God Seed - I Begin

Review

Nach den ganzen markigen Reden, die die beiden geschäftstüchtigen ex-GORGOROTHer King und Gaahl bezüglich GOD SEED in den letzten Jahren geschwungen haben, folgen jetzt endlich auch mal Taten: „I Begin“ ist das Banddebüt in voller und übrigens höchst illustrer Besetzung: Lust Kilman (u.a. THE BATTALION) und Sir (DJERV, ex-TRELLDOM) an den Gitarren, MOTORPSYCHO-Drummer Kenneth Kapstad und DIMMU-Livetastenmann GEIR BRATLAND. Das sind einige Dutzend Jahre vielfältiger metallischer Banderfahrung auf einem Haufen.

Das hört man auch. GOD SEEDs Einstand ist mitnichten so ohne weiteres als Weiterführung des GORGOROTH-Erbes der King/Gaahl-Zeit zu sehen, auch wenn sowohl der dreschende Opener „Awake“ als auch das folgende „This From The Past“ anständig losholzen und die Erwartungen der GORGOROTH-Fans mit gelungenen Trademark-Riffs versöhnen. Ganz geschickt mogelt die Truppe aber schon hier Hammonds unter das Gehämmere und macht ganz deutlich, dass an der Black Metal-Grenze für GOD SEED lange nicht Schluss ist. Die folgenden Tracks, übrigens alle im Schnitt gut verdauliche vier oder fünf Minuten lang, bringen alles, was King und Gaahl in den letzten Jahren musikalisch getrieben haben, elegant unter einen Hut: psychedelische 70er-Anklänge in „Alt Liv“, Bilder von verschneiten Weiten in dem unheimlich norwegischen „From The Running“, fast doomig-sphärischen Horror mit „Hinstu Dagar“ oder „Lit“, beinahe monoton-industriellen Black Metal der kältesten Sorte („Aldrande Tre“) und sogar elektronischen Ambient mit dem düsteren Rausschmeißer „Bloodline“. Mit fortschreitender Spielzeit werden GOD SEED immer mutiger, schaffen es aber dennoch, nicht völlig aus dem stilistischen Rahmen zu fallen, auch wenn sie ihn bis in die hinterste Ecke ausreizen. Damit schaffen sie es aber immerhin, den Hörer bei der Stange zu halten – einfach, weil „I Begin“ in seiner Gesamtheit ein stimmiges, verdammt gutes – wenn auch sicherlich kein so überaus revolutionäres – Album ist.

Neben der zu erwartenden fantastischen Instrumentalarbeit und den schlicht überzeugenden Songs besticht „I Begin“ vor allem durch die enorme stimmliche Vielfalt Gaahls, die in dieser Form zwar zu erahnen war, sich aber nie innerhalb einer einzigen Band ausdrücken konnte. Auch die sehr erdige, im Feeling deutlich analoge Produktion sorgt trotz eines enormen Schubes dafür, dass die Massen von Detailarbeit, die in den perfekt arrangierten Songs stecken, auch zur Geltung kommen. GOD SEED haben den Mund also nicht zu Unrecht so voll genommen. Mal schauen, ob sie diese Qualität dauerhaft halten und sich trotz ihrer holprigen Vorgeschichte etablieren können.

19.10.2012
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