Fear My Thoughts - Vulcanus

Review

Ich kenne die Freiburger FEAR MY THOUGHTS seit dem Jahre 2005, denn da veröffentlichten sie mit „Hell Sweet Hell“ eine wirklich gutklassige Melo-Deathscheibe, die unter der geneigten Hörerschar einige Anerkennung fand. Und „My Delight“, „Sadist Hour“ oder „Sweetest Hell“ waren wahre Monstersongs eines sehr geglückten Albums. Ihre früher vorhandenen Corewurzeln reduzierten sie (glücklicherweise) auf ein Minimalmaß. Daher durfte man nun sehr gespannt sein, was sich die Band wohl auf ihrem neuen Album „Vulcanus“ für nette Feinheiten ausdenken würde…

Den Auftakt der knapp 60 minütigen CD bildet
„Accompanied By Death“, ein Opener, der vor allem durch das Gitarrensolo während des Refrains besticht und ansonsten ein wenig an eine modernere Version von AT THE GATES, ABLAZE MY SORROW oder A CANOROUS QUINTETT erinnert. Die Melodie des Chorus ist verführerisch gemein, sie geht einem nämlich schon nach einem Male Hören nicht mehr aus dem Ohr. „Blankness“ gibt Vollgas mit zerhacktem Riffing und Clean Vocals im Refrain, die den Chorus begleitenden Gitarren erinnern stark an die letzte BEHIND THE SCENERY. Der sanfte Beginn mit tollem Solo in „Culture Of Fear“ zeigt uns schnell, dass wir es nun mit einem der organisch warmen, mit tiefen Growls unterlegten atmosphärischen Melo-Deathtracks zu tun haben, die auch schon das letzte Album veredelten. Hier zeigt die Band auch, dass die moderneren Key-Farbtupfer nichts an der Härte der Songs ändern, wenn sie differenziert und ergänzend eingesetzt werden und nicht wie bei SOILWORK den Track dominieren. Eher nähern sich FEAR MY THOUGHTS den moderneren Elementen in ähnlicher Art und Weise an, wie sie von DARKANE, IN FLAMES oder auch DARK TRANQUILLITY praktiziert wird. Die Cleanvocals werden wenn, dann meist in Chorusnähe vorgetragen; sie klingen anklagend, traurig, wehmütig. In „Accelerate Or Die“ (mit Gitarren von Mike und Vocals von Schmier von DESTRUCTION) gibt es eine ganz kurze Reminiszenz an alte Core-Zeiten, vermittelt durch eine hektische Gesangslinie. Auch der Voliebe für Thrash wird in diesem Song natürlich im Verbunde mit den Vorbildern ausgiebig gehuldigt.

Auffälig ist die hohe musikalische Kompetenz der Band, das virtuose Gitarrenspiel, die ausgeklügelte Kunstfertigkeit im Arrangieren der Tracks. So ist „Stamp Of Credence“ ein weiterer atmosphärischer Deathsong mit tollem Refrain, einer meiner Favoriten auf diesem Album, hier stimmt einfach alles: das melodische Solo, die ausdrucksstarken Vocals, die erst grollen, dann sprechen, um im Finale in herzzereißender Form zu keifen (fast in CHILDREN-OF-BODOM-Manier), während die Gitarren ein horrendes Spektakel veranstalten und die Keys die Atmosphäre in Spannung halten. Die variabel gespielten Drums böllern den Song auf nahezu 10-Punkte-Niveau.

„Survival Scars“ kommt wieder mit melodischen, originellen Gitarrenlinien einher (IN FLAMES mögen sie in jedem Falle auch), dazu die charismatischen Vocals, ein düsteres Break… Das Songmaterial bleibt äußerst abwechslungsreich, es geht auf und ab, aber mal ganz ehrlich: wer von uns fährt nicht gerne hin- und wieder Achterbahn?
Auch das Instrumental „Vulcanus“ ist sehr zu empfehlen, die Gitarrenfraktion veranstaltet hier ein nettes kleines Feuerwerk, wehe, wenn die von der Leine gelassen… „Both Blood“ zeigt die Band in der Schnittmenge zwischen Deathrock und -metal und bietet erneut einen Refrain mit hellerklingenden Gitarrenwänden, „Gates To Nowhere“ und „Soul Consumer“ sind gute, aber nicht ganz so spektakulär ausgefallene Songs (wegen der Cleanvocals und der moderneren Ausrichtung), dafür knallt „Lost In Black“ in gewohnter Manier, hier keift Mathias sich die Seele aus dem Leib. Am Anfang des letzten Songs „Wasteland“ könnte man meinen, TOM WAITS hätte Pate gestanden oder FAITH NO MORE zur „Angel Dust“-Phase, denn phrasiert wird zunächst dunkel und klar, mit akustischem Hintergrund, um dann grollenderweise den Track zu einem Death-Song mutieren zu lassen. Transparente Gitarren und seltsame Drumfiguren bilden das Finale der rundum guten Scheibe.

FEAR MY THOUGHTS bilden mit BEHIND THE SCENERY (ähnlich mutig und noch moderner), SACRIFICIUM (ähnlich hart), FRAGMENTS OF UNBECOMING (ähnliche Vorliebe für ausgefeilten gut arrangierten Melo-Death) und NEAERA (ähnlich dynamisch) sicher die Speerspitze deutschen Melo-Death-Metals. Ihren Status als äußerst vielseitige Metalband jedenfalls können sie mit „Vulcanus“ eindrucksvoll untermauern.

11.01.2007
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