Evig Natt - Darkland

Review

Mit „Darkland“ liegt mir das zweite Album der norwegischen Gothicmetaller EVIG NATT vor. Ich muss zugeben, dass ich mich anfangs doch sehr dagegen gesträubt habe, hier von Gothic Metal zu sprechen. Man mag mich engstirnig nennen, aber damit assoziiere ich in erster Linie Kitsch. Dennoch: EVIG NATT spielen Gothic Metal, aber im besten Sinne des Wortes. Ohne geradezu absurd hohes Gekreische, ohne vor Schmalz triefende Melodien und ohne all zu peinliche Texte. Man könnte auch sagen: „Darkland“ bietet Gothic Metal, der auch Fans des 90er-Dooms gefallen dürfte.

Das Rezept ist zwar nicht unbekannt, aber durchaus gut zubereitet. EVIG NATT bewegen sich vorwiegend auf dem Pfad, den schon Bands wie die frühen THEATRE OF TRAGEDY gemütlich für sie austraten. Die Zutaten sind also bekannt: natürlich wird das „Die Schöne und das Biest“-Schema eingesetzt, also Growls und weiblicher Klargesang im Wechsel. Was für perverse Ausmaße sowas annehmen kann, ist zur Genüge bekannt; wie man es richtig macht, zeigt „Darkland“. Die Sängerin Kirsten Jørgensen ist zwar kein Ausnahmetalent, hat aber Kraft und Charme in der Stimme. Dem steht ihr männlicher Gegenpart Oskar Naley in nichts nach: weder seine Growls noch seine Screams klingen außergewöhnlich, dafür aber ordentlich, zudem an den richtigen Stellen eingesetzt.
Abwechslungsreich sind nicht bloß die Vocals, Abwechslung bietet das ganze Album, ohne in Gefahr zu laufen, an Homogenität einzubüßen. Der Opener und gleichzeitig Titelsong darf wahrscheinlich als typisch bezeichnet werden. Zwar spart er nicht gerade an Bombast, wirkt aber dennoch nicht überladen. Etwas Druck macht das wummernde Schlagzeug, wobei „Darkland“ vor allem klar macht, dass der Drummer weiß, wo sein Doublebasspedal sitzt.
Drummen tut übrigens kein geringerer Harald Magne Revheim, der auch schon für ENSLAVED auf die Felle einprügelte. Was dieser auf dem Kasten hat, lässt sich am besten in „Withered Garden“ hören.
Als klassischer Doomsong geht „The Wanderer“ durch, wobei dieses standesgemäß eher gemächlich wandert. Hier darf vor allem Oskar sich austoben und von seinen Gesangsqualitäten überzeugen.
Das Gegenstück zu „The Wanderer“ stellt wohl „I Die Again“ dar. Nicht, weil es jetzt atemberaubend schnell wäre, sondern weil hier der weibliche Gesang ganz klar dominiert. „I Die Again“, das ist wohl eine klassische Gothicmetalballade und damit leider auch, zumindest für mich, der – wenngleich schön anzuhörende – belangloseste Song des Albums.

Es ist nicht so, dass EVIG NATT es zu 100% schaffen würden, aber immerhin versuchen sie es: dem ausgelutschten Genre ihren eigenen Stempel aufzudrücken. Das klappt immerhin soweit, dass sie nicht in die großen Klischeefettnäpfe treten. Manchmal allerdings scheinen sie nicht ganz zu wissen, wo es jetzt eigentlich hingehen soll, sodass hier und da Längen aufkommen. Die wirklich eigene Note, die haben die Norweger auch noch nicht gefunden, aber: Sie sind auf dem besten Wege dahin. Bis dahin bleibt „Darkland“ ein zwar überdurchschnittlich gutes, aber noch lange nicht herausstechendes Gothicmetalalbum, das mit seinen merklichen Einflüssen aus Death- und Black Metal vielleicht auch Freunde der härteren Gangart ansprechen könnte.

27.04.2010
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