Duma - Duma

Review

Das in Uganda beheimatete Label Nyege Nyege Tapes hat sich zur Aufgabe gemacht, lokale bzw. aus den umliegenden Ländern stammende Bands zu fördern und deren Musik zu veröffentlichen. Darunter das hier vorliegende Album des kenianischen Duos DUMA, was laut der offiziellen Info auf Bandcamp in der Sprache der Kikuyu wohl Dunkelheit heißt. Das passt, denn dieser Sound ist so abrasiv und kalt, dass die pure Finsternis nur so aus ihm heraus quillt. Die Herren aus Nairobi, das sind im übrigen Martin Khanja und Sam Karugu, legen hier unter diesem Projektnamen ihr Full-Length-Debüt vor und klingen gelinde gesagt nicht gerade so, als würden sie Gefangene machen wollen.

Okay, Leute: Haltet mal so für knapp 40 Minuten eure Plomben fest. Noch einmal tief durchatmen. Und los geht’s:

Starker Industrial-/Noise-Tobak

Hier kommt wahrhaftig starker Tobak, der zeitweise so klingt, als hätte hier ein masochistischer Sounddesigner einen Zahnbohrer in seinen Synthesizer eingespeist, während manisch hämmernde Beats für garantierte Unruhe im Karton sorgen, dabei dennoch tatsächlich regelmäßig richtig markige Grooves produzieren. Dazu heisere Schreie, Growls und Shrieks, vereinzelt auch Rap-/Spoken Word-Passagen á la MC Ride („Omni“) und einige Cleans, die oftmals sporadisch durch den Sound spuken, jede Menge Noise und afrikanische Perkussion, die immer wieder auftaucht und die Rhythmik bereichert (v. a. „Lionsblood“) – fertig ist das explosive Süppchen, das uns DUMA aus Kenia dieses Jahr beschert haben.

Dieser Frontalangriff auf alle Sinne kann einen bei den ersten Hörversuchen schon einmal komplett überrollen, vor allem dann, wenn man nicht weiß, was einen erwartet. Leicht zu verdauen ist dieser sperrige Krach hier ganz bestimmt nicht. Aber nach einiger Eingewöhnung (und entsprechendem Durchhaltevermögen auf Empfängerseite, versteht sich) macht sich hier doch so etwas wie eine Struktur innerhalb der einzelnen Songs bemerkbar. Bei allem Lärm herrscht hier tatsächlich so etwas wie ein Flow vor, zu dem man sich aber erst einmal hindurchkämpfen muss. Leicht machen es die Kenianer einem dabei aber nicht.

DUMA gehen auf knallharte Tuchfühlung

Am „eingängisten“ – will sagen: am einsteigerfreundlichsten – dürfte wohl „Omni“ geraten sein. Der Song nimmt den Hörer zwar auch gewaltig unter Beschuss mit Beats, die zweitweise maschinengewehrgleich in Richtung Hörer abgefeuert werden, aber der Song hat einen markigen, durchgehenden, vor allem: auf Anhieb erkennbaren Groove, der durch die kurze Abzweigung in Richtung Industrial Hip Hop á la DEATH GRIPS (daher der MC Ride-Vergleich weiter oben) noch weiter verstärkt wird. Möglicherweise kann man auch „Sin Nature“ zu den zugänglicheren Tracks hinzuzählen, allerdings erst ab der zweiten Hälfte, wenn sich ein fast clubtauglischer Techno-Beat manifestiert, der dank Halleffekten allerdings so klingt, als würde er aus der Ferne durch das Dickicht schallen.

Drum herum gibt es jedoch extrem sperrige, Beat-lastige Noise-Kost zu hören, die definitiv nicht auf Easy Listening abzielen. Sie werden teilweise überraschend atmosphärisch, wie die sphärischeren Passagen von „Uganda With Sam“ oder wie bei „The Echoes Of The Beyond“, fordern die Geduld der Hörer meistens jedoch durch ihre schiere, penetrant perkussive Art heraus. Warum das also funktioniert? Weil DUMA pure Aggressivität und Brutalität in Klangform gießen, als wollten sie damit blinden Hass abbilden. Anstatt irgendwas gewollt Künstlerisches einzulärmen und dabei eher albern herüberzukommen, geht es hier richtig ans Eingemachte. Besonders klingen die Ballermänner „Corners In Nihil“ und „Lionsblood“ so abrasiv, brutal und absolut unmelodisch, als würden sich DUMA in eine Art Trance hinein kloppen.

Die volle Dröhnung für Körper und Geist

Das selbstbetitelte Album von DUMA ist damit definitiv eine intensive Erfahrung für Geist und Körper, die beides gewaltig durchschütteln und zarter besaitete Gemüter vermutlich relativ zügig zur Kapitulation zwingen wird. Etwaig entstehender Monotonie bei den meist auf Hochtouren bollernden Beats wirken die Kenianer dabei durch die humane Länge des Albums und Variation der Rhythmik sowie regelmäßiger Injektion von mal flächigen, mal schneidenden Synthesizern sowie vereinzelten Bratgitarren entgegen, sodass der einzige wirkliche Kritikpunkt der ist, dass einige Songs abrupt aufhören (z. B. „Omni“). Abgesehen davon ist den Herren aus Nairobi hier jedoch ein aggressives, fieses Album gelungen, das giftig, ja: tollwütig um sich beißt.

Sollte man beim ersten Hördurchgang jedoch vielleicht nicht unbedingt mit Kopfhörern austesten…

07.12.2020

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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