Deathspell Omega - Drought

Review

(Fast) ausschließlich die Musik für sich sprechen zu lassen, kann auch eine erfolgreiche Kommunikationsstrategie sein. Die öffentlichkeitsscheuen Franzosen DEATHSPELL OMEGA praktizieren das seit jeher, wurden nichtsdestotrotz seit ihrem 2004er-Durchbruch, dem ungeheure Energie mit Chormusik sowie aufkeimenden, unzugänglich-herausfordernden Strukturen paarenden „Si Monvmentvm Reqvires, Circvmspice“, zu so etwas wie dem kleinsten gemeinsamen Nenner für weite Teile der Black-Metal-Szene, dessen Name beinahe ehrfürchtig ausgesprochen wird. Das noch dissonantere und unzugänglichere „Fas – Ite, Maledicti, In Ignem Aeternum“ und das kaum weniger anstrengende „Paracletus“, Teil zwei und drei der Konzept-Triologie, zementierten den Status der Phantome in der Speerspitze des musikalisch und ästhetisch anspruchsvollen Schwarzstahls.

Auch „Drought“, die neue und bereits fünfte EP, erschien dieser Tage ohne laute Fanfaren in Form von begleitenden Interviews, Streams oder sonstigem Marketing-Beiwerk. Das hat man nach wie vor nicht nötig. Die Produktion ist – ganz gemäß des EP-Titels – vielleicht die trockenste, die die Franzosen jemals hatten; die sechs Kompositionen sind – im Gegensatz zu jenen, die sich auf DEATHSPELL OMEGAs anderen EPs finden – kurz, aber nach wie vor komplex und nach intensiver Beschäftigung verlangend. Sie bestätigen die mäandrierende Entwicklung über die letzten Alben und EPs, entpuppten sich wie „Paracletus“ als Black Metal, der auf konventionelle Stilmittel weitgehend verzichtet. Stattdessen regieren nach wie vor die rasenden, dissonanten und an THE DILLINGER ESCAPE PLAN erinnernden Gitarrenläufe in hochverdichteter Form. Dabei bieten sich ausreichend ruhige und semi-melodische Ankerpunkte, um den Hörer nicht im Blastbeat-Chaos untergehen zu lassen, das jedoch insbesondere gesanglich nicht mehr die Boshaftigkeit von „Paracletus“ erreicht.

„Salowe Vision“ baut zwischen Ambient und Doom langsam und gekonnt Spannung auf, bis mit „Fiery Serpents“ und „Scorpions & Drought“ der bekannte DEATHSPELL OMEGA’sche Wirrwarr losbricht, allerdings eben weniger fanatisch und plättend als noch vor zwei Jahren. „Sand“ drosselt zur kurzzeitigen Entspannung das Tempo, bevor „Abrasive Swirling Murk“ wieder Fahrt aufnimmt und „The Crackled Book Of Life“ die EP mit einer schönen melodischen Idee ausklingen lässt, dabei wie der Einklang in deutlichem Kontrast zum mit Technik- und Tempoeruptionen gefüllten Mittelteil der EP steht.

DEATHSPELL OMEGA mögen eine wichtige, äußerst fordernde Formation sein. Doch unabhängig davon, ob man sie für die Quintessenz des Black Metal im frühen 21. Jahrhundert hält, dies für mindestens gewagt oder vielleicht einfach zu kurz gedacht erachtet: Es mangelt einer in ihrer schweren Erfassbarkeit spannenden EP wie „Drought“ mittlerweile an jener erdrückenden Intensität, die noch auf „Paracletus“ allgegenwärtig war. Natürlich, das französische Trio hat längst den nächsten Schritt Richtung kalter, intelligenter Klangkunst gemacht, doch die vorangegangene Entwicklungsstufe wusste – hin- und her gerissen zwischen Bauch- und Kopfgeburten, von denen anno 2012 fast ausschließlich Letztere übrig geblieben sind – mehr zu überzeugen. Wahrscheinlich spielt hier auch das konstante Verweilen der Band auf dem Hochplateau der extremen Musik hinein, das eine über die Jahre gewachsene immense Erwartungshaltung des Hörers bedingt, die neuen Veröffentlichungen das Begeistern schwerer und schwerer macht; vieles als Selbstverständlichkeit oder gar Enttäuschung erscheinen lässt.

19.07.2012
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