Desire - Locus Horrendus

Review

Die letzten Töne des „Postludium“, dem zwölften Kapitel des klanggewaltigen „Locus Horrendus“, werden von der – jetzt befreienden und doch zugleich bedrückenden – Stille absorbiert, den tief berührten und schwer beeindruckten Zuhörer, in diesem Fall mich, dem geistigen Nachhall des soeben gehörten Glanzwerkes emotionalen Death Metals überlassend. Fast mit Bedauern darüber, das dieses Album „nur“ knappe 70 Minuten vertonte Endlosigkeit bietet, wird sogleich die Repeat Funktion benutzt, um erneut in die Klangwelt des „romantic tragic concept“ einzutauchen und dem akkustischen Pfad der Agonie positiver Emotionen und Seelenschmerzes zu folgen. Mit viel Fingerspitzengefühl und beeindruckendem musikalischen Gespür für Pathos setzt die portugiesische Band Desire auf ihrem Album „Locus Horrendus – The Night Cries of a Sullen Soul…“ das Konzept abgrundtiefer Verzweiflung und endlosen Verlangens im thematischen Horizont von „The Crow“ um. Die ausschließlich in Überlänge gehaltenen Songs werden durch kurze Intros eingeleitet, die die Grundstimmung des Songs transportieren und nahtlos in den eigentlichen Track übergehen. Desire verstehen es nahezu meisterlich die von ihnen beabsichtigte Gefühlslage auf akkustischem Weg dem Hörer darzubieten. Ohne den leisesten Hauch eines Stilbruchs oder einer kompositorischen Unebenheit fügen sich sowohl innerhalb des Albums, als auch während der Songs sämtliche Ausdrucksmöglichkeiten der Band zusammen. Mit viel Feingefühl wird die Stimmung durch leise Keyboardtöne und Sprachsamples des Filmes aufgebaut, um von schweren Gitarren, dezentem, aber dennoch nicht zu schwachen, Schlagzeug und emotionalen Gesang weitergetragen zu werden. Die Vocals dürften, neben den fantastischen Melodiebögen und den tragenden Gitarren, der Hauptgrund für die überzeugende Leistung des Albums sein. Sänger Tear singt über weite Strecken mit düster emotionalen Growls, die denen eines Raymond (Theatre of Tragedy) in nichts nachstehen, wobei die Growls gerne auch – als Zweitstimme – ins eher verbitterte Black Metal angehauchte Keifen umschlägt. Doch auch die verzweifelt atmosphärisch gesprochenen Passagen, wie zum Beispiel bei „The Weep of a Mounful Dusk“ zu hören, sind ein entscheidender Teil von „Locus Horrendus“. Hervorragend umgesetzt ist die innere Harmonie der Songs; problemlos meistern es die Portugiesen die Stimmung während des Songs von einem Moment auf den anderen umfallen zu lassen, ohne das es störend wirkt oder unpassend klingt. Im Gegensatz zu Bands wie den bereits angesprochenen Theatre of Tragedy haben Desire kaum femininen Gesang im Sinne eines Kontraparts zu bieten – und an den wenigen Stellen wirkt der weibliche Gesang auch nicht wirklich gelungen. Doch auch der Ansatz ist meines Erachtens anderst gewählt. Während T.o.T. in ihren früheren Songs oft den Gegensatz zwischen Gut und Böse besungen haben, widmen sich Desire eher den bedrückenden Gefühlen der ewigen Finsternis und Hoffnungslosigkeit. In meinen Augen haben Desire mit „Locus Horrendus“ ein kleines Meisterwerk des Gothic (Death) Metal geschaffen, das den Vergleich mit Szenegrößen keineswegs scheuen muss. Auch das geschmackvolle Hochglanz Booklet kann sich sehen lassen. Leider muss ich feststellen, das ich es nicht vermag diesen Release adequat in Worte zu fassen, so daß ich euch ans Herz lege diese CD anzuhören und euch selbst zu entscheiden, ob ihr für diese Atmosphäre empfänglich seid oder nicht. In diesem Sinne – „Life is just a dream on the way to death“

14.10.2002
Exit mobile version