bus nicht neben jemand Fremdes. Außer es geht nicht anders.

Joonas: Ich nehme keinen Bus. Außer es geht nicht anders.

Jukka: Ja, ich auch nicht. Öffentliche Verkehrsmittel sind für Loser (lacht).

Auf meinen „pikierten“ Blick folgt allgemeines Gelächter

Ihr fahrt also Auto.

Beide: Ja.

Joonas: Und ich laufe. Oder fahre überall hin Ski.

Und wenn du bergauf musst?

Joonas: Dann ziehe ich sie Ski aus und trage sie.

Jukka: Genau.

Joonas: Oder nehme den Bus.

Wir lachen

Und was passiert dann?

Joonas: Vielleicht… sitze ich dann… neben jemand Fremdem. Im Bus.

Jukka: Und dann sind wir keine Fremden mehr.

Joonas: Dann sind wir eine Familie.

Jukka: Wie sagt man, „Frangers“ [Friends + Strangers, Anm. d. Red.] Nicht wirklich Freunde, nicht wirklich Fremde.

Galerie mit 17 Bildern: Omnium Gatherum - The Arctic Circle Alliance - Chapter One in Köln

Also ist „Finnish personal space“ ein Klischee oder ist da was dran?

Jukka: Hmm, kommt drauf an. Man sollte einen bestimmten Abstand halten, aber wenn man trinkt, wird der mit jedem Getränk kleiner.

Gutes Stichwort. Seid ihr immer betrunken?

Jukka: Äh, ich hol mir mal ein Bier.

Joonas: Ich hab hier schon meinen Cider.

Wir lachen, während Jukka aufsteht und sich nebenan ein Bier besorgt. Er öffnet es demonstrativ mit einem lauten Plop über dem Aufnahmegerät

Mir hast du kein Bier mitgebracht?

Jukka: Willst du eins?

Ich kann mir ja dann eins holen. Nächstes Klischee. Für euch ist es normal, euch in einer Gruppe von Leuten nackig zu machen.

Beide: Nicht jeder.

Jukka: Wir mögen das nicht so, aber es gibt da einige Leute hier, die darauf stehen.

Ja, habe ich mir schon sagen lassen.

Jukka: Du kannst Videos sehen, wenn du willst.

Das muss glaube ich nicht sein.

Alle lachen. Einer der besagten Kollegen kommt – wie bestellt – rein, um sich etwas aus der Küche zu holen

Joonas: Er hier ist gerne nackt. Aber er hat auch den Körper eines Adonis, eines griechischen Gotts!

Unbeeindruckt geht der Kollege wieder aus dem Zimmer

Nächstes Klischee. Ihr esst gerne Mämmi.

Joonas: Nein, ich hasse es.

Jukka: Hmm (Pause) Ich weiß nicht. Ich kanns essen, aber es ist echt komisch. Total komisch, sogar für uns Finnen.

Joonas: Das ist was für alte Leute. Wie mich.

Ihr liebt Salmiakki.

Beide: Ja.

Joonas: Definitiv.

Sogar die ganz schlimmen, die einem den Mund verätzen?

Joonas: Ja, je stärker, desto besser.

Jukka: Jap.

Ihr, beziehungsweise eure Familie, habt ein Mökki.

Joonas: Ja.

Jukka: Nein.

Ihr seid erstaunt, wenn jemand auch nur das kleinste Bisschen Finnisch versteht. Wie STAM1NA gestern Abend auf der Bühne meinten, „da spricht jemand Finnisch, aber das ist unmöglich!“

Jukka: Ja, sowas ist immer echt überraschend, denn nur fünf Millionen Leute auf der Welt sprechen die Sprache, und das ist nicht sehr viel. Nicht 90 Millionen wie bei Deutsch.

Ihr seid oft launisch.

Beide: Ja…

Jukka: Man versucht, es nicht zu sein, aber was solls.

Joonas: So spielt eben das Leben.

Jukka: Aber wir zeigen es nicht so sehr. Außer, wenn wir trinken. Dann zeigen wir es sehr deutlich.

Ihr sprecht nicht viel.

Joonas: Hmm, ich weiß nicht. Mit Fremden redet man nicht so viel, aber mit Freunden schon.

Jukka: Dann wird viel gelabert.

Joonas: Ja, bedeutungsloses Geplapper.

Jukka: Sinnloses Geschwätz.

Joonas: Nur Geräusche von sich geben.

Jukka: Und schlechte Witze.

Joonas:
Ja, schlechte Witze.

Dann könnt ihr ja mal einen raushauen.

Es folgt eine kurze Beratung auf Finnisch

OK, ich habe gerade schon „Saksalainen“ gehört, also kommt jetzt sicher ein Nazi-Witz.

