Blood Duster - Relapse

Review

Seit 1991 schon wüten BLOOD DUSTER durch die australischen Outbacks. Dabei vermengen sie musikalisch alles, was ihnen gerade adäquat erscheint. Das kann vieles sein. In erster Linie ist es aber Musik von und für Extremisten: Durchgeknallter Grindcore, mit Hang zum Asozialen und Geschmacklosen. Ihre ersten EPs und Alben sind von ihrem alten Label Relapse Records wiederveröffentlicht worden, nochmals gemastered, mit überbearbeitetem Layout – nun in brav –, und wie es sich gehört, mit ordentlich, mehr oder minder qualitativem Bonus-Material. Alles so, wie man es von heutigen ReReleases gewohnt ist.

Die beide Mini-CDs „Fisting The Dead“ und „Yeest“ dokumentieren die Anfänge der Band: Holprige und vorhersehbare Knüppelei durch das Schlachtfeld Gore und Grind und Sperma. Dazu kommt ein beklopptes Artwork. Das ist über die Länge hinweg alt, stumpf, bekannt, beliebt, beliebig. Dieser 53 Tracks starke ReRelease enthält neben den beiden originalen Mini-CDs noch fünf Stücke einer längst vergriffenen Compilation und 18 zwar nie veröffentlichte, dafür kraftlose Live-Aufnahmen und ist völlig überflüssig.

„Str8outtanorthcote“ von 1997 ist ein saucooler Balanceakt zwischen Geholze und Wüste, zwischen KYUSS und CARCASS. Eindeutig ist dies ihr Referenzwerk, das Ausrufungszeichen ihrer bisherigen Diskographie. Auf dieser Platte wurde tatsächlich so etwas wie ein „Niveau“ – natürlich nur im streng musikalischen Sinne! – erreicht: herrlich kaputter, dreckiger Rock’n’Roll mit groovigen Vibes, charmant dilettantischer Note und exaltierter Macho-Attitüde. Der schon stellenweise fast bluesige Flow wird gelegentlich gesprengt von kleinen akustischen Country-Rock-Spielereien, 70er-Hammond-Orgeln oder fiesen, rasenden Blasts. Darüber grunzt und speit Frontsau Tony im klassischen Steer-Walker-Stil, der Sound sitzt wie ein maßgeschneiderter Anzug. Dazu schwarzer bis blutroter Humor sowie in der Erstauflage ein ekliges Tiergenital-Cover, welches dem Label damals große Vertriebsprobleme bescherte. Im Zuge der Neuauflage ist das Cover gegen ein für BLOOD-DUSTER-Verhältnisse schon sehr gemäßigtes Splatter-Motiv eingetauscht worden. Als zusätzlichen Kaufanreiz befinden sich auf „Str8outtanorthcote“ der übliche Klimbim: Demos und ganz anständige Live-Aufnahmen.

„Cunt“ hat leider den Wüsten-Groove des Vorgängers verloren. Ansonsten, more of the same shit. Nur marginale Unterschiede zu den bisherigen Platten. Die vier Australier ballern nun lieber, als dass sie gemächlich grooven – wirklich schade, denn gerade dieses ungewöhnliche Wechselspiel machte BLOOD DUSTER interessant und ebenso einzigartig. Was bleibt, sind nur wenig Highlights und ein kleines, zartes Schmunzeln über intellektuelle Lyrik wie „Cunt I think is fine / It is my favorite line / We spend our time saying cunt / and finding words that rhyme“. Hervorzuheben wären hier noch die liebevoll ausgewählten Intros – natürlich (!) meist länger wie der Song selbst –, wie zu Beginn von „Iloveitwhenjoepesciswears“, ihrer Grammy-verdächtigen Ehrung des wohl wahnsinnigsten Cholerikers der jüngeren Filmgeschichte. Ansonsten ist „Cunt“ fürn Arsch.

Die Relevanz von Wiederveröffentlichungen, vor allem im Falle von BLOOD DUSTER, muss jeder für sich selbst definieren. Sie sind selten ein Muss, im Idealfall aber ein Kann. „Str8outtanorthcote“ ist ein Idealfall – die Erstauflage ist schon seit längerem vergriffen und daher ein schwer gesuchtes Schmuckstück –, die anderen beiden sind definitiv kein Muss, da völlig belanglos.

25.05.2008
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