Broilers - Noir

Review

Die Düsseldorfer BROILERS waren noch nie eine Band, der man Stagnation nachsagen konnte. Die Wurzeln der Band sind im Oi!-Punk zu finden, im Laufe der Jahre wurden allerdings immer mehr Elemente aus verschiedenen anderen Genres in den Bandsound integriert. Das hat der Basis zwar schwer aufgestoßen, letztlich dürfte sich die Band aber spätestens mit “Santa Muerte” bestätigt fühlen. Immerhin stieg das letzte Album der BROILERS auf Platz drei der deutschen Charts ein. Auf dem neuen Album “Noir” loten die DüsseldorferInnen ihre musikalischen Grenzen noch einen Stück weiter aus.

“Sag mir wie weit wir gehen…” heißt eine Textzeile auf dem letzten Album “Santa Muerte”, der man fast schon prophetische Züge attestieren kann. Bislang wurde dem Bandsound mit jeder neuen Veröffentlichung eine neue Nuance hinzugefügt. Wie weit gehen die BROILERS also auf “Noir”? Der (Oi!-) Punk-Anteil ist fast gänzlich verschwunden. Lediglich hier und da kann man ihn marginal noch ausmachen (“Nanana (ich krieg das hin)”). Das kommt allerdings nicht überraschend, sondern zeigt eine Entwicklung, die sich schon auf den letzten Alben angekündigt hat. An die Stelle von ungezügeltem Punk ist ein kontrolliertes Element getreten, das sich in harten, aber durchdachten Rocknummern ausdrückt (z.B. “Zurück in Schwarz”, “Die Hoffnung stirbt nie”, “Grau, Grau, Grau”). Gleiches gilt für die Ska-Einflüsse, wie beispielsweise in “Irgendwo dazwischen” oder “Wo es hingeht”. Auch hier tritt der typische BROILERS-Sound deutlich hervor. Die auf “Noir” neu hinzugefügte Komponente heißt Pop.

Die BROILERS öffnen sich auf ihrem sechsten Studioalbum dem Mainstream. Nicht vollends, aber eben auch nicht zaghaft. “Nur nach vorne gehen” und “Die Letzten (an der Bar)” orientieren sich eher in Richtung später TOTEN HOSEN und deren aktueller Singles. Noch einen Schritt weiter gehen da “Ich brenn’”, “Ich hol’ dich da raus” oder “Ich will hier nicht sein” (der Song kommt allerdings mit typischem BROILERS-Refrain). Hier wird die Grenze zum (Indie-) Pop überschritten und die BROILERS dürfen sich sicher sein, dass es in Fankreisen zu Kontroversen bezüglich der Ausrichtung dieser Stücke geben wird. Diese Songs haben mit den alten BROILERS weniger gemein als mit Acts wie ICH & ICH (plus Gitarren). Das ist natürlich Wasser auf die Mühlen der Kritiker, die den BROILERS schon länger Ausverkauf vorwerfen. Man kann es aber auch mutig finden, dass die Band diesen Weg auf “Noir” eingeschlagen und sich weiter entwickelt hat. Positiv sticht in diesem Kontext “Wo bist du, du fehlst” heraus. Der Song tendiert zwar in die gleiche Richtung wie die genannten Stücke, kann aber mit einer schönen Mixtur aus Lagerfeueratmosphäre und Melancholie (die sich durch viele Stücke der Platte zieht) punkten. Der Song dürfte live für Gänsehautmomente sorgen.

Aber auch trotz des Blicks über den Tellerrand und in Richtung Charts – wo sie zweifelllos und zu Recht landen werden – haben sich die BROILERS weniger verbogen, als es den Anschein haben mag. “Noir” ist ein ambitioniertes und mutiges Album geworden, das allerdings nur eine hörbare Momentaufnahme in der Entwicklung der Band darstellt. Mir persönlich gefallen die ‘typischen’ BROILERS-Nummern besser als die Experimente, aber unter dem Strich kann man attestieren, dass “Noir” ein starkes Album geworden ist, das sowohl Bekanntes, als auch Überraschungen für den Hörer bereit hält.

06.02.2014
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