Jukka: Nein. Naja, irgendwie schon.

Joonas: Fährt ein deutscher Geschäftsmann nach Polen. An der Grenze fragt der Grenzbeamte „Your name?“ „Wolfgang Schmidt.“ „Occupation?“ „No, holiday.“

Wir lachen. Ich muss leider gestehen, den Witz schon zu kennen

Galerie mit 22 Bildern: Omnium Gatherum - The Arctic Circle Alliance - Chapter One in Berlin

Mit den Klischees sind wir durch, aber ich hätte da noch ein paar andere Fragen. Wie seht ihr die finnische Metalszene im Vergleich zu anderen, die ihr schon erlebt habt?

Joonas: Wenn man bedenkt, wie wenige Leute es in Finnland gibt, ist die Szene riesig. Und wir haben tolle Bands.

Jukka: Das Publikum dort braucht etwas länger, um warm zu werden. Aber wenn, dann ist es echt krass. Also zum Beispiel verglichen mit Italien oder Portugal, da ist das ganz anders.

Joonas: Unter den Bands kennt quasi jeder jeden.

Würdet ihr sagen, dass es einen speziell finnischen Melodic Death gibt? Also quasi wie OMNIUM GATHERUM ihn spielen. Denn ich denke, dass ich da klare Unterschiede höre.

Jukka: Ja, da gibt es Unterschiede.

Joonas: Und das ist was Gutes. […] Ich denke, da gibt es viele Unterschiede. Zum Beispiel Einflüsse aus anderen Genres. Zum Beispiel ein bisschen Thrash, oder ein bisschen Prog.

Wo würdet OMNIUM GATHERUM da einordnen?

Jukka: Also wir sind wirklich sehr, sehr melodisch. Ein bisschen progressiv.

Joonas: Auch ein bisschen technical.

Jukka: Aber immernoch geradlinig und zugänglich.

Bewegen wir uns mal von Finnland weg und kommen zum Touren. Wann ist euch das letzte Mal was auf der Bühne zu Bruch gegangen, oder etwas Schlimmes passiert?

Joonas (zu Jukka): Auf dieser Tour, als der Bassist dich am Kopf erwischt hat.

Jukka: Ja, in Paris. Ich habe mir dann an den Kopf gegriffen und gesehen, dass es geblutet hat. Ich habe dann aber trotzdem weiter geheadbangt. Das war schon etwas ernster, aber der Schnitt war nicht so tief. Wir mussten also keine Shows absagen oder so.

Joonas: Es gibt immer viele blaue Flecken. Vor allem auf kleinen Bühnen.

Habt ihr euch auf der Bühne mal so richtig blamiert?

Jukka: Hmm, eigentlich nichts Großartiges, glaube ich.

Joonas: Ja, nur Kleinigkeiten. Zum Beispiel auf der Setlist im Song zu verrutschen. Oder sich zu verspielen.

Jukka: Ja, sowas passiert halt.

Da seid ihr ja ganz schön langweilig.

Joonas: Mir ist auf der Bühne mal die Hose gerissen. Einer von der Crew musste mir dann die Hose mit Gaffer Tape zusammenkleben.

An welcher Stelle genau ist sie denn gerissen?

Joonas: Im Schritt. Ich war froh, dass ich Unterwäsche anhatte.

Dieses Mal.

Joonas: Dieses Mal.

Sich selbst haben OMNIUM GATHERUM hier nicht „blamiert“, das haben andere für sie übernommen (gefunden auf YouTube):

Das wärs dann eigentlich. Habt ihr zu dem Interview noch einen Kommentar abzugeben?

Jukka:
Hat Spaß gemacht.

Sagst du das nur so, oder meinst du das auch?

Jukka:
Ja, wir grinsen ja die ganze Zeit. Das ist eine nette Abwechslung. Normalerweise heißt es immer nur „wo wart ihr so auf Tour, was ist mit dem neuen Album, blah blah blah.“

Joonas: Ja, „wann kommt euer nächstes Album raus?“

Wo wir beim Thema sind, wann kommt das nächste OMNIUM GATHERUM Album raus?

Jukka: Nächstes Jahr.

Habt ihr sonst noch was loszuwerden?

Jukka: Bleibt metal, meine Freunde. Keep it real. Esst euer Frühstück.

Joonas: Wascht euch die Hände vor dem Essen, und wenn ihr Fremden die Hand gegeben habt.

Jukka: Denkt dran, ab und zu in die Sauna zu gehen.

Joonas: Ja, es ist Erkältungszeit.

Dann mal danke an euch!

Beide: Danke dir!

Quelle: Jukka Pelkonen und Joonas Koto, Omnium Gatherum
28.11.2017

headbanging herbivore with a camera

Exit mobile version