OvO - Miasma

Review

Soundcheck Februar 2020# 24

Das italienische Duo OVO – der Name könnte entweder das lateinische Ei im Dativ Singular meinen oder das Gesicht einer Eule darstellen – sieht ja ein bisschen aus, als könnten die beiden genau in die ritualistische Folk-Schiene passen, die auch WARDRUNA und HEILUNG befahren. Musikalisch sind die Italiener jedoch von Folk-Klängen relativ weit entfernt, höchstens letztgenannte Referenz würde vielleicht durch den manisch-perkussiven Ansatz der Italiener passen. „Miasma“, das mittlerweile neunte Studioalbum der Band [Splits und andere Veröffentlichungen nicht mitgezählt, die Diskografie des Duos ist sehr unüberschaubar, Anm. d. Red.], folgt stattdessen dem eingeschlagenen, abrasiven Noise-Pfad der beiden, bei dem man Melodien mit der Lupe suchen muss.

Kunst und Klamauk, Chaos, Krach, Geklapper – ein echtes „Miasma“

Unmelodische Musik ist per se nichts Schlechtes, wenn sie gut gemacht ist und auf Ausdrucksstärke abzielt – siehe DAUGHTERS oder IT’S THE LIPSTICK ON YOUR TEETH. OVO schießen dann aber doch ziemlich weit übers Ziel hinaus mit ihrem Sound, der den Hörer mit drückenden Beats, infernalisch übersteuerten Synthesizern und verzerrtem Geheule und Gekreische unter Beschuss nimmt. Das Geklapper, Gewummer und Geschepper schreit förmlich danach, als Avantgarde hochstilisiert zu werden. Am ehesten kauft man das noch dem eröffnenden „Mary Die“ ab, das wie eine Runde Topfschlagen im Hause ANAAL NATHRAKH klingt und als solches sogar noch in Ordnung gehen würde. Aber hiernach fällt das Konstrukt rapide in sich zusammen.

Doch wie die moderne Kunst ist auch hier alles eine Frage der Perspektive – wenn man einen eher destruktiven oder wenigstens dadaistisch verzerrten Bezug zur Musik als Kunstform pflegt, mag das auch durchaus hinkommen. Man kann den Spieß natürlich umdrehen und „Miasma“, diesen scheinbar vollkommen wahllos und an allen Ansprüchen an wohlklingende Musik vorbei an die Wand geklatschten Klang-und-Effekte-Gulasch, als Anti-Kunst bezeichnen, wenn man denn einen derart verdrehten Kunstbegriff bedient. In dem Sinne kann man fast schon den Hut davor ziehen, dass es OVO gelungen ist, nicht einen einzigen einprägsamen Moment in dieses Chaos einzuweben. Ehrlich – ich bin beeindruckt.

OVO sind nur im übertragenen Sinne genießbar

Vereinzelt eingestreute Melodiefetzen wie in „You Living Lie“ sind immerhin eine nette Abwechslung. Hunderprozentig konsequent waren sie bei ihrer Unzugänglichkeit also nicht, „Burn de Haus“ enthält sogar einen passabel rockenden Groove, der sich aus dem ansonsten vorherrschenden, Migräne auslösenden Ufta-Ufta-Geboller hervorhebt. „L’Eremita“ fällt dagegen durch den Versuch auf, mit einer auf die biblische Geschichte um Abraham und Isaak Bezug nehmende Spoken Word-Darbietung in die künstlerische Ecke abzubiegen. Das kommt aber eher peinlich und gestelzt herüber, zumal die Intonation von Gastsprecher ÅRABROT eine ziemlich plumpe Darbietung liefert und die uninteressante Klangkulisse dem auch nicht gerade viel mehr Glaubhaftigkeit verleiht.

Es gibt Bands, die haben die gute Absicht, große Songs zu schreiben, aber zerschellen an den eigenen Ambitionen und produzieren entweder durch übermäßigen Enthusiasmus etwas unerträglich Käsiges, oder aber verfügen nicht über die technische Finesse um ihre komplexe Vision gekonnt umzusetzen und klingen dadurch wie gewollt und nicht gekonnt. OVO dagegen scheinen es praktisch darauf anzulegen, mit Volldampf ins Reich der vertonten Geschmacklosigkeit hinein zu krachen. Wenn es wenigstens Spaß machen würde, wäre ja alles in Ordnung, aber „Miasma“ schafft es trotz all dem Lärm derart langweilig zu sein, dass Reinhören hier fast durchgehend eine Zeitverschwendung ist.

Da scheinen die paar gelungenen Lichtblicke mehr Zufall zu sein als der wahllose Lärm drum herum…

29.01.2020

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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