Fellowship - The Saberlight Chronicles

Review

Mit dem britischen Vierer FELLOWSHIP schickt sich eine Newcomer-Band an, die Power-Metal-Szene aufzumischen. Die 2019 gegründete Combo aus Harwich/Essex hat sich auf die Fahne geschrieben, Themen wie psychische Gesundheit, Selbstwert und Selbstfindung mit sattem Power-Metal-Anstrich zu intonieren. Zwei Jahre nach der selbstbetitelten Debüt-EP steht nun die erste Langrille „The Saberlight Chronicles“ in den Startlöchern. Angekündigt wurde das Werk als erzählerisches Fantasy-Konzeptalbum, das auf einer Novelle basiert, in der es um ein Schwert geht. Eine solche Thematik mag nicht neu sein, demnach darf man gespannt sein, was die Briten aus der Materie machen.

FELLOWSHIP und die Chroniken des Schwertes

Ein Dutzend Songs mit einer Running Time von über einer Stunde versprechen jedenfalls reichlich begutachtenswertes Material. Dass dies aber noch kein Garant für Qualität sein muss, haben selbst etablierte Bands schon vorgemacht. Das Cover-Artwork stammt übrigens von Peter Sallai, zu dessen Klienten auch schon ACCEPT und SABATON gehörten.

Das erste Leuchtfeuer entzündete die Band im August 2020 mit „Glint“, das sich sowohl auf der ersten EP als auch auf „The Saberlight Chronicles“ wiederfindet. Kein Geringerer als Herman Li von DRAGONFORCE fand anerkennende Worte für das erste Output der Band (nachlesbar in den YouTube-Kommis). Irgendwas müssen die Jungs von FELLOWSHIP also schon damals richtiggemacht haben.

Im Mai diesen Jahres wurde der Werdegang mit dem Pre-Release „Until The Fires Die“ fortgesetzt. Der als Opener des Albums fungierende Ohrwurm wurde mit einem adäquaten Musikvideo (siehe unten) unterlegt und sagt einiges über das künstlerische Konzept von FELLOWSHIP aus. Die mittelalterlichen Kostüme stehen zumindest für eine gewisse Authentizität, die der Band nicht abzusprechen ist. Musikalisch überzeugt die Nummer mit einer waffenscheinpflichtigen Eingängigkeit, die sich besonders auf den Chorus erstreckt, der im Nu die Gehörgänge belagert. Glückwunsch – ein erstes Ausrufezeichen wurde gesetzt.

RHAPSODY OF FIRE, SABATON, HELLOWEEN und Co. lassen grüßen

Vor einigen Tagen ging dann der nächste Appetizer online: „Oak And Ash“ schlägt mit rasanter Gitarrenarbeit und einem gehörgangsaffinen Refrain in dieselbe Kerbe. In dem dazugehörigen Video nimmt sich die Band gewissermaßen selbst auf die Schippe – Humor scheint also kein Fremdwort für die Metallexporteure von der Insel zu sein. „Glory Days“ wurde ebenfalls mit einem Lyric Video versehen; auch hier wird lupenreiner Power Metal im Stil von HELLOWEEN oder SABATON vollzogen – aber eben keinen Deut schlechter als so manche etablierte Kapelle.

Jeden Song durchzukauen ist müßig, denn die Platte bewegt sich durchgehend auf hohem Niveau und wirkt musikalisch so geschlossen, dass kein Notizzettel zwischen die Songs passt. Weitere Anspieltipps sind jedenfalls „Atlas“ sowie die Ballade „Silhouette“, die beide mit symphonischen Elementen veredelt wurden. Auch „The Hours Of Wintertime“ ist schon alleine wegen der Gesangsperformance sehr zu empfehlen. Ähnliches gilt für „Scars and Shrapnel Wounds“, auch wenn der Song insgesamt leicht poppig rüberkommt. Na, wenn’s weiter nichts ist. Abgeschlossen wird das Werk mit dem neunminütigen Epos „Avalon“, das mit schönen Gesangslinien und dichtem Soundteppich zu gefallen weiß.

Mit Optimismus, Inspiration und Potenzial

Es mag paradox anmuten, wenn eine in mittelalterliche Gewänder gehüllte Band modernen Power Metal zelebriert, doch das ändert nullkommanix an dem eindrucksvollen musikalischen Niveau, das hier dargeboten wird. Auch wenn so mancher Refrain in seiner Eingängigkeit ein wenig poppig anmutet, bleibt doch sehr viel Positives in puncto Melodik, Harmonik und Kreativität hängen. Hinzu kommt eine handwerklich ausgereifte und talentierte Band, die insbesondere mit hervorragender Gitarrenarbeit überzeugt. Das macht schon Spaß, die blitzsauberen, HELLOWEEN-lastigen Gitarrenläufe und Highspeed-Soli auf sich wirken zu lassen. Auch das Organ von Sänger Matthew Corry verdient Respekt: Seine wiedererkennungsfähige und für das Genre charakteristische Stimme erzeugt Tonlagen, vor denen man den Hut ziehen muss.

Absolut prägnant ist der Optimismus und die positiven Vibes, die die Band transportiert. Man gerät fast in Versuchung, mitzuschunkeln im Angesicht derart aufdringlicher Angriffe auf das Wohlfühlzentrum. Wer also auf griesgrämigen Düster-Metal abfährt, sollte einen Bogen um „The Saberlight Chronicles“ machen. Die Songstrukturen sowie die musikalische Geschlossenheit der Scheibe sind geprägt von anspruchsvoller Eingängigkeit auf beachtlichem Niveau. Nicht zu beanstanden ist darüber hinaus die saubere Produktion, die das Werk zusätzlich aufwertet. Jedenfalls vergeht die Spielzeit von einer knappen Stunde wie im Flug.

Zwar erfinden FELLOWSHIP das Rad nicht neu, doch zu behaupten, hier würde nur Altbekanntes neu verpackt dargereicht werden, würde der Sache nicht gerecht. Besonders die positive Grundstimmung und die sympathischen Lyrics verfehlen ihre Wirkung nicht. Auch Füllmaterial oder gar Ausreißer nach unten sucht man vergebens. Nach alledem ist „The Saberlight Chronicles“ ein konstant starkes Debütalbum einer inspirierten und mit viel Potenzial gesegneten Band.

09.07.2022

Redakteur | Schwerpunkte: Classic Metal, Female Fronted Metal, Hard Rock

Exit mobile version