Dawn Of Winter - The Peaceful Dead

Review

DAWN OF WINTER bilden – zusammen mit MIRROR OF DECEPTION – die Speerspitze des deutschen Doom Metal. Sie sitzen (zwar nicht exklusiv, aber zweifelsohne) auf dem Thron der Langsamkeit. Und weil sie sich da oben sicher recht wohl fühlen, verhalten sie sich auch standesgemäß: Langsamkeit eignet sich nur nicht als Attribut, um ihre Musik zu beschreiben – sondern ist wohl auch der Geiste ihrer Veröffentlichungspolitik und Arbeitsweise. Seit stolzen 18 Jahren, damals noch unter dem Namen CEMETERY, existiert die Band. Die Bilanz: sechs Demos, zwei EPs, ein Best-Of und gerade mal zwei Alben. „In The Valley Of Tears“, der Vorgänger von „The Peaceful Dead“, erschien ’98 und liegt damit mittlerweile nun auch ganze zehn Jahre zurück.

Es ist also tatsächlich Zeit für ein neues DAWN-OF-WINTER-Machwerk. Dass die Band die Zeit wirklich gut genutzt hat, beweist sie auf „The Peaceful Dead“ eindrucksvoll und souverän. Das Album, im Grunde sogar die ganze Band, ist eine Huldigung an die Liebe und Leidenschaft der Mannen: den Doom Metal. Nicht nur subtil, sondern ganz offensichtlich. Und damit auch jeder Blinde merkt, was den Jungs der Doom bedeutet, machen sie das auch gleich ganz klar. Gemäß der Methode, jemandem, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen, nicht einfach auf die Schulter zu tippen, sondern ihn mit einem Vorschlaghammer auf den Schädel zu schlagen, steigen DAWN OF WINTER in ihr Album ein. „The Music Of Despair“ ist absolut passend und durch und durch programmatisch betitelt; das ist es, was Doom Metal zumeist ist: Die Musik der Verweiflung. Ein reinrassiger Old-School-Doomtrack, den die Band nicht zuletzt dazu nutzt, ihre Helden wie etwa REVEREND BIZARRE, PENTAGRAM und natürlich die überragenden CANDLEMASS ganz persönlich zu grüßen. Das ist es wahrscheinlich, was Farbe zu bekennen im Musikalischen Sinne bedeutet: „Doom is the soul of metal!“, hell yeah!

Klassische und einwandfreie Doom-Epen bieten DAWN OF WINTER das ganze Album über. „A Lovelorn Traveller“ schmeckt ziemlich nach SOLITUDE AETERNUS, allerdings ohne unangenehmen Plagiat-Beigeschmack. „Mourner“ zeigt, dass die Band nicht nur der Langsamkeit huldigt, sondern auch mal aufs Gas treten kann – und dabei mit Ohrwurmriffing ordentlich abrockt. Nach diesem kurzen Geschwindigkeitshöhenflug kommt, was kommen muss: die Band schaltet, und das ist nicht negativ gemeint, mindestens drei Gänge zurück. „Holy Blood“ ist eine zähflüssige Doomwalze, die mit REVEREND-BIZARR-haftem Minimalismus zu begeistern weiß. Sehr rifflastig, extrem langsam, absolut gelungen.
„The Oath Of The Witch“ fällt wieder hymnischer aus, Gerrit P. Mutz eigenwilliger Gesangstil – sehr hoch, ziemlich pathetisch, vibratolastig und manchmal recht powermetalhaft – kommt hier gut zum Tragen. Eindeutig ein Song mit Mitsingpotenzial.
Da der Doom aber die „Music Of Despair“ ist und bleibt, bringt „Throne Of Isolation“ einen vom Mitsingrausch ganz schnell wieder runter. Ein sehr fragiler, schwermütiger, grauer, hoffnungslos melancholischer und einfach schöner Song mit Gänsehautgarantie und, so seltsam das bei der drückenden Atmosphäre des Songs klingt, sehr viel Wärme. Dieser Song umgarnt ganz sanft, nimmt aber gefangen, ohne Widerstand zuzulassen.
Ganz anders: „Burn Another Sinner“; ein tighter Song, der direkt ins Gesicht geht. Das ist eigentlich kaum noch Doom, sondern geht gut auch als Heavy-Nummer mit viel Power durch. Mit drei Minuten auch der kürzeste Track der Platte.
„All The Gods You Worhship“ ist wieder eine recht drückende, langsame, recht klassische Nummer. Zugegebenermaßen mit viel Pathos, dafür aber auch großer Erhabenheit. Gen Ende bricht der Song aus und präsentiert die Band von einer fast progressiven, auf jeden Fall ungewohnten und experimentellen Seite. Selbst anhören!

„Anthem Of Doom“ ist wieder mal programmatisch betitelt. Da ist drin, was drauf steht. Schließlich folgt zum Abschluss der Titeltrack. Der ist mit fast zehn Minuten nicht nur am längsten, sondern tatsächlich ein Monolith – und damit natürlich wieder sehr minimalistisch. Hier werden noch mal alle Stärken der Band deutlich, alle Trademarks kommen zum Tragen und schaffen einen Song, der jedem Doomster die Tränen in die Augen treibt. Vor Freude.

„The Peaceful Dead“ ist ein verdammt gutes Album, über jeden Zweifel erhaben. DAWN OF WINTER bestätigen den Ruf, den sie in der deutschen Doomszene genießen: genau so hat purer, unverfälschter Doom der alten Schule zu klingen. Der Sound des Albums ist angenehm organisch, klassisch und rauh. Kann sein, dass die Jungs im Studio live eingespielt haben. Das würde auch ein Makel erklären: Die Gitarren hätten weit mehr Gewicht im Klanggewand sehr gut vertragen. Geht so allerdings auch. Wer Doom Metal liebt und DAWN OF WINTER mag, holt sich das Album sowieso. Wer Doom Metal liebt, ohne DAWN OF WINTER zu kennen, der sollte daran schleunigst etwas ändern. Uneingeschränkte Kaufempfehlung für jeden Liebhaber.

22.11.2008
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