Blood Ceremony - Living With The Ancients

Review

Wir befinden uns im Jahr 1973, irgendwo südlich von San Francisco: Eine kleine kanadische Satanistenkolonie hat sich am Strand eingerichtet und lebt dort ihren ganz eigenen Traum. Die Einheimischen beäugen die Gruppe mit Misstrauen, denn seit den Wahnsinnstaten der Manson-Family ein paar Jahre zuvor wird Anderssein in erster Linie mit dem Attribut „suspekt“ in Verbindung gebracht. Und tatsächlich: Diese gemischte Clique scheint Unmengen von Drogen zu konsumieren, und in einer der kleinen Wellblechhütten sollen regelmäßig schwarzmagische Rituale stattfinden. Das jedenfalls behauptet der alte Fischer Fernando, der im ersten Morgengrauen weißen Rauch über dem verwohnten Anwesen bemerkt haben will. Und obwohl seine Augen im Alter bereits trüb geworden sind, schwört er, dort Gestalten mit der Maske des Ziegenbocks erblickt zu haben…

So oder so ähnlich muss man sich das Treiben der kanadischen Occult-Rock-Band BLOOD CEREMONY vorstellen. Natürlich stimmen alle Beobachtungen, die der greise Fernando dort am Strand gemacht hat, nur hat er eben nicht alles gesehen und gehört, denn der Zahn der Zeit hat seinem Hörsinn schon ordentlich zugesetzt. So konnte er nicht wissen, dass das Quartett um Frontfrau Alia O’Brien dort im Innern der Wellblechhütte düsteren Doom-Rock zelebriert, gepaart mit finsteren und zugleich farbigen Melodien. Rock, der zwar hundertprozent retro ist, dabei aber so charmant, dass es eine Auszeichnung ist.

Und da BLOOD CEREMONY durch ihr Rauchwerk eine Zeitschleife in die Gegenwart gefunden haben, lassen sie uns mit ihrem Zweitwerk „Living With The Ancients“ an ihrem Treiben vor dem purpurnen Altar teilhaben: Da gibt es mit „The Great God Pan“ direkt zum Auftakt ein Stück, das an uralte BLACK SABBATH erinnert, um dann walzend weiterzurocken. „Coven Tree“ wiederum offenbart mit den Querflöteneinlagen die Vorliebe der Band für JETHRO TULL, während „My Demon Brother“ mit seinen fetten Orgelklängen an DEEP PURPLE oder URIAH HEEP gemahnt. Und natürlich sind sie im Geiste mit den längst bekannten COVEN verbandelt, die des öfteren in der Wellblechhütte am Strand vorbeischauen. Innerhalb dieser Parameter haben BLOOD CEREMONY großartige Stücke erschaffen, die nicht immer refrainorientiert sind, sich manchmal instrumental großflächig entwickeln, zweistimmige Gitarrensoli und längere Passagen, in denen die bezaubernde Alia nicht singt, mit eingeschlossen.

Und solch wunderschöne Instrumentaleinsprengsel, wie „The Hermit“ und „The Witch’s Dance“ lassen kurz vergessen, dass dort auf dem Altar ein Blumenkind liegt, das im nächsten Moment… noch ist nicht ganz klar, was geschehen wird. Die sanften Töne wiegen in Sicherheit, doch schon bald geht ein Luftzug durch den Raum. Eingehüllt in Rauch erscheint dort eine dunkel gewandete Gestalt, die nur schemenhaft zu erkennen ist… Es ist der Gehörnte, und er lacht durchdringend und höhnisch…

01.06.2011

- Dreaming in Red -

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