Dawn Of Tears - Act III: The Dying Eve

Review

Grabsteine und ein Klavier unter Theatervorhängen zieren das fast schwarzweiße Cover und käme die Scheibe in 3D daher, würden sterbende Blätter mit einem kalten Windstoß aus der Verpackung fliegen. Bereits mit „A Cursed Heritage“ machen die DAWN OF TEARS-Spanier um J.L. Trebol deutlich: Hier handelt es sich partout nicht um klassisches Melodic-Death-Geflitze, das jeden Refrain mit einem herzhaft alexianischen „Jau jau jau!“ abschließt.

Stattdessen dominieren hier Mid-Tempo-Songs mit virtuosen Gitarrensoli, die bereits bei der Vorgänger-LP „Descent“ Lobeshymnen hervorriefen, und Vocals, die von der Aggression gern mal ablassen und ins Klagende rutschen. Schlimm? Nö, im Gegenteil, denn ausgelutschte Klischees umgeht die Band hier immer wieder geschickt. Zwar suggeriert die Betitelung „Act III“ viel orchestrales Uff-Ta-Ta , doch hiermit gehen DAWN OF TEARS sparsam um, weiblicher Soprangesang wird nur bei einzelnen Songs in Prisen verteilt, statt gleich den ganzen Salzstreuer zu schmeißen. Glückwunsch hierzu, denn dies rettet die Scheibe immer wieder davor, von dem sabbernd lauernden Kitsch an der Straßenecke entführt zu werden.

Besonders „Silent As Shades Are“ ist melodisch so umwerfend und schön, dass es fast schon zu schnell ins Ohr geht: Markante Gitarrenriffs, die einen Tick dominanter als die Vocals sind, erinnern stellenweise stark an INSOMNIUM, auch in der Hinsicht, dass hier Melancholie eine riesige Rolle spielt.

So zeigt sich ebenfalls bei „Angel Gone“, dass hier nicht finsterfieses Old-School-Todesblei-Geprügel die Scheibe ausmacht, sondern epische Depressionen in ausgeklügelter Melodieführung DAWN OF TEARS charakterisieren. Ebenso wie den Bandnamen könnte man übrigens auch die Liedtexte gut in die Schublade des Gothic Metals schieben: poetische Verzweiflung führt den Hörer hier durch die dunklen Gänge der neun Tracks, man möchte sogar fast den Begriff „anmutig“ verwenden – aber dann hätte ich heute Nacht wohl hundert erzürnte Metalheads mit Fackeln und Mistgabeln vor meiner Haustür stehen… Trotz all dem kommt die Scheibe ja letztendlich doch im Melodic-Death-Gewand daher.

Wer auf eine perfekten Untermalung des grauen Herbstwetters vor der Tür wartet, hat dank „Act III: The Dying Eve“ hier seinen Soundtrack gefunden. Mit Keyboards, dezenten Female Vocals und sogar Spieluhren…

07.11.2013
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