Fjoergyn - Monument Ende

Review

Vier Jahre Abstinenz haben sich FJOERGYN eingeräumt, eine Kreativpause, die die Thüringer wohl mehr als nur nötig gehabt haben. Hauptsächlich die schwachen Live-Auftritte mit zahlreichen Text-Patzern und diversen Spielfehlern sorgten seinerzeit dafür, danach das zuletzt erschienene und kompositorisch bestenfalls befriedigende „Jahreszeiten“, dass man mehr oder weniger völlig aus dem Fokus der deutschen Black Metal Szenerie verschwand. „Monument Ende“ soll nun – so Trollzorn Records – Ende Mai einen Rang festigen, den das Quartett eigentlich nie hunderprozentig zu bedienen wusste, nämlich den der avantgardistischen Ausnahmeerscheinung.

Dafür war eben jener durch „Jahreszeiten“ gefundene Abschluss einer mit „Ernte im Herbst“ begonnener und „Sade Et Masoch“ weitergeführter Trilogie nicht ausgefeilt genug, jegliche Langzeitwirkung blieb gar völlig aus. Ob dies darauf zurückzuführen ist, dass sich FJOERGYN zum ersten mal in ihrer eigenen Biografie daran versuchten, zu viert bei der Entstehung eines neuen Albums zu wirken? Möglich, aber die Vorraussetzungen für „Monument Ende“ liessen sich bei der Ankündigung jenes Opus kaum besser als äußerst bescheiden beschreiben.

Dann beginnt also die eigens intonierte Kurzgeschichte über die letzten Stunden der Menschheit. Während sich „Genesis 2.0“ als Intro zunächst bedächtig aufbaut, geben die langsam anschwellenden Chöre einen Vorgeschmack auf die Orchestrierung, welche FJOERGYN schon in einem Trailer zu „Monument Ende“ bereits akzentuiert haben. Ähnlich ruhig konstruiert sich der Opener „Betonlethargie“ dann, ehe sich dann die Gitarren von Streichern beglitten einschalten und Stephan L. zunächst auf flüsternd-drohe Gesangseinlagen setzt. Die zunächst unbedenkliche Stimmung wandelt sich nach und nach zu Ernsthaftigkeit und untermauert die Ambitionen des Vierers. Dass man diesem Konzept in Sachen Songaufbau bzw. Songwriting konsequenter nachgehen will, manifestiert daraufhin „Leiermann“, welches gerne auch Akustik-Gitarren auf ungewohnt pechschwarze Riffs folgen lässt, wozu sich Gastvocals einer Sängerin namens Katrin Lindner gesellen. FJOERGYN sind finsterer geworden, arrangieren ihr Material gewissermaßen vertrackter, loten damit aber die Grenzen ihrer zuvor nur halbherzig ausgenutzten Avantgarde-Ader deutlich stärker aus. Und so sehr Songtitel wie „Monolog des Antichristen“ oder „Antimensch“ einen lyrischen Tiefflug suggerieren liessen, so sehr wird man als Hörer infolgedessen „enttäuscht“. Nicht nur, dass die Orchestrierung hier zum ersten Mal auch etwas Bombast zulässt und für Abwechslungsreichtum sorgt, textlich bewegen sich FJOERGYN trotz diverser Klischeeklauberei auf einem ausgezeichneten Niveau.

Überdies lässt sich an „Monument Ende“ wenig negatives finden. Positiv ist, dass ich im Gegensatz zur Vergangenheit gar nicht erst dazu animiert werde, danach zu suchen, sondern über die volle Länge hinweg einwandfreie Kompositionen aufgefahren werden. Auffällig ist primär, dass die Instrumente harmonischer funktionieren, sich wie in „Thanatos“ zwischen einprägsamen Groove, schwarzmetallischer Raserei und zum Ende hin sogar mit üppiger Epik entscheiden, ohne nur ansatzweise erzwungene Umrisse und Eindrücke zuzulassen. „Kyrie Eleison“ stellt sich dann inklusive Gastbeitrag von Inkantator Koura (ALCHEMYST) als Intro vor den Titeltrack. Hierbei wäre es zu einfach, diesen so zu beschreiben, dass er quasi das Beste der vorangegangenen Songs eint – es wäre schlicht untertrieben. FJOERGYN malen die Kontraste aus Black Metal, rockig-psychedelischer Intermezzi und avantgardistischer Leichtigkeit hier noch energischer, entfalten mit Katrin Lindner abermals und Alexander Bartsch (NARZISS) das volle Potenzial des Albumkonzepts und bündeln somit die insgesamt zehn Songs zu einem großen Ganzen, welches auch nur als solches funktionieren will und mit „-“ zu einem melancholischen Ende geführt wird.

Das allerdings schadet „Monument Ende“ zu keiner Zeit, denn die Thüringer verstanden sich schon immer als nicht ganz einfach zu erfassende Musiker. Mit diesem Album haben sie es allerdings auch endgültig geschafft, diesem Anspruch gerecht zu werden, und beeindrucken mich zum ersten Mal seit ihrem Debüt auf eindrucksvolle Art und Weise. Ausgefeilter in den Songstrukturen und seriöser in der Darstellung klingt der vierte Streich von FJOERGYN und lässt keinerlei Zweifel offen, dass man damit zu den Besten einer kleinen Sparte gehört, die heutzutage nur schwer erreichbar scheint. Die Produktion könnte zwar hier und da einige Kanten mehr vertragen, trotz dessen aber lässt sich für dieses Werk nur ein Wort finden: Chapeau!

30.06.2013
